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Interview mit Horst Henke

Nach dem tödlichen Unfall in Fürstätt: Wie man Eltern sagt, dass ihr Kind gestorben ist

Die Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams kümmern sich um die Angehörigen. Wie beispielsweise nach dem tödlichen Unfall in Fürstätt. Auf dem Bild zu sehen ist Horst Henke, Fachdienstleiter beim BRK-Kriseninterventionsteam.
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Die Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams kümmern sich um die Angehörigen. Wie beispielsweise nach dem tödlichen Unfall in Fürstätt. Auf dem Bild zu sehen ist Horst Henke, Fachdienstleiter beim BRK-Kriseninterventionsteam.

Die Bestürzung in Rosenheim ist groß: Bei dem Verkehrsunfall auf der Kirchbachstraße in Fürstätt kam ein 17-jähriges Mädchen ums Leben. Die drei Mitinsassen wurden schwer verletzt. Wer in solchen Fällen für die Hinterbliebenen da ist – und wie sie selbst mit dem Kummer umgehen.

Rosenheim – Sie kommen zum Einsatz, wenn Leid und Trauer nicht in Worte zu fassen sind: Die Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams (KIT). Jetzt spricht Horst Henke, Fachdienstleiter beim BRK-Kriseninterventionsteam, darüber wie wichtig es ist, in solchen Fällen für die Angehörigen da zu sein.

Bei dem tragischen Unfall in Fürstätt ist eine 17-jährige Frau ums Leben gekommen. Wer überbringt die Nachricht den Eltern?

Horst Henke: Wenn so etwas passiert, ermittelt die Polizei die Angehörigen. Bei der Überbringung der Todesnachricht werden die Kollegen der Krisenintervention oder der Notfallseelsorge hinzugezogen. Das Problem ist, wenn es auf einmal schnell gehen muss.

Was meinen Sie?

Henke: Zum einen gibt es die Situation dann, wenn die Medien darüber berichten und es beispielsweise Bilder vom Fahrzeug oder Unfallort gibt. Zum anderen, weil beispielsweise jemand bei dem Unfall dabei war, der nicht verletzt ist, und die Angehörigen benachrichtigt. Ohne darüber nachzudenken, was die Nachricht bei den Angehörigen auslöst. In beiden Fällen hat es die Polizei eilig. Sie informiert uns, weil wir aber in der Regel einen gewissen Anfahrtsweg haben, passiert es hin und wieder, dass die Polizei nicht auf uns warten kann.

Was gravierende Folgen haben könnte.

Henke: Wenn die Verunfallten dann beispielsweise schwerverletzt ins Krankenhaus gefahren werden, setzen sich die Angehörigen ins Auto und fahren hinterher. Was manchmal fatal ist, weil die Angehörigen sich in einem aufgewühlten Zustand befinden. Oft können sie sich nicht auf den Verkehr konzentrieren, riskieren, dass es aufgrund von Unkonzentriertheit möglicherweise zu einem Unfall kommt. Und auch im Krankenhaus sind sie dann kurzfristig auf sich alleine gestellt.

Gibt es für diese Fälle nicht die Klinikseelsorge?

Henke: Wenn alles gut geht, wird die Klinikseelsorge vom Pflegepersonal benachrichtigt. Manchmal ist es aber eben nicht so. Die Angehörigen gehen im Krankenhaus-Tumult unter, sitzen alleine in der Notaufnahme und malen sich die schlimmsten Szenarien aus. Das ist nicht befriedigend.

Wie können Sie und Ihre Kollegen in diesen Fällen helfen?

Henke: Wenn wir kommen, können wir ihnen erklären, was passiert ist und warum es vielleicht überhaupt nicht sinnvoll ist, gleich ins Krankenhaus zu fahren. Wir können die Abläufe erklären, die Belastungen runterfahren und den Angehörigen dabei helfen, zu verstehen, was sich zugetragen hat. Wir fangen sie auf, indem wir sie begleiten und die Emotionen zulassen. Wir wiederholen die Informationen immer wieder, denn oft verstehen Angehörige durch den Schock nicht, was wirklich passiert ist.

Die Reaktionen bei solchen Nachrichten sind sicherlich ganz unterschiedlich, oder?

Henke: Die Reaktionen gehen vom Nicht-wahrhaben-wollen – beispielsweise beim Überbringen der Todesnachricht – bis hin zu Schrei- und Weinanfällen. Einige gehen auch direkt in eine Schockstarre über. Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Da kommt es auch manchmal auf die religiösen und kulturellen Hintergründe an.

Tödlicher Unfall in Fürstatt am Freitagabend (20. Oktober)

Wie lange betreuen Sie die Angehörigen?

Henke: Das ist ganz unterschiedlich. Ein normaler Einsatz dauert im Durchschnitt zwischen anderthalb und zweieinhalb Stunden. Es kann natürlich sein, dass uns die Angehörigen nach einer halben Stunde wegschicken. Oder wir merken nach einer Stunde, dass die Angehörigen eine große Familie haben, von der sie aufgefangen werden. Auch dann können wir sie guten Gewissens alleine lassen. Aber es kann auch sein, dass wir warten müssen, bis die Untersuchung oder eine eventuelle Notoperation vorbei sind oder die Mitarbeiter des Krankenhauses nähere Informationen haben.

Kommen Sie am nächsten Tag wieder?

Henke: Die Krisenintervention ist in der Regel eine einmalige Begleitung. Das dient auch als Schutzfunktion für uns. Wir sind die Akuthelfer in den ersten 24 bis 48 Stunden. Danach gibt es die weiterführenden Hilfen. Im Krankenhaus wären das beispielsweise die Krankenhaus-Seelsorge oder die psychologischen Dienste. Da gibt es andere Ansprechpartner. Es gibt nur einige wenige Fälle, bei denen es einen zweiten Kontakt gibt. Beispielsweise dann, wenn eine Verabschiedung im ersten Moment nicht möglich ist. Also wenn der Leichnam beschlagnahmt wurde oder sich der Unfall nicht in der Nähe ereignet hat.

Was raten Sie Angehörigen, in diesen absoluten Ausnahmesituationen?

Henke: Erst einmal Luft holen. Wenn Sie eine solche Nachricht erhalten, bringt es nichts, sofort loszufahren. Es ist wichtig, Luft zu holen, in sich selbst reinzuschauen und herauszufinden, wie man selbst beieinander ist. Wenn ich nicht klar denken kann, ist es zu gefährlich, sich hinters Steuer zu setzen.

Tödlicher Unfall in Fürstatt am Freitagabend (20. Oktober)

Wer kümmert sich eigentlich um Sie und Ihre Kollegen?

Henke: Bei uns gibt es eine Supervision, wenn wir belastet aus dem Einsatz herausgehen. Das kann immer mal wieder vorkommen, auch weil wir nicht jeden Tag gleich gut beieinander sind. Wir können auch mal schlechte Tage haben, an denen uns Einsätze besonders schwer treffen. In meinem Team habe ich seit elf Jahren keine Supervision nach einem Ereignis gebraucht. Gottseidank.

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