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Bis zu 60 Ausfälle täglich

Bus-Krise in Rosenheim: Müssen Schüler jetzt zu Fuß gehen?

Der ÖPNV in Rosenheim steckt in der Krise. Jetzt haben die Grünen um Fraktionsvorsitzende Sonja Gintenreiter Oberbürgermeister Andreas März zum Handeln aufgefordert.
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Der ÖPNV in Rosenheim steckt in der Krise. Jetzt haben die Grünen um Fraktionsvorsitzende Sonja Gintenreiter Oberbürgermeister Andreas März zum Handeln aufgefordert.

Stadtteile, die stundenlang vom öffentlichen Busnetz abgeschnitten sind, bis zu 60 Ausfälle an einem Tag und fehlende Informationen: Der ÖPNV in Rosenheim steckt in der Krise. Das soll jetzt passieren.

Rosenheim – Die Grünen haben die Nase voll. „Jede ausgefallene Linie, jede ausgefallene Fahrt verunsichert und enttäuscht die Bürger und lässt das Vertrauen in den ÖPNV verschwinden“, sagt Fraktionsvorsitzende Sonja Gintenreiter. Gemeinsam mit ihrer Fraktion hat sie deshalb einen Antrag an Oberbürgermeister Andreas März (CSU) verfasst mit der dringenden Bitte, den ÖPNV sicherzustellen. „Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Zuverlässigkeit des Schulbusverkehrs zu legen“, heißt es in dem Schreiben.

Fokus liegt auf Schülerbeförderung

Doch zumindest das scheint geregelt zu sein. So geht Oberbürgermeister März derzeit nicht davon aus, dass Schüler aufgrund des Fahrermangels und der daraus resultierenden Kursausfälle zu spät zum Unterricht kommen. „Wir werden die Entwicklung aber genau beobachten“, sagt er auf OVB-Anfrage. Zwar sei der Busfahrermangel kein lokales Problem, dennoch müsse der Fokus laut März auf der Schülerbeförderung liegen. „Die muss funktionieren“, ergänzt er.

Was im Moment so gar nicht zu funktionieren scheint, ist der restliche ÖPNV. Fast täglich fallen Busse aus, Kunden werden oft ohne jegliche Information an den Haltestellen stehen gelassen. Einen 15-Minuten-Takt gibt es nur noch auf einer einzigen Linie. „Wir bedauern, dass es aufgrund von Personalausfällen und durch Baustellen zu Ausfällen kommt“, sagt eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Sie erinnert daran, dass die Ausfälle vor allem den Samstag betreffen. „Von Montag bis Freitag fahren alle Linien, bis auf die Linie 8“, ergänzt die Sprecherin.

100 Fahrten entfallen jeden Samstag

Ein Blick auf die aktuellen Fahrplan bestätigt diese Aussage nur in Teilen. So gab es beispielsweise am Freitag insgesamt 37 kurzfristige Ausfälle. Besonders betroffen war die Linie 5 mit sechs entfallenen Runden, dicht gefolgt von der Linie 7 und 10 mit jeweils fünf Ausfällen. Noch gravierender war die Situation am Montag, 4. September - mit insgesamt 57 Kursausfällen. Hinzu kommen die Fahrten, die aufgrund des Übergangsfahrplans ohnehin nicht stattfinden. So entfallen seit Februar alleine jeden Samstag rund 100 Fahrten. Während die Busse der Linien 1 und 3 früher alle 15 Minuten fuhren, kommen sie jetzt nur noch einmal in der Stunde.

Für die Rosenheimer Grünen Anlass genug, endlich zu handeln. In ihrem Antrag fordern sie die Verwaltung auf, „notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um die aktuellen Ausfälle beim Stadtverkehr zu beheben“. Doch genau das scheint alles andere als einfach zu sein. „Insgesamt unternehmen wir große Anstrengungen zur Personalgewinnung, beispielsweise mit Stellenausschreibungen über die Website und dem Recruiting in Internetforen“, teilt die Sprecherin der Bahn auf OVB-Anfrage mit.

Bayernweit fehlen 2.000 Busfahrer

Es sind Anstrengungen, die - zumindest im Moment - ohne Erfolg bleiben. Nicht nur in Rosenheim. Insgesamt fehlen nach Angaben des Landesverbandes der bayerischen Omnibusunternehmen (LBO) bayernweit rund 2.000 Busfahrer. „Das Problem ist vielschichtig“, weiß LBO-Geschäftsführer Stephan Rabl. Während viele Betriebe bis zum Ende der Wehrpflicht ehemalige Bundeswehrangehörige als Mitarbeiter gewinnen konnten, die bereits ihren Busführerschein hatten, sei das mittlerweile nicht mehr möglich.

Hinzu kommt die Tatsache, dass der Führerschein in Deutschland rund 10.000 Euro kostet. „Die hohen Kosten stellen definitiv eine vermeidbare Zugangshürde dar“, sagt Rabl. Da nutze es auch nur wenig, dass einige Betriebe aber auch Arbeitsagenturen die Kosten zum Teil übernehmen. In Rosenheim beispielsweise wird der Führerschein von der Agentur für Arbeit gefördert, den Rest übernimmt der Stadtverkehr Rosenheim. Doch wenn es nach Rabl geht, muss noch mehr getan werden. „Wir fordern seit Langem eine Reform des Führerscheinerwerbs und damit verbunden eine massive Senkung der Ausbildungskosten“, sagt der LBO-Geschäftsführer. Das würde den Job seiner Meinung nach auch für Teilzeit-Kräfte attraktiver machen.

Gehälter sollen um 16 Prozent steigen

Er kritisiert zudem, dass der Beruf des Busfahrers zwar mit einem hohen Maß an Verantwortung einhergeht, die Entlohnung diese Verantwortung für viele Interessenten jedoch nicht widerspiegelt. Immerhin: Nach einer Verhandlung mit der Gewerkschaft Verdi sollen die Löhne der bayerischen Busfahrer bereits zum 1. Oktober im Schnitt zwischen 14 bis 16 Prozent steigen. „Das ist ein wichtiges Signal der Wertschätzung in Zeiten hoher Inflation“, weiß Stephan Rabl.

Und doch ist der Lohn für viele Busfahrer nicht das entscheidende Kriterium, warum sie ihren Job an den Nagel hängen oder nicht weiterempfehlen können. „Es sind vielmehr die fehlende gesellschaftliche Wertschätzung sowie die Unfreundlichkeit, nicht selten auch eine zunehmende Aggressivität, die vielen im Dienst entgegenschlagen“, sagt Stephan Rabl. So hätten es auch die durch Verspätungen und Ausfälle genervten Fahrgäste in der Hand, das „Berufsbild wieder attraktiver zu machen“.

Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware

In Rosenheim setzt man zudem auf einen eigenen Fahrschulbus, unbefristete Arbeitsverträge, Prämienzahlungen für Mitarbeiterempfehlungen bei Einstellung und Deutschkurse. „Eine Herausforderung bei der Personalgewinnung ist es, stadtnah bezahlbare Wohnungen zu finden“, sagt eine Sprecherin der Bahn. Zwar biete der Stadtverkehr Rosenheim Übergangswohnungen an, aber auch das scheint nur ein Tropfen auf den heißen Stein zu sein. „Wir brauchen sowohl bürokratische Erleichterungen für den Bau von Werkswohnungen, als auch mehr staatlich geförderten kostengünstigen Wohnraum“, ergänzt der LBO-Geschäftsführer.

Ob das wirklich dazu führen würde, zusätzliche Fahrer zu gewinnen, sieht zumindest Oberbürgermeister Andreas März kritisch: „Es kann ein Baustein sein, aber sicher nicht die Lösung.“ Im Moment arbeite die Stadtverwaltung zusammen mit der Agentur für Arbeit an einem Programm zur Ausbildung und Umschulung von qualifizierten Busfahrern.

Diskussion am kommenden Dienstag

Doch geht es nach den Rosenheimer Grünen, muss noch mehr passieren. „Beim jetzigen Leistungsstand des ÖPNVs ist zu befürchten, dass die Kriterien für den Beitritt zum MVV nicht erfüllt werden“, heißt es in dem Antrag. Das Thema soll deshalb am Dienstag, 19. September, in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses besprochen werden. Beginn ist um 17 Uhr.

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