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Kampf für eine barrierefreie Altstadt

Ob Rollstuhl oder Kinderwagen: Diese Barrieren gilt es in Wasserburgs Altstadt zu überwinden

Ingo Hesse (von links), Joachim Boy, Doreen Bogram und Ethel-D. Kafka vom Behindertenbeirat und vom Sozialverband VDK Wasserburg prüfen die Altstadt auf Barrierefreiheit.
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Ingo Hesse (von links), Joachim Boy, Doreen Bogram und Ethel-D. Kafka vom Behindertenbeirat und vom Sozialverband VDK Wasserburg prüfen die Altstadt auf Barrierefreiheit.

Die Wasserburger Altstadt ist eine große Herausforderung für alle, die nicht mobil oder schlecht zu Fuß sind. Wo man sogar nur in „Schlangenlinien“ vorankommt, was für den Behindertenbeirat der „Worst Case“ ist und warum noch viel zu tun ist.

Wasserburg – Doreen Bogram geht durch die Straßen der Wasserburger Altstadt. Am Ende der Lederzeile bleibt sie stehen und ärgert sich. Ein Auto parkt falsch und versperrt die Gehsteig-Absenkung, über die Rollstuhlfahrer oder Rollator-Benutzer leichter über die Straße kommen. Bogram ist mit ihren Kollegen Ethel-D. Kafka und Ingo Hesse vom Behindertenbeirat der Stadt Wasserburg sowie Joachim Boy vom Sozialverband Vdk Wasserburg unterwegs.

Ihr Ziel: Die Stellen in der Altstadt zu dokumentieren, die Menschen im Rollstuhl, mit Rollator oder Kinderwagen kaum oder gar nicht zu überwinden können. Jedes Jahr nehme sich das Team einen anderen Stadtteil vor, erklärt Bogram. Ihren Bericht legen sie anschließend der Stadtbaumeisterin vor. Sie kümmere sich darum, die Problemstellen zu beheben, erklärt Mechthild Herrmann, Stadtbaumeisterin in Wasserburg. Dabei arbeite sie eng mit dem Behindertenbeirat zusammen. Sollten Baumaßnahmen nötig sein, werde der Ausschuss involviert, erklärt sie. „Meistens finden wir eine Lösung. Manche Probleme lassen sich jedoch nicht beheben“, bedauert sie.

Hier steht ein Auto im Halteverbot und versperrt dadurch eine Querungshilfe für Rollstuhl- oder Rollator-Fahrer.

Tour durch die Altstadt

Los geht die Tour durch die Altstadt an der neuen Bushaltestelle am Marienplatz. Bogram wolle hier schon früh genug feststellen, ob die Haltestelle nicht zu hoch, für die ausziehbaren Rampen der Stadtbusse sei. Dies könne beim geplanten Umbau gleich berücksichtigt werden, sagt sie. Weiter geht es über den Zebrastreifen zur Frauenkirche. Hier müssen Rollstuhlfahrer bis zum Eingang der Kirche vorfahren, um auf den Gehsteig zu gelangen. Zum Zeitpunkt der Begehung stehen dort jedoch Kisten – unpraktisch für alle, die schlecht zu Fuß sind.

Behindertenbeirat Ingo Hesse (von links), Joachim Boy vom Sozialverband VDK Wasserburg und die Behindertenbeirätinnen Doreen Bogram und Ethel-D. Kafka dokumentieren, welche Problemstellen es in Wasserburg gibt.

Ansonsten zeigen sich Bogram und ihr Team zufrieden, beispielsweise sind an der Verkehrsinsel am Anfang der Schmidzeile bereits Querungshilfen eingebaut. Der Behindertenbeirat biegt in die Schustergasse ein. Einige Geschäfte haben dort ihre Ware vor dem Geschäft auf Ständern ausgestellt. Das sei erlaubt, da die Schustergasse eine Art Fußgängerzone sei und die Menschen zum Gehen somit auf das Pflaster ausweichen könnten, erklärt Kafka. An einigen Stellen komme ein Rollstuhlfahrer problemlos durch, bei anderen müsste er in „Schlangenlinien“ fahren, stellt Bogram fest.

Ein Problem: das Kopfsteinpflaster

Um vorbeizukommen, müsste er womöglich auf das Kopfsteinpflaster ausweichen. Darauf fahre es sich jedoch nicht gut, erklärt sie. „Wir müssen auch Abstriche machen“, sagt sie in Bezug auf die Altstadt. Das Kopfsteinpflaster gehöre zu Wasserburg dazu, auch wenn es für Menschen mit Rollator, Kinderwagen oder im Rollstuhl schwieriger zu überwinden sei, erklärt Bogram. Wenn Bauarbeiten in der Stadt seien, empfehle der Behindertenbeirat, abgeschliffene Steine am Boden zu verlegen, ergänzt Kafka. Diese würden eine geringere Hürde darstellen, als welche mit sehr rauer Oberfläche. Auch in der Herrengasse entdeckt der Behindertenbeirat ein Problem. Am barrierefreien Ausgang des Bürgerbüros steht vor der Querungshilfe ein Blumentopf aus Beton.

Vor der Querungshilfe beim Bürgerbüro in der Herrengasse steht ein Blumentopf aus Beton.

Auch bei den vielen Geschäften in der Ledererzeile wird es vom Platz her manchmal knapp. Ein Rollstuhl ist zwischen 60 und 70 Zentimetern breit. „Mir geht es aber mehr um das Gefühl, dass ein Rolli-Fahrer hat, wenn er durch eine enge Stelle fahren muss“, betont Bogram. Ihr ist die Grundhaltung und ein rücksichtsvoller Umgang miteinander wichtig, sagt sie. Am Anfang des Weberzipfels finden die vier Mitglieder des Behindertenbeirats jedoch auch ein Positiv-Beispiel. Bei dem provisorischen Gehsteig um das Haus, das vor einem Jahr brannte, ist eine Auffahrhilfe aus Holz angebracht. „Hier hat jemand mitgedacht“, freut sich Bogram.

Das Positiv-Beispiel: Beim Haus am Weberzipfel ist eine Auffahrt aus Holz auf den provisorischen Gehsteig angebracht.

Ab und zu werde der Behindertenbeirat von Menschen mit einer Gehbehinderung auf Problemstellen in der Stadt aufmerksam gemacht. „Das ist aber der ‚Worst Case‘“, sagt Kafka. „Wir sind dafür da, dass es nicht so weit kommt.“ Ihre Aufgabe sei auch, Menschen dafür zu sensibilisieren, erklärt die Leiterin des Bürgerbahnhofs.

Rampen an Treppen zu steil

Die letzte Station für das Team befindet sich am Inn-Damm. Hier prüfen die Vier, ob an den Treppen auch Rampen installiert sind. „Normalerweise darf die Steigung nur sechs Prozent pro Meter betragen, ansonsten ist es zu steil“, erklärt Hesse. Die Treppe, die vom Inn-Damm zum Zirnweg führt, ist jedoch so kurz, dass die eingebaute Rampe steiler ist. Eine Person im manuellen Rollstuhl komme hier wohl nicht hoch, sagt Bogram. Weiter fehlt der im Stadtplan eingezeichnete Behindertenparkplatz im Zirnweg, beanstandet sie.

Die Steigung bei der Treppe am Inn-Damm ist zu steil, um mit einem manuellen Rollstuhl rauf zufahren.

Nach einer guten Stunde hat der Behindertenbeirat die Problemstellen am Marienplatz, in der Schustergasse, der Ledererzeile, am Weberzipfel, in der Herrengasse, am Zirnweg und am Inn-Damm dokumentiert. Insgesamt sei schon einiges in der Stadt für mehr Barrierefreiheit passiert. „Das heißt jedoch nicht, dass wir aufhören können“, fasst Bogram zusammen. „Es gibt noch viel zu tun“.

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