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Junge Frau (17) verlor ihr Leben

Schreie von der Rückbank ignoriert: Prozess nach Todesfahrt in Fürstätt – Tragische Unfall-Details

Bei dem schlimmen Unfall in der Kirchbachstraße in Fürstätt im Oktober 2023 verlor eine 17-Jährige ihr Leben - der Fahrer musste sich nun vor Gericht verantworten.
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Bei dem schlimmen Unfall in der Kirchbachstraße in Fürstätt im Oktober 2023 verlor eine 17-Jährige ihr Leben - der Fahrer musste sich nun vor Gericht verantworten.

Bewegender Prozess in Rosenheim: Nach dem schlimmen Verkehrsunfall in Fürstätt im Oktober 2023, bei dem ein Mädchen (17) starb, musste sich der Fahrer (21) vor Gericht stellen. Dabei kamen tragische Details ans Licht. Was sich während der Fahrt abspielte und welche Strafe der Mann bekommt.

Rosenheim – Es war eine Nachricht, die in Rosenheim und weit darüber hinaus für Entsetzen gesorgt hat. Am 20. Oktober 2023 kam bei einem Verkehrsunfall im Rosenheimer Stadtteil Fürstätt eine 17-jährige Schülerin ums Leben. Zwei weitere Fahrzeuginsassen wurden schwer verletzt. Nun musste sich der 21-jährige Fahrer des Autos vor dem Rosenheimer Jugendschöffengericht wegen verbotenem Fahrzeugrennen mit Todesfolge, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässiger Tötung und vorsätzlicher Körperverletzung verantworten.

Schwerer Tatvorwurf nach tödlichem Unfall in Fürstätt

Der Tatvorwurf wog schwer. Grob fahrlässig und rücksichtslos soll der junge Rosenheimer in einer Tempo-30-Zone das Leben und die Gesundheit von drei jungen Menschen aufs Spiel gesetzt haben, um die mögliche Höchstgeschwindigkeit seines Fahrzeugs zu erreichen. Eine junge Frau verlor dabei ihr Leben. Die beiden weiteren Mitfahrer wurden schwerst verletzt und sind bis heute von den Unfallfolgen gezeichnet. Eine vollständige Genesung scheint bei beiden ungewiss. Der Unfallfahrer hatte sich bei der Raserei mittelschwere Verletzungen zugezogen.

Die genauen Umstände des Unfalltags und warum ausgerechnet eine Straße in einem Wohngebiet mit diversen Verkehrsinseln ausgewählt wurde, wo es doch ganz in der Nähe mit der Autobahn eine viel geeignetere Strecke zum Austesten der Höchstgeschwindigkeit gegeben hätte, waren vor dem Schöffengericht nicht zu klären.

Beifahrer schildert die dramatischen Minunten

Auch Nachfragen des Gerichts, welche Rolle Drogen in dem Freundeskreis spielten und ob Mitglieder der Clique häufiger in der Tempo-30-Zone zu schnell unterwegs waren, wurden weder vom Angeklagten noch von den Zeugen beantwortet. Dabei lag vor allem Letzteres nahe, denn in einer Sprachnachricht an den Bruder der verstorbenen jungen Frau hatte der 18-jährige Beifahrer, der im Prozess als Nebenkläger auftrat, das dramatische Unfallgeschehen geschildert.

Demnach habe der Angeklagte beim Einbiegen in die Kirchbachstraße gesagt: „Das ist die Strecke, wo D. immer so schnell gefahren ist“. Dann habe er Vollgas gegeben. Im Auto hätten alle geschrien, er solle „chillen“ und langsamer fahren, doch das habe nichts genützt. Im weiteren Verlauf hat der 18-Jährige noch erwähnt, dass er nach dem Unfall noch schnell ein Baggy (Drogen) aus dem Auto genommen und weggeworfen habe. Laut der Polizeibeamten wurden im Wagen und an der Unfallstelle tatsächlich Betäubungsmittel aufgefunden.

Mit fast 140 km/h gegen Baum geprallt

In seiner Aussage vor dem Gericht konnte sich der 18-Jährige nur noch an den Unfallhergang erinnern. Ebenso wie der zweite 21-jährige Mitfahrer, der hinten rechts saß. Beide schilderten übereinstimmend die dramatischen Szenen im Fahrzeug, ehe der Angeklagte mit 138 km/h in der Kirchbachstraße auf Höhe der Einmündung Oberschlesienstraße die Kontrolle über den geliehenen BMW i3 verlor. Der Wagen schoss in Folge über den rechten Fahrbahnrand hinaus, prallte frontal gegen einen Baum und blieb vollkommen zerstört in einem Bachbett liegen. Die 17-jährige Schülerin auf dem linken Rücksitz erlitt dabei tödliche Verletzungen. Sie verstarb kurz nach dem Unfall im Krankenhaus.

Die Entschuldigung des Angeklagten nahmen die beiden Geschädigten im Gerichtssaal zur Kenntnis, vergeben konnten ihm beide nicht. Der Angeklagte räumte den Sachverhalt ein und bedauerte sein Verhalten. Angaben zu Drogen und einem möglichen Kraftfahrzeugrennen blieb er jedoch schuldig.

1,1 Sekunden machten wohl den Unterschied

Er bestritt auch, am Unfalltag Betäubungsmittel genommen zu haben. Eine Blutprobe hatte dagegen den Konsum von Schmerzmitteln, Cannabis und Kokain nachgewiesen. Laut eines unfallanalytischen Gutachtens hat der Angeklagte deutlich zu spät gebremst. Demnach wäre der Unfall vermeidbar gewesen, hätte er 1,1 Sekunden früher reagiert.

Die Auswertung des Steuergeräts des Fahrzeugs hat dem Gutachter zufolge ergeben, dass das Fahrzeug auf einer Strecke von 300 Metern von 30 auf 139 km/h beschleunigt habe. Dabei sei der Fahrzeuglenker nahezu geradeaus gefahren. Erst kurz vor dem Aufprall mit einer Geschwindigkeit von 94 km/h habe es wilde Lenkbewegungen gegeben. Problematisch waren laut Gutachter auch die im Heck serienmäßig verbauten Sicherheitsgurte ohne Gurtkraftbegrenzung und Gurtstraffer. Es sei nicht auszuschließen, dass es dadurch beim Aufprall zu noch schwereren Verletzungen gekommen ist.

Rücksichtslos über Schreie hinweggesetz

Die Jugendgerichtshilfe regte eine nach Abschluss der Beweisaufnahme eine Ahndung nach Jugendstrafrecht an, weil der Angeklagte zum Tatzeitpunkt noch Heranwachsender war und aufgrund der familiären Situation Reifeverzögerungen nicht auszuschließen seien. Staatsanwalt Dirk Dombrowski stellte fest, dass der Angeklagte mit seinem Verhalten bewusst eine Gefahr geschaffen habe, um sich etwas zu beweisen und seinen Mitfahrern zu imponieren. Er habe die Gefahr erkannt, aber ignoriert und sich rücksichtslos über die Schreie der drei Menschen in seinem Auto hinweggesetzt.

„Das ist beispiellos, so einen Fall habe ich noch nicht gehabt“, betonte der Staatsanwalt. Er forderte eine Jugendstrafe von drei Jahren. Beim Geständnis habe der Angeklagte nicht alles auf den Tisch gepackt und es blieben viele Fragen. Zudem gebe es bei ihm Vorahndungen wegen Verkehrsdelikten und Drogen. Beim Unfall habe der Angeklagte ebenfalls unter dem Einfluss von Drogen gestanden, die Aufarbeitung der Schuld habe noch nicht stattgefunden, argumentierte der Anklagevertreter und beantragte, dass vor Ablauf von weiteren drei Jahren keine neue Fahrerlaubnis ausgestellt werden dürfe. Der Vertreter der Nebenklage Dr. Rummel schloss sich der Bewertung des Staatsanwalts an.

Verteidiger will Fall nicht schönreden

„Wir können den Fall nicht schönreden“, sagte Verteidiger Reinhard Kotz. Er glaube seinem Mandanten, dass er die Schreie der Fahrzeuginsassen nicht gehört habe, weil er auf die Fahrt konzentriert gewesen sei. Er habe eingeräumt, dass er sich völlig überschätzt habe. Eine Sekunde zu spät, habe er versucht, das zu korrigieren. Mit den Folgen und dem Tod der jungen Frau müsse er nun klarkommen. Zudem stünden seinem Mandanten zivilrechtliche Forderungen im sechsstelligen Bereich bevor, sagte der Verteidiger und plädierte für eine Jugendstrafe von zwei Jahren zur Bewährung.

Das Gericht hielt sich mit einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten weitgehend an den Antrag des Staatsanwalts. Auch im Urteil wurde dem Geständnis des Angeklagten keinen allzu großen Wert zugemessen, „denn es gab nichts zu bestreiten“. Darüber hinaus habe es keine Antwort darauf gegeben, warum es zu der Fahrt unter Drogeneinfluss gekommen ist. Das Gericht glaube nicht an eine spontane Tat, nur so sei es erklärbar, dass sich der Angeklagte über die Angst seiner Freunde hinweggesetzt habe.

Gericht sieht keine Schuldeinsicht beim Fahrer

Vielmehr habe es einen gefestigten Tatentschluss gegeben, die Geschwindigkeit auszureizen, betonte Richter Marco Bühl in seiner Urteilsbegründung. Strafschärfend komme die Auswahl der Strecke in einem Wohngebiet hinzu. Zudem sei keine Reue und Schuldeinsicht erkennbar.

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