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250 Anzeigen wegen Beleidigung

Ist der Rosenheimer AfD-Politiker Winhart gut im Austeilen, aber schlecht im Einstecken?

Gut Austeilen, schlecht im Einstecken? Andreas Winhart zeigte unter anderem Comedian Enissa Amani an.
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AfD-Politiker Andreas Winhart hat unter anderem die Comedian Enissa Amani angezeigt.

Der Rosenheimer AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Winhart hat 250 Mal Anzeige erstattet. Wegen Beleidigung. Seinerseits werfen ihm Gegner Hetze und rassistische Äußerungen vor.

Bad Aibling – Der AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Winhart ist umstritten. Und er ist nicht gerade justizscheu. Mal zeigt er die Stadt Rosenheim wegen des coronabedingten Abbruchs des Starkbierfestes 2020 an, dann wieder meldet er sich auch wegen Aktionen der Antifa und wegen Farbbeutelangriffen gegen das Bürgerbüro in Rosenheim bei der Polizei.

Noch viel aktiver ist der AfD-Parlamentarier nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd aber wegen Beleidigung: Rund 250 Anzeigen habe er deswegen erstattet. Ist Andreas Winhart eine Mimose, die gern austeilt, aber nicht gut einstecken kann?

Wenn Andreas Winhart spricht, liegt nicht selten ein Skandal in der Luft. „Wenn mich in der Nachbarschaft ein Neger anhustet, dann muss ich wissen, ist der krank oder nicht krank.“ Das sagte der AfD-Landtagsabgeordnete zum Beispiel am 30. September 2018, in derselben Rede äußerte er sich abfällig über Pfleger aus Albanien und Kosovo und sprach von Krankheiten, die Afrikaner angeblich in Deutschland verbreiten.

Mit seiner Rede machte sich Winhart zum Angriffsziel

Diese längst berüchtigte Rede war der Auslöser für einen Streit, in dem Winhart schließlich ganze Anzeigen-Breitseiten abfeuerte. Denn sein Auftritt zog heftige Reaktionen nach sich. Andreas Winhart sah sich als Zielscheibe von Beleidigungen und von Drohungen, wie er sagt. Er antwortete drastisch – indem er in vielen Fällen Anzeige erstattete.

„Der Großteil der Anzeigen geht hauptsächlich auf einen Shitstorm zurück“, sagt der AfD-Politiker auf Anfragen der OVB-Heimatzeitungen. Comedian Enissa Amani hatte ihn als „Bastard“ und „Idiot“ bezeichnet und war deswegen von Winhart angezeigt worden. Winhart fühlt sich weiterhin im Recht und drängt auf Strafverfolgung. Laut dem AfD-Politiker auch wegen eines Schmählieds, das Amani geschrieben hat. „Dass Frau Amani auf meinem Rücken auch noch Geld verdient, ist für mich nicht tragbar.“ Der Konflikt zwischen Amani und Winhart wurde in den sozialen Netzwerken diskutiert und mitunter rüde kommentiert. „Ich erhielt auch Morddrohungen“, sagt Winhart. „Das war nicht mehr lustig.“

Im Internet werden Beleidigungen abgefeuert: Grober Klotz auf groben Keil

Tatsächlich geht offenbar nicht nur Winhart, sondern auch mancher seiner Gegner an und über die Grenzen. BuzzFeed News Deutschland berichtet von Jonas B., der vom Amtsgericht Düsseldorf zur einer Geldstrafe von 2000 Euro verdonnert wurde. Er hatte den Abgeordneten grob beleidigt und seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, jemand möge Winhart „erwischen“, auf dass der AfD-Politiker seine Zähne verliere. Über seine Verurteilung berichtete Jonas B. auf Tiktok.

Dennoch: Winharts Anzeigen-Bilanz steht in der bayerischen Politik offenbar ziemlich einzigartig da. Die meisten Politiker haben offenbar ein dickes Fell, Anzeigen sind selten. Sogar Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der selbst oft stark polarisiert, hält sich zurück. Von BuzzFeed wird er mit der Angabe zitiert, er habe noch keine Anzeige eingereicht. FDP-Fraktionschef Martin Hagen, der als Direktkandidat des Stimmkreises Rosenheim-Ost in den Landtag gelangte, berichtete dem OVB von einer Anzeige. Die habe er erstattet, als er nach einem Vortrag über Israel „übel antisemitisch“ angegriffen worden sei. Rosenheims Linken-Bundestagsabgeordneter Ates Gürpinar hat nach eigener Aussage eine Anzeige wegen einer Morddrohung erstattet. Als Parteifunktionär in München und Bayern habe er zwei, drei Anzeigen unter anderem wegen Beschmierens von Plakaten mit rechtsradikaler Symbolik erstattet.

Klaus Stöttner, für die CSU 20 Jahre lang im Landtag, hat nach eigener Auskunft „keine einzige Anzeige“ erstattet. Er hat aber eine Idee, warum es ein AfD-Abgeordneter tue: Die AfD provoziere einerseits gerne, andererseits setze sie möglicherweise auch auf die Öffentlichkeitswirksamkeit einer Anzeige.

Aggressiv und laut: Die AfD teilt auch im Landtag aus

Ist Winhart ein grober Klotz, auf den mancher einen groben Keil setzen zu müssen meint? Seine Partei wird von vielen Beobachtern auch für das verschärfte Klima im Landtag verantwortlich gemacht. „Der Ton ist rauher geworden“, sagt Landtagspräsidentin Ilse Aigner über die vergangene Legislaturperiode. Manche Wortbeiträge seien „unterirdisch“ gewesen. Allein in den vergangenen fünf Jahren sprach sie 26 Rügen aus (Stand 24. August) – den Großteil davon gegen Abgeordnete der AfD.

„So viele hat es in der Geschichte des Landtags noch nicht gegeben“, sagt Klaus Stöttner. Überhaupt seien Rügen zuvor außerordentlich selten gewesen – laut Parlamentsakten scheint es vor der AfD 25 Jahre lang zu überhaupt keiner formalen Rüge gekommen zu sein. Aggressivität in Ton und Auftreten sei sozusagen Stil der AfD, meint Stöttner. Mit einem grotesken Gasmasken-Auftritt sorgte zum Beispiel der Abgeordnete Stefan Löw für Empörung im Parlament.

Winhart sprach auch schon von „Söder-Stasi“

Andreas Winhart taucht gleich zweimal in der Rügen-Liste des Maximilianeums auf. Einmal in einer ganzen Gruppe von AfD-Abgeordneten, die im Maximilianeum gegen die Corona-Maßnahmen protestierten. Beim zweiten Mal fing er sich mit einer Beleidigung einen Tadel ein. Winhart hatte von der „Söder-Stasi“ gesprochen. DDR-Vergleiche sind in der AfD beliebt.

Derlei könnte in der neuen Legislaturperiode des Landtags, die im Oktober beginnt, teuer werden. Aigner will nach der Wahl am 8. Oktober ein Ordnungsgeld für Abgeordnete prüfen. Denn manche Abgeordnete verwendeten die Rüge als Trophäe, um sie „in ihrer eigenen Blase herumzuzeigen und zu behaupten, es gäbe keine Meinungsfreiheit im bayerischen Landtag und man solle mundtot gemacht werden“.

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