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Bezahlung oft überdurchschnittlich hoch

Wenn die Küche kalt bleibt: In der Region Rosenheim werden händeringend Köche gesucht

In der Region Rosenheim werden dringend Köche gesucht: Francesco Freres weiß, wie schwierig die Personalsituation ist.
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In der Region Rosenheim werden dringend Köche gesucht: Francesco Freres weiß, wie schwierig die Personalsituation ist.

„Wegen Personalmangels geschlossen“ ist ein Satz, den Gäste in der Region Rosenheim immer öfter zu lesen bekommen. Der Grund: Es fehlen Köche. Und es kommt wenig Nachwuchs nach. Viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Nicht ohne Folgen.

Rosenheim/Landkreis – „Seit über fünf Jahren betreibe ich den Seewirt, seit über fünf Jahren ist es das immer gleiche Problem“, sagt Eduard Kalem. Er betreibt das Restaurant direkt am Simssee in Ecking. Verkürzte Öffnungszeiten, mehrere Ruhetage pro Woche – all das habe es bei ihm schon gegeben. Es fehlt an Personal. Vor allem in der Küche. Dabei sei der Beruf des Kochs aus finanzieller Sicht sehr attraktiv. „Bei uns verdient ein Koch über 3000 Euro netto“, sagt er. Jahresgehälter von 50.000 bis 80.000 Euro brutto seien inzwischen Standard. Und trotzdem gebe es nur wenige brauchbare Bewerbungen. „Manchmal sind die Vorstellung beim Verdienst auch total überzogen. Aber auch Arbeitszeitvorstellungen von Montag bis Freitag, von 9 bis 17 Uhr gibt es in der Gastro nicht.“

Zwei Dutzend Köche gesucht

Laut Arbeitsagentur Rosenheim sind in Stadt und Landkreis Rosenheim derzeit (Stand Juli 2023) 24 Stellen als Koch frei. Auch Francesco Freres kennt das Problem zu gut. Er vertritt Guiseppe Tedesco als Chef während seiner Abwesenheit. Seit 20 Jahren sei er selbst Koch, seit 2007 arbeite er in dem Rosenheimer Restaurant Guiseppe e Amici. Er hat viel Personal kommen und wieder gehen sehen. „Corona hat es schlimmer gemacht“, meint er. Arbeitskräfte seien in die Industrie abgewandert. Die Problematik zeige sich in allen Lokalen von Guiseppe. „Die Kunstmühle musste im Juli sogar einen Tag zusperren wegen Personalmangels“, so Freres.

Francesco Freres ist seit 20 Jahren Koch und arbeitet bei Guiseppe e Amici in Rosenheim.

Problematisch ist laut Freres auch, dass kaum neue Köche nachkämen. Das zeigen auch die Zahlen der Arbeitsagentur. Im Landkreis sind laut Auskunft der Behörde 23 Ausbildungsstellen zum Koch offen. In der Stadt Rosenheim seien es unter drei offene Stellen (Anmerk. d. Red.: Wird von der Arbeitsagentur aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung nicht angegeben).

Sperrstunde bei Abwesenheit des Chefs

Auch Haydar Bilec stand mit seinem Restaurant Nouille kürzlich vor dem gleichen Problem. Als die Betreiber wegen Dreharbeiten für die Fernsehshow „Mein Lokal, dein Lokal“ unterwegs waren, mussten sie ihr Lokal in der Zwischenzeit zusperren. „Derzeit stehe ich allein in der Küche“, sagt Bilec. Auch er ist auf der Suche nach einem Koch. Bewerber gebe es nur sehr wenige. „Die guten Leute sind schon vergriffen“, sagt er. Am Geld könne es nicht liegen. „Der Mangel treibtt die Gehälter nach oben“, so Bilec.

Wolfgang Grandauer wird die Öffnungszeit in seinem Schneiderwirt in Nußdorf am Inn im kommenden Jahr wohl reduzieren müssen. „Diesen Sommer haben wir noch eine Sechs-Tage-Woche. Das werden wir vermutlich nicht halten können“, sagt er. Aus Personalgründen werde er den Betrieb auf fünf Tage die Woche herunterfahren. In Radio, Zeitung und Internet habe Grandauer nach einem Koch gesucht. Zur Abdeckung in Spitzenzeiten habe er auf stundenweise bezahlte „Miet-Köche“ gesetzt. Das sei jedoch keine Dauerlösung, da es auf Dauer sehr teuer sei.

Auch Service-Kräfte sind rar

Auch beim Gocklwirt in Baierbach gibt es inzwischen drei Ruhetage pro Woche. Nicht aus der Personalnot heraus, wie Eigentümer Wilhelm Huber sagt, sondern aus „Wertschätzung für die Mitarbeitern, die schon lange bei uns arbeiten.“ Schon vor der Pandemie sei die Arbeit kaum zu bewältigen gewesen. In der Küche stehe er selbst, sein Sohn und ein Koch, der schon seit 20 Jahren Teil des Teams sei. Aber auch Huber habe Tische reduziert. Ihm mangelt es an Service-Personal. „Im Mai haben wir auf viel Umsatz verzichtet, mussten Gäste wegschicken“, sagt er.

Grund für den Mangel ist für Huber das Bild von der Branche: Wochenendarbeit, Arbeit bis in die späten Abendstunden. „Dabei hat es Vorteile, unter der Woche frei zu haben“, meint er. Man hätte Zeit für Behördengänge, wenn man ausgeht oder einen Ausflug macht, sei es nicht überlaufen. Allerdings rücke die Wochenendarbeit nicht nur die Gastronomie in ein schlechtes Licht, sondern auch andere Dienstleistungsberufe und die Pflege.

Fachkräfte werden branchenübergreifend gesucht

Darauf verweist auch Theresa Albrecht, Vorsitzende der Kreisstelle Rosenheim des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. „Der Fachkräftemangel ist kein individuelles Problem des Gastgewerbes“, sagt sie. Laut Deutscher Industrie- und Handelskammer fehlen jedes Jahr 100.000 Schulabgänger aufgrund des demographischen Wandels. Für Albrecht liege das Hauptproblem vor allem darin. Sowohl Köche, als auch ausgebildetes Service-Personal seien gesucht.

Theresa Albrecht ist die Vorsitzende der Kreisstelle Rosenheim der Dehoga.

Warum der Beruf des Kochs so unbeliebt zu sein scheint, kann Albrecht nicht nachvollziehen. „Es ist ein schöner Beruf, bei dem man etwas mit seinen Händen schafft und sich kreativ ausleben kann. Man kann sich auch sehr individuell weiterbilden.“ Auch in ihrem Hotel merke sie, dass es schwer sei, Leute zu finden. Jedoch beobachte Albrecht viele Rückkehrer, die während der Pandemie in andere Arbeitsbereiche abgewandert seien. Und: „Die Gehälter sind in den vergangenen Jahren attraktiver geworden. Viele Chefs sind flexibler geworden beim Einteilen von freien Tagen“, sagt Albrecht. Zumal immer mehr Betriebe mehrere feste Ruhetage hätten.

Negative Folgen für die Region als Tourismusstandort

Besorgt blickt auch Christina Pfaffinger, Geschäftsführerin des Chiemsee Alpenland Tourismusverbandes (CAT), auf die Entwicklungen: „Die Probleme des Arbeitskräftemangels in der Gastronomie wirken sich auch auf die Urlaubsqualität der Gäste aus. In der Hochsaison haben zahlreiche Betriebe in besten Urlaubslagen zwei bis drei Ruhetage in der Woche, da sie kein Personal haben.“ Das sei im ländlichen Raum besonders schwierig, da man nicht einfach in der nächsten Straße ein Lokal findet. Man müsse dann ein bis zwei Orte mit dem Auto fahren, um mit der Familie Abend zu Essen.

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