Wahnsinnsfahrt nach Neapel
Mord-Tragödie von Raubling: Wann der Prozess beginnen könnte - und welche Rätsel noch offen sind
Vor gut dreieinhalb Wochen soll in Raubling Tobias A. soll seinen Vater umgebracht haben. In vielen Punkten stehen die Ermittler noch am Anfang. Und was sie vermutlich schon wissen, aber nicht sagen können.
Raubling – Dreieinhalb Wochen ist die Bluttat von Raubling her. Die deutschen Ermittler aber stehen auch am Beginn der zweiten Septemberwoche noch am Anfang. Wenn er wirklich seinen Vater Hans (60) umgebracht hat: Was waren die Motive für Tobias A. (31)? Und warum machte er sich mit der Leiche seines Vaters im Kofferraum auf den Weg nach Süditalien? „Mein Mandant hat bislang keine Aussage gemacht“, sagt dazu Harald Baumgärtl. Der renommierte Rosenheimer Strafverteidiger ist von Tobias A. und seiner Familie als Pflichtverteidiger benannt worden.
Verdächtiger durch Überwachungskameras geortet
Italienische Polizisten hatten Tobias A., nachdem er in Bayern international zur Fahndung ausgeschrieben worden war, zunächst durch Überwachungskameras bei der Fahrt gen Süden orten können. Schließlich fanden sie sein Auto in Pomigliano d‘Arco, einer Vorstadt von Neapel. Tobias A. konnten sie kurz darauf festnehmen. Offenbar versuchte er gerade, in eine Wohnung einzubrechen. Danach befragten italienische Ermittler den 31-jährigen aus Raubling.
Schließlich genehmigte die italienische Justiz die Auslieferung , die italienische Polizei übergab den Verdächtigen an die Kollegen des deutschen „Schubkommandos“. Seitdem befindet er sich, wie nach der Strafprozeßordnung für Taten in einem mutmaßlich psychischen Ausnahmezustand vorgesehen, in einstweiliger Unterbringung in der psychiatrischen Klinik in Gabersee.
Tödliche Gewalt in Raubling: Wann beginnt der Prozess?
Vernehmungen werden folgen. Die Leiche des Vaters, mittlerweile durch einen Bestatter aus Neapel überführt, wurde erneut obduziert. Rechtsmedizinisch wird das Opfer nicht aus Misstrauen gegenüber den italienischen Kollegen erneut begutachtet, hält Gunther Scharbert von der Rosenheimer Zweigstelle der Staatsanwaltschaft Traunstein fest. Die machten ihren Job gut. Vielmehr ist die erneute Untersuchung für eine noch anzusetzende Hauptverhandlung nötig. „Da muss schließlich ein deutscher Rechtsmediziner aussagen“, sagt Scharbert.
Wann wird der Prozess beginnen? Die noch offenen Fragen sind nicht einfach zu beantworten. Das Auto, in dem Tobias A. nach Italien fuhr, mit dem toten Vater im Kofferraum, muss nach Auskunft des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd noch nach Deutschland gebracht werden. Ein Auftrag an ein Abschleppunternehmen sei bereits erteilt. Dann nehmen die Spezialisten der Kriminaltechnischen Untersuchung das Fahrzeug unter die Lupe. Was sie finden könnten? Die Polizei schweigt an diesem Punkt. Aus ermittlungstaktischen Gründen.
Muss Tobias A. in den Maßregelvollzug?
Was machte er in Süditalien, wo wollte der Raublinger hin? Geklärt werden muss auch noch, ob Tobias A., so er denn tatsächlich seinen Vater getötet hat, schuldfähig ist. Eine psychiatrische Untersuchung sei nicht mal eben schnell gemacht, sagt Gunther Scharbert. Er rechne von einer Frist von bis zu einem halben Jahr, bis die Anklageschrift steht – „oder eben die Antragsschrift“, fügt der Staatsanwalt hinzu. Dann geht es in der Hauptverhandlung um den Maßregelvollzug – um Freiheitsentzug in einer psychiatrischen Klinik.
Auch Starverteidiger Baumgärtl rechnet nicht mit einem kurzfristig anberaumten Termin, „im Januar vielleicht, oder im Februar“, sagt er. Schließlich deute auch einiges darauf, dass sein Mandant in einem Ausnahmezustand gehandelt haben könnte. Diese Tragödie sei „ein besonderer Fall“, sagt Baumgärtl.
Was die Polizei weiß, aber nicht sagen will
Tobias A. soll seinen Vater mit dem Messer getötet haben. Wie und wo er zugestochen haben soll, lässt die Polizei offen. Einerseits, um falsche Geständnisse von Trittbrettfahrern auszuschließen. Andererseits wiederum im Hinblick auf die Hauptverhandlung heißt es von Behördenseite. Das Wissen um Details soll zunächst exklusiv bei Ermittlern und Täter bleiben.
Ein Hinweis, der an den Mordfall Hanna in Aschau im Chiemgau erinnert. Dort waren beim Hauptbelastungszeugen zwischendrin Zweifel aufgetaucht. Die Verteidigung hatte geltend gemacht, dass der U-Haft-Zeuge seine Informationen über den Mord aus der Zeitung habe erhalten können. Dazu hätte es eines Gesprächs mit Sebastian T., in dem dieser die Tat gestanden haben soll, nicht bedurft.