Studie „Gesunde Schule“ - Reise bis nach Brüssel
Gesundheit der Grundschüler in Gefahr: Warum eine Rosenheimer Studie Thema in Europa wird
Die Gesundheit der Grundschüler aus der Region Rosenheim wird zur „Chefsache“: Die ersten Ergebnisse der Studie „Gesunde Schule“ der TU München und einer Rosenheimer Osteopathin wurden in Brüssel der EU vorgestellt. Dadurch sollen gleich mehrere Probleme gelöst werden.
Rosenheim – Simone Lüders hat noch einiges vor. Das wird während des Gesprächs mit der Rosenheimer Osteopathin deutlich. Erst Ende des vergangenen Jahres hat sie gemeinsam mit dem Lehrstuhl für „Biomechanik im Sport“ der Technischen Universität München von Professor Dr. Ansgar Schwirtz die Studie „Gesunde Schule“ gestartet. Dabei wird die Körperhaltung beim Schreiben, Sitzen und Stehen sowie die Schreibmotorik von Grundschülern in der Region untersucht und anschließend verbessert. Obwohl nun die ersten vielversprechenden Ergebnisse vorliegen, gibt es schon neue Pläne. Und die reichen bis nach Europa.
Fehlhaltungen der Grundschüler nachgewiesen
Auf Einladung von Professor Dr. Angelika Niebler, Mitglied des Europaparlaments und stellvertretende Parteivorsitzende der CSU, reisten Lüders und Schwirtz nach Brüssel, um die Rosenheimer Studie auf europäischer Ebene vorzustellen. „Das ist ein großer Schritt“, sagt Lüders. Es gebe nur wenige Projekte, die es so weit schaffen. Allerdings sei es wichtig, auch dort über die gefährdete Gesundheit von Kindern zu sprechen, da das Problem nicht nur Deutschland betreffe. „Die Fehlhaltungen der Kinder werden uns in Zukunft noch mehr beschäftigen“, berichtet die Osteopathin. Die Kinder sähen zwar gesund aus, ihre Körper und Motorik seien es aber nicht.
Das hätten die Zwischenergebnisse der Studie bestätigt. „Rund ein Drittel der 158 untersuchten Grundschüler hält zu Beginn der ersten Klasse den Stift falsch“, sagt Schwirtz. Und das könne weitreichende Folgen haben: Dauerhafte Probleme an der Wirbelsäule und negative Auwirkungen auf die schulische Leistungen. „Schreiben ist der Zugang zur Bildung, deshalb ist es wichtig, dass Grundschüler das ermüdungsfrei können.“
Studie auch in anderen europäischen Ländern denkbar
Jedoch habe sich auch gezeigt, dass Kinder, die durch durch das Team geschult wurden, eine bessere Schreibmotorik und gesündere Sitzhaltung aufweisen. „Daher sind wir auf dem richtigen Weg“, sagt Schwirtz. Das Gute sei, dass „wir nicht nur zeigen, wie schlecht alles ist, sondern gleich eine Lösung mitliefern können“. Entscheidend sei nun, sich „zu vernetzen und gemeinsam mit europäischen Partnern daran zu forschen und weiterzuarbeiten.“ Langfristig sei eine solche Studie Schwirtz zufolge auch in mehreren Ländern der EU denkbar.
„Kurzfristig wollen wir unsere Forschung zusätzlich in den Kindergarten verlegen“, sagt Lüders. Das habe den Effekt, dass die Kinder mit einer gesünderen Haltung bereits in die Schule starten könnten. Dazu brauche es zunächst aber eine Machbarkeitsstudie. Dabei gebe es nur ein Problem: die Finanzierung. „Im Kinder- und Jugendbereich zu forschen ist derzeit eher schwierig, da die Gelder dort nicht so leicht fließen“, sagt Ansgar Schwirtz.
100.000 Euro pro Forschungsjahr
Das liege an der Drittmittelfinanzierung der Forschung in Bayern. Dabei dürften zehn bis 20 Prozent der Summe, die man für die Forschung beantragen möchte, nicht vom Staat kommen. Mit anderen Worten: Entweder man bringt das Geld selbst auf oder ist auf Spenden angewiesen. „Und das ist bei rund 100.000 Euro pro Forschungsjahr nicht einfach“, sagt Lüders.
Ohne die Unterstützung einer Stiftung hätte die Studie „Gesunde Schule“ in Rosenheim überhaupt nicht beginnen können. „Wir hatten Glück, viele andere haben das nicht“, sagt Lüders. Zum Wohle der Kinder sollte überlegt werden, dieses Modell „anders zu gestalten“. Denn solange es das Problem bei der Finanzierung gebe, blieben die Innovationen in der Kinder- und Jugendforschung aus, sagt Lüders. Dazu seien Schwirtz und Lüders bereits im Austausch mit den bayerischen Ministerien für Soziales, Kultus und Gesundheit.
Auf offene Ohren gestoßen
Bei der EU seien die beiden schon mal auf „offene Ohren gestoßen“. Das habe die Einladung nach Brüssel gezeigt. „Dadurch sehen wir, dass wir mit dem, was wir machen, etwas bewegen können.“
