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57-Jährige im Visier der Ermittler

Razzia im Reichsbürger-Milieu: Was über die Rosenheimer Beschuldigte bekannt ist

SYMBOLBILD: Im Zuge der Bundesweiten Razzien wurde auch ein Objekt in Rosenheim durchsucht.
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SYMBOLBILD: Im Zuge der Bundesweiten Razzien wurde auch ein Objekt in Rosenheim durchsucht.

In den frühen Morgenstunden schlugen die Ermittler zu: Eine bundesweite Großrazzia in der Reichsbürger- und Verschwörungstheoretiker-Szene sorgte am Donnerstag für Aufsehen. Auch ein Objekt in Rosenheim wurde durchsucht, nachdem eine 57-Jährige ins Visier der Ermittler geriet.

Rosenheim, München – Bei der Razzia gegen Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker ist auch ein Objekt in Rosenheim durchsucht worden. Wie Daniel Katz, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, bekanntgibt, richtete sich die Maßnahme gegen eine 57-Jährige. Die Frau sei im nördlichen Stadtgebiet wohnhaft.

Kräfte des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, genauer gesagt der Kriminalpolizei, führten die Razzia in den frühen Donnerstagmorgenstunden (23. November) durch. Die Durchsuchung an sich sei „komplett reibungslos“ verlaufen, führt Katz aus. Widerstand von Seiten der Beschuldigten habe es demnach nicht gegeben.

Mehrere Gegenstände sichergestellt

Im Rahmen der Durchsuchung wurden mehrere Gegenstände sichergestellt. „Dabei“, so Katz, „handelte es sich um Speichermedien, beziehungsweise Datenträger“.

Hintergrund: Reichsbürger

Reichsbürger sind laut dem Bayerischen Verfassungsschutz Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich unter anderem auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht.

Die Anhänger der Reichsbürgerszene eine zwar die grundsätzliche Ablehnung des bundesdeutschen Staatswesens, ideologisch und organisatorisch sei die Bewegung laut Verfassungsschutz jedoch heterogen. „Die Szene setzt sich aus verschiedenen Personengruppen zusammen, darunter Geschäftemacher, Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten, Querulanten und Esoteriker, die untereinander konkurrieren und persönliche oder ideologische Konflikte austragen. Dies führt häufig zu Abspaltungen und Neugründungen in der Reichsbürgerszene“, erläutert der Verfassungsschutz.

Die Reichsbürgerbewegung habe in den letzten Jahren eine zunehmende Dynamik entwickelt. Die mitunter sektenartigen Gruppierungen stünden „bisweilen auch in Konkurrenz zueinander. Sie nehmen jeweils für sich in Anspruch, die einzig „legitimen Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs“ zu sein und versuchen, andere Gruppierungen mit „Entstallungsurkunden“ o.ä. Schreiben zu diskreditieren.“

Auf regionaler Ebene hätten sich zahlreiche Kleinstgruppen gebildet, die weit überwiegend als sicherheitsgefährdende Bestrebung einzustufen seien. „Der Großteil der bayerischen Szeneangehörigen sind Einzelpersonen, die keiner Organisation oder Gruppe zugeordnet werden können“, führt der Verfassungsschutz aus.

Die Frau, verdeutlicht Katz, sei im Internet in einschlägigen Medien aufgefallen. Oberstaatsanwalt Florian Weinzierl, der als stellvertretender Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft München fungiert, erklärt auf Anfrage: Die Beschuldigte habe sich im „Zusammenhang mit einem Sorgerechtsstreit mit E-Mails an eine Polizeidienststelle in Hessen gewandt“. In weiterer Folge habe sich der Anfangsverdacht der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung ergeben.

Weinzierl führt aus: Nach den bisherigen Ermittlungen besteht der Verdacht, dass ein Organisator in entsprechenden Kanälen dazu aufgerufen hat, bestimmte Einrichtungen und Behörden zu kontaktieren. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte bereits in einer Presseaussendung über die Hintergründe des Vorgehens aufgeklärt. Durch massenhafte Kontaktaufnahme sollten Entscheidungen im Sinne der Mitglieder erzwungen werden.

„Reichsbürgertypische Formulierungen“

Die Rosenheimerin wird verdächtigt, diesem Aufruf gefolgt zu sein. Weinzierl weiter: „Da die Kanäle und die von der Beschuldigten versandte Nachricht reichsbürgertypische Formulierungen aufweist, erscheint die Zuordnung zu dieser Bewegung naheliegend.“

Nähere Auskünfte – etwa, seit wann die Verdächtige observiert wurde oder inwieweit die Beschuldigte in der hiesigen Reichsbürger-Szene vernetzt ist – erteilte die Generalstaatsanwaltschaft nicht.

Eingehendere Informationen zu den beschlagnahmten Datenträgern konnte Weinzierl ebenfalls noch nicht geben. Eine Festnahme sei im Zuge der Razzia jedenfalls nicht erfolgt, da ein hierfür erforderlicher Haftgrund nicht gegeben ist.

Razzia im Bundesgebiet

Unter Führung der Generalstaatsanwaltschaft München und des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord wurden am Donnerstagmorgen 20 Wohnungen im gesamten Bundesgebiet unter anderem wegen des Verdachts der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung durchsucht.

Übergeordnetes Ziel der handelnden Personen war es laut Generalstaatsanwaltschaft München, die Bundesrepublik Deutschland sowie ihre staatlichen Einrichtungen zu destabilisieren und rechtmäßiges staatliches Handeln zu verhindern oder zumindest zu erschweren. 

Verfassungsschutz hat Rosenheim im Visier

Das südliche Oberbayern gilt laut bayerischem Verfassungsschutz als Hort der Reichsbürger. In Rosenheim sei die Szene gut organisiert, so der bayerische Verfassungsschutz in seinem Halbjahresbericht 2023. Manfred Hauser, Chef des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, nannte unlängst eine „verhältnismäßig hohe Zahl von 800“ Reichsbürgern in seinem Dienstbereich, der neun Landkreise umfasst.

Bundesweit von sich reden machte beispielsweise eine „Reichsbürger-Schule“ in Deutelhausen. In der Schule, die auf einem Bauernhof eingerichtet wurde, sollten rund 50 Kinder aus ganz Oberbayern unterrichtet werden. Bei den Lehrern handelte es sich um Eltern und „aus dem System ausgestiegene Pädagogen“, darunter Musik- und Kräuterpädagogen sowie Schamanen.

Und im Februar des Vorjahres wurde die Wohnung eines mutmaßlichen Reichsbürgers in Rosenheim durchsucht. Dem Mann wurde vorgeworfen, via Telegram mehrfach volksverhetzende Inhalte veröffentlicht zu haben.

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