Regierung von Oberbayern gegen Ramerberg
„Wir müssen kämpfen“: Warum es in Ramerberg Ärger ums Gewerbegebiet „Sendling-Ost“ gibt
Um Ramerbergs Finanzen steht es schlecht: Die Gemeinde braucht dringend mehr Steuereinnahmen. Doch der Plan, das Gewerbegebiet in Sendling-Ost zu erweitern, stößt bei der Regierung von Oberbayern auf Widerstand. Warum die Begründung für Stirnrunzeln sorgt – und wie es nun weitergeht.
Ramerberg – Ramerberg braucht mehr Gewerbe, darin ist sich der Gemeinderat eigentlich einig. Die Steuereinnahmen sind gering, die Ausgaben hoch, die Finanzlage entsprechend schlecht. Mehr Unternehmen sollen sich ansiedeln, um das Problem zu lösen. Doch das umzusetzen, ist in Ramerberg nicht so einfach.
Mehr Gewerbe ansiedeln
Dabei hatte eine informelle Anfrage eines Unternehmens und zweier Grundstücksbesitzer noch im Sommer Hoffnung aufkeimen lassen. Die Firma hatte Interesse bekundet nach Sendling-Ost, direkt neben die dort ansässige Baufirma Riedl, zu ziehen. Doch bereits damals hatte es seitens der Verwaltung einige Zweifel gegeben, ob eine Erweiterung des Gewerbegebiets möglich sei, denn schon die Ansiedelung vor mehreren Jahren war mit vielen Hürden verbunden gewesen. Bauamtsleiter Peter Pertl hatte deshalb vorgeschlagen, eine Voranfrage an die Regierung von Oberbayern zu stellen, um herauszufinden, ob eine Erweiterung des Baugebiets „Sendling-Ost“ überhaupt infrage käme. Die Antwort lag dem Gremium nun in der jüngsten Gemeinderatssitzung vor und stellte sich als alles andere als wohlwollend gegenüber dem Vorhaben heraus.
Die Regierung von Oberbayern ist gegen eine Ansiedlung weitere Firma an dem Standort. „Gemäß Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) soll eine Zersiedelung der Landschaft vermieden werden“, las Geschäftsleiter Maximilian Brockhoff die Stellungnahme vor. „Neue Siedlungsflächen sind möglichst in Anbindung an geeignete Einheiten auszuweisen.“ Darunter zähle das derzeitige Gewerbegebiet nicht. „Der bauliche Bestand der Firma Riedl verfügt nicht über ein ausreichendes bauliches Gewicht, um sich als geeignete Siedlungseinheit im Sinne des LEP-Ziels zu qualifizieren.“ Mit einer Erweiterung des Gewerbegebiets würde somit eine Zersiedelung der Landschaft gefördert, so die Regierung von Oberbayern. „Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Anbindungsziel gemäß dem LEP sind derzeit nicht ersichtlich“, heißt es in der Stellungnahme. „Wir empfehlen aus landesplanerischer Sicht, für die interessierten Betriebe angebundene Alternativstandorte beispielsweise in Ramerberg, Zellerreit oder Sendling zu prüfen“, so die Behörde.
Vor allem letzterer Satz sorgte allerdings bei einigen Gemeinderatsmitgliedern für Stirnrunzeln. „Für mich ist diese Stellungnahme völlig unplausibel“, erklärte Bernd Stawiarski (parteifrei). Es sei unverständlich, auf welche Alternativstandorte die Regierung Oberbayern anspiele. „Tatsache ist, wir haben keine anderen Gewerbeflächen“, so Stawiarski. Den von der Verwaltung vorgeschlagenen Gemeinderatsbeschluss, angesichts der negativen Stellungnahme von einer Erweiterung des Gewerbegebiets abzusehen, lehnte er ab. Stattdessen forderte Stawiarski: „Wir müssen kämpfen.“ Er schlug vor, über unterschiedliche Wege zu gehen, beispielsweise auch den Landrat mit ins Boot zu holen. „Wir brauchen Gewerbe. Einfach aufzugeben, finde ich deshalb falsch.“
Gebiet zu klein?
Ähnlich sah dies auch Max Jaroljmek (NRL/FWG). „Für mich ist dieses Schreiben ebenfalls nicht stimmig.“ Es gebe schlicht keine angebundenen Flächen für Gewerbe in Ramerberg, Zellerreit oder Sendling. Das hätte sich damals, als das Gewerbegebiet in Sendling-Ost geschaffen wurde, gezeigt. Auch er plädierte deshalb dafür, erneut mit der Regierung von Oberbayern zu sprechen.
So überzeugt zeigten sich jedoch längst nicht alle Gremiumsmitglieder. Sophia Schuster (UWR) sprach sich dafür aus, noch einmal alle anderen Bereiche zu prüfen. „Ich finde, die Fläche dort unten grundsätzlich zu klein“, meinte Schuster. „Ich habe nichts gegen ein Gewerbegebiet, aber wir sprechen hier von zwei Grundstücken.“ Dass weitere Flächen noch dazukommen würden, sei nicht zu erwarten. „Alle anderen umliegenden Besitzer wollen nicht verkaufen, außerdem würden wir bei einer Erweiterung zu nah an die Wohnbebauung kommen.“ Jaroljmek hielt jedoch dagegen. „Mir sind zwei, drei Flächen noch lieber als gar nichts“, meinte er. „Wir brauchen Gewerbe und es gibt keine Alternativen.“
Doch auch dritter Bürgermeister Jürgen Zott (UWR) zweifelte an einer Vergrößerung des Baugebiets. „Tatsache ist, wir reden von nur einer Firma, die angefragt hat“, erinnerte er. Eine riesige Menge an Gewerbesteuer sei also nicht zu erwarten. Geschäftsleiter Brockhoff erläuterte zudem, dass ein Einstieg in ein Bauleitplanverfahren auch mit Kosten für die Kommune verbunden sei. „Die Regierung von Oberbayern wird dann mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ähnliche Stellungnahme wie hier abgeben und diese rechtssicher abzuwägen, halte ich für schwierig“, so Brockhoff.
Bürgermeister will mit Regierung von Oberbayern sprechen
Florian Baumann (NRL/FWG) sprach sich jedoch ebenfalls für einen Termin bei der Regierung von Oberbayern aus. „Wir brauchen Gewerbe. Wir müssen herausfinden, wo es geht.“ Den Beschlussvorschlag aufgrund der Stellungnahme der Regierung von Oberbayern von einer Erweiterung des Gewerbegebiets Sendling-Ost abzusehen, lehnte der Gemeinderat schließlich ab. Die Entscheidung fiel mit vier Stimmen von Bürgermeister Manfred Reithmeier, Jürgen Zott, Simone Tischer und Sophia Schuster (alle UWR) für einen Stopp der Erweiterung und sieben Gegenstimmen – alle Gemeinderäte der NRL/FWG plus parteifreies Mitglied Bernd Stawiarski und Rupert Riedl (UWR). Reithmeier kündigte an, sich um einen Termin bei der Regierung von Oberbayern zu bemühen.