Rosenheimer Arzt gibt Hitze-Tipps
Mega-Hitze in der Region: Was ein Experte für Ihre Gesundheit rät – und wann es gefährlich wird
Einfach in einen kühlen See springen, das wäre es jetzt: Der Sommer 2023 setzt zum Endspurt, die Sonne brennt nochmals vom Himmel. Was man für seine Gesundheit tun kann, wie man sich schützt – und was man besser lässt, erklärt der Experte Dr. Andreas Bauer aus Rosenheim.
Landkreise – Einigen Herbstfestfans könnte Dr. Andreas Bauer, Ärztlicher Direktor bei Romed in Rosenheim, mit seinen Hitze-Tipps eine leichte Enttäuschung bereiten. Wenige Tage vorm Start der Wiesn am 26. August gießt er sozusagen Wasser in den Wein begeisterter Bierzelt-Besucher.
Nicht, dass er vom Besuch abrät – ganz und gar nicht. Aber beim Alkohol solle man aufpassen, mahnt Bauer. Auch wenn die Wettervorhersage eine leichte Abkühlung erwarten lasse, sollte „gerade bei hohen Temperaturen außerhalb oder innerhalb der Bierzelte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden“, sagt Bauer. „Dies soll aber nicht bedeuten, dass wegen der Hitze mehr Bier getrunken werden soll.“
Der Grund: Alkohol beschleunigt den Verlust von Flüssigkeit, der wegen der Hitze ohnehin schon besonders hoch ist. „Alkoholische Getränke führen häufig zu einer verstärkten Urinproduktion und können dem Körper sogar Flüssigkeit entziehen“, erklärt der Mediziner. „Nicht-alkoholische Getränke sind auf dem Herbstfest aber auch ausreichend zu bekommen.“
Und wie viel sollte man trinken? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE ) empfiehlt Erwachsenen 1,5 bis 2 Liter Wasser am Tag. Je nach körperlicher Belastung etwa bei Arbeit im Freien oder beim Sport empfehlen Mediziner, mehr zu trinken. Laut DGE können bei intensiven Belastungen zwischen vier und zehn Liter Flüssigkeit verloren gehen.
Bullen-Hitze in Rosenheim: Wen‘s besonders trifft
Bei hohen Temperaturen ist das Risiko für Flüssigkeitsmangel besonders hoch. Vor allem für ältere Menschen ist der sogenannte Volumenmangel immer öfter die Ursache für Krankenhausaufenthalte. Auch die Zahl der durch die Hitze bedingten Todesfälle ist gestiegen. Die Krankenhausbehandlungen wegen Flüssigkeitsmangels haben sich innerhalb von 20 Jahren mehr als verdoppelt. Das Statistische Bundesamt weist für diesen Zeitraum eine Zunahme von 112 Prozent aus. Die Romed-Kliniken haben das Thermometer bereits im Blick: Im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie 2023 beschäftigen sie sich unter anderem mit dem Thema Hitze und Hitzeschutzmaßnahmen.
Viel los ist derzeit in der Zentralen Notaufnahme in Rosenheim. Sie sei „stark frequentiert“, sagt Bauer. Man wisse, dass besonders ältere Patienten mit chronischen Erkrankungen unter der Hitze leiden und Grunderkrankungen verschlimmert werden können. Allerdings seien reine hitze-bedingte Notfälle wie Sonnenstich, Hitzeerschöpfung und Hitzschlag „eher selten“.
Wenn Sie das haben, sind Sie ein Fall für den Doc
Entweder durch Verlust von Flüssigkeit und nachlässiges Trinken oder durch direkte Einwirkung der Sonneneinstrahlung: Hitze kann Sie buchstäblich in die Knie zwingen. Dann hilft womöglich nur noch der Arzt. Andreas Bauer sagt, wann Sie sich Hilfe holen sollten: „Bei neurologischen Symptomen wie Verwirrtheit, starken Kopfschmerzen und Bewusstseinsstörungen muss natürlich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.“
Erhöhte Körpertemperatur über 38 Grad Celsius und Beschwerden mit dem Kreislauf sind gleichfalls Warnzeichen, die den Besuch beim Arzt angeraten sein lassen. Auch, um möglicherweise andere ernste Ursachen auszuschließen: „Viele der Symptome von hitzebedingten Erkrankungen können auch andere Ursachen haben, und diese müssen abgeklärt werden.“
Sonnen auf der Liege-Wiese? Sonnencreme ja nicht vergessen
Immer noch sieht man zahllose Menschen, die auf Wiesen und im Liegestuhl in der prallen Sonne brutzeln. Wie lange schützt einen Sonnenschutzfaktor 50? Auch dazu hat Andreas Bauer eine Antwort. Der Lichtschutzfaktor gebe an, wievielmal länger man sich mit einem Sonnenschutzmittel der Sonne aussetzen kann, bevor ein Sonnenbrand entsteht.
„Wenn man unter den gegebenen Umständen zehn Minuten ohne Schutz ein Sonnenbad genießen kann bevor man einen Sonnenbrand bekommt, ist es mit einer 50er Sonnencreme – wenn diese gut aufgetragen und nicht weggeschwitzt wird – theoretisch möglich, 500 Minuten in der Sonne zu liegen.“ Bauer betont aber, dass jeder Mensch anders auf Sonne reagiere. „Der individuelle Eigenschutz ist dabei sehr vom Hauttyp und der Stärke der Sonnen- und UV-Strahlenexposition abhängig“, sagt er. Im Zweifelsfall ist ein schattiger Platz das richtige, um einen sonnigen Nachmittag am See zu genießen. Ohnehin steigen die Zahlen der Hautkrebs-Fälle in den vergangenen Jahren an.
Andreas Bauer hat Tipps auch für Wanderer
Manche Menschen lockt das schöne Wetter an den See, andere in die Höhe. Auch beim Wandern kann man etwas für sich und seine Gesundheit tun. Wie ist es da mit der Sonne? Ab welcher Höhe wirkt das UV-Licht besonders stark? Bauer rät zur Vorsicht vor allem in hoch alpinen Lagen. „Die UV-Strahlung nimmt pro 1000 Meter Höhe um etwa zehn bis 15 Prozent zu. Hinzu kommt, dass in höheren Lagen weniger Schatten durch Bäume vor der Sonne schützen und auch Felsen oder besonders Schnee und Eis die UV-Strahlen reflektieren und somit zu einer zusätzlichen Strahlenbelastung führen.“
Radsportler, die gern Passstraßen ins Repertoire aufnehmen, kennen das Problem besonders gut: Ab 2000 Metern Höhe wird es spürbar schwerer, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Die Luft wird eben dünner, und wie sich das auswirkt, „ist individuell sehr unterschiedlich“, sagt Bauer. „Anfällige Personen können schon ab einer Höhe von 2500 Metern – ganz unabhängig von Hitze und Sonnenstrahlen - höhenkrank werden.“ Und besonders Patienten mit Lungenerkrankungen können unter der dünneren Luft in der Höhe leiden. „Hier sind Höhe und Hitze unabhängige Gefahren, die sich aufschaukeln können.“ Und: Höhe steigert den Flüssigkeitsbedarf nochmals.
Sommer-Mythen: Andreas Bauer nimmt sie unter die Lupe
Sie benetzen Hände, Handgelenke und die Herzgegend vorsorglich mit Wasser, bevor Sie in den See eintauchen? Nur nicht übertreiben, sagt Andreas Bauer. Dass man beim unvermittelten Vollkörperkontakt mit kaltem Wasser einen Herzinfarkt erleide, „ist eher im Bereich der Mythen anzusiedeln“.
Wer schon mal in besonders heißen Ländern oder gar der Wüste war, wird den Brauch dort kennen, heißen Pfefferminztee zu sich zu nehmen. Dass das Heißgetränk besonders gut sei, hält Bauer ebenfalls für eine Legende. „Wichtig ist ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Ohne Alkohol und ohne zu viel Zucker“, sagt er. Elektrolyte – für den Körper wichtige Salze - können hilfreich sein.
„Wasser ist aber das wichtigste. Ob warm oder kalt, ist hierbei nebensächlich und eher Geschmackssache als medizinisch bedeutend.“ Der heiße Tee sei vielleicht eher als eine Hygienemaßnahme zu sehen: „In manchen besonders heißen Regionen dieser Welt wurde oder wird Wasser abgekocht, um es von Keimen zu befreien.“ Einen Vorteil bezüglich des Effekts bei großer Hitze auf den Temperaturhaushalt des Körpers habe dieses Verfahren jedoch nicht.