Trotz Erfolgs in Region Rosenheim
„Unsere Züge sind voll wie nie“: Steht das 49-Euro-Ticket trotzdem wieder auf der Kippe?
Steht das 49-Euro-Ticket auf der Kippe, ein Jahr nach seiner Einführung? Die Kreisräte fällten am Dienstag (30. April) eine Entscheidung. Und doch hängt nun alles von Berlin ab: Woran das Spar-Abo für den Öffentlichen Nahverkehr noch scheitern könnte.
Rosenheim – Es ist der Erfolg, der Hoffnung auf ein Gelingen der „Verkehrswende“ macht: Das 49-Euro-Ticket lockt viele Menschen vom Auto zur Eisenbahn. Und das nachhaltig. Rund 20 Millionen Menschen haben bundesweit mindestens einmal ein 49-Euro-Ticket besessen.
Nach Auskunft des Landratsamtes lässt sich für Stadt und Landkreis Rosenheim noch nicht sagen, wie viele Menschen hier die Bahn-Flatrate für Regionalzüge abonniert haben. Doch lassen sich die Ergebnisse gut umrechnen – in der Region Rosenheim wären es demnach bis zu 80.000 Menschen, die sich im vergangenen Jahr ein Deutschland-Ticket zulegten.
Über die Hälfte der Kunden hat das Ticket seit der Einführung 2023 ununterbrochen abonniert, ein Großteil hat vor, dauerhaft im 49-Euro-Abo zu bleiben. „Unsere Züge sind voll wie nie“, sagt Annette Luckner, Sprecherin der Bayerischen Regio-Bahn. Die Nachfrage liege, abhängig von den Strecken, 30 bis 50 Prozent über der Vor-Corona-Zeit.
Ein Erfolg, wie gesagt. Doch auch auf Dauer? Das 49-Euro-Ticket könnte demnächst auf der Kippe stehen. Der Landkreis, immerhin, hat seine Entscheidung pro Bahn getroffen: Einfach und günstig sei das Ticket, es sei „ein Baustein für einen attraktiven ÖPNV“, trug Landrat Otto Lederer jüngst im Kreisausschuss vor. Fürs erste verlängert der Landkreis also.
Kommunen könnten Miese machen
Das Problem: Die Kommunen sind eigentlich gar nicht für die Bezahlung zuständig. Hinter den Kulissen streiten Bund und Länder weiter über die Finanzierung des Angebots. Daher treten die Kommunen quasi in Vorleistung.
Damit besteht nach derzeitiger Rechtslage für die Kommunen auch das Risiko eines Defizits. „Es kann nur auf Sicht gefahren werden“, sagte Lederer. Daher stimmte der Ausschuss für eine Verlängerung des günstigen Tickets höchstens bis zum Ende des Jahres 2024. Sollte das Defizit entsprechend groß ausfallen, könnte das Angebot sogar noch früher beendet werden.
Münchner Verkehrsverbund achtet für Rosenheim auf Finanzen
Die Defizit-Alarmglocke für Stadt und Landkreis Rosenheim soll der Münchner Verkehrsverbund (MVV) läuten. Seit Ende vergangenen Jahres hat sich der MVV auf die Region ausgedehnt und damit auch den Wachdienst in Sachen Finanzen übernommen.
Entsprechend interessiert beobachtet MVV-Geschäftsführer Dr. Bernd Rosenbusch die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern. Das Deutschlandticket sei ein „tolles Angebot“, Bahnfahren sei damit deutlich günstiger und einfacher geworden. Da der Bund nach wie vor die Finanzierung für den Betrieb 2024 nicht gewährleiste, sei die Situation für die Branche aber ziemlich schwierig.
MVV fehlen 300 Millionen Euro in der Kasse
Der MVV geht von Mindereinnahmen in Höhe von 300 Millionen im MVV-Raum aus. Rund drei Millionen Menschen wohnen in diesem Bereich, mehr als ein Zehntel davon in der Region Rosenheim. Auch Rosenbusch sagt daher: „Wenn sich Bund und Länder nicht einigen, wird es das Ticket im MVV-Raum nicht mehr geben.“ Die Kommunen steckten auf gar keinen Fall Geld in das Ticket. Aber Rosenbusch macht auch Hoffnung: Er gehe davon aus, dass sich Bund und Länder auf eine „Verstetigung“ einigen.
Geschenke an die Kunden, ohne anderswo zu sparen?
Allerdings dürfte das Geld für das Ticket keinesfalls an anderer Stelle eingespart werden. „Es braucht ein Bus- und Bahnangebot, damit man das Ticket überhaupt nutzen kann“, sagte Rosenbusch. Es müsse daher zusätzliches Geld aufgebracht werden – notfalls durch Preiserhöhungen. Mehr Geld mahnt auch die Bayerische Regio-Bahn an: Der Erfolg des Tickets spiegele sich nicht in den notwendigen Ausgleichszahlungen seitens der Politik wieder. Man verzeichne Mindereinnahmen, „deren Ausgleich bislang nicht gesichert ist“.
Auflösung der RoVg so gut wie sicher
Sparen will offenbar auch die Region. Auf seiner Sitzung am Dienstag, 30. April, stellte der Kreistag die Weichen für eine Auflösung der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft. 1995 gegründet, war ihr Ziel eine Verbesserung und Abstimmung des ÖPNV in Stadt und Landkreis Rosenheim. Durch den Beitrag in den MVV seien diese Ziele „größtenteils erfüllt“, hatte Landrat Lederer dem OVB bereits nach dem Kreisausschuss gesagt (23. April).
Es sei durchaus möglich, Planungsleistungen an den MVV abzugeben und überdies Personal in der Landkreisverwaltung aufzubauen, das mit dem MVV Kontakt halte – „so wie es die meisten anderen Landkreise bereits haben“, sagte Lederer. Es sei dennoch nicht beabsichtigt, „Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir eng zusammenarbeiten, ins Nichts zu entlassen“, fügte Lederer hinzu. Man versuche daher, entsprechende Jobs zu schaffen.