Veranstaltung in Prien am Chiemsee
Tag der Begegnung: Austausch mit Betroffenen – so will die Kirche ihren Missbrauchs-Opfern helfen
Sie haben Schlimmes erlebt, worüber sie jahrelang geschwiegen haben: Doch wie können Betroffene von sexuellem Missbrauch in der Kirche ihr Leiden aufarbeiten? Die Erzdiözese München-Freising setzt in Prien jetzt auf den gemeinsamen Austausch.
Prien – „Gut, dass Ihr da seid. Gut, dass solche Begegnungen möglich sind“, sagte Kardinal Marx im König-Ludwig-Saal in Prien. Die Erzdiözese München und Freising hatte dort am Samstag, 28. Oktober zum „2. Tag der Begegnung“ eingeladen. Wie das Wort „Begegnung“ schon sagt, ging es um den gemeinsamen Austausch. Jedoch zu einem sehr schwierigen Thema: Sexueller Missbrauch.
Die Veranstaltung richtete sich besonders an Menschen, die als Kinder oder Jugendliche sexuellen Missbrauch durch Mitarbeitende der Erzdiözese München und Freising erfahren haben. „Wir möchten erfahren, was Sie bewegt und wie wir als Verantwortliche in der Kirche Ihnen konkret helfen können“, so Kardinal Marx in seinem Einladungsschreiben an die Betroffenen. Mehr als 30 Menschen nahmen das Angebot wahr, heißt es in einer Pressemitteilung des Erzbischöflichen Ordinariats in München.
Infos über Ergebnisse und Herausforderungen
Die Unabhängige Aufarbeitungskommission (UAK) für sexuellen Missbrauch in der Erzdiözese München und Freising hatte im September 2022 zum ersten Mal zu einem Tag der Begegnung eingeladen. Damals in die Hanns-Seidel-Stiftung in München. Nach den positiven Rückmeldungen entschieden sich die Verantwortlichen die Veranstaltung in Prien zu organisieren.
Im Namen der gesamten Erzdiözese München und Freising dankten Kardinal Reinhard Marx, Generalvikar Christoph Klingan und Amtschefin Stephanie Herrmann den Betroffenen für deren Mitwirken. Kardinal Marx machte deutlich: „Wir müssen auf dem Weg der Aufarbeitung und Prävention gemeinsam weitergehen.“ Dafür brauche es Formen der Begegnung, des Miteinanders, des Austausches, des Festes, des Weinens und der Lebensfreude. „So wie Sie es möchten, wollen wir es Ihnen ermöglichen“, sagte Marx zu den Teilnehmern.
Auf dem Programm des 2. Tags der Begegnung standen Vorträge von Vertretern der Erzdiözese, des Betroffenenbeirats der Erzdiözese und der Unabhängigen Kommission. Sie informierten über die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in der Erzdiözese und über ihre jeweilige Arbeit. Ebenso ging es um Ergebnisse und Herausforderungen der Aufarbeitung der Missbrauchsgeschehnisse.
Einzelgespräche mit Marx und Betroffenem
Im Vordergrund stand aber der Austausch untereinander. Kardinal Marx stand für Einzelgespräche zur Verfügung, ebenso Generalvikar Klingan und Amtschefin Herrmann. Auch weitere Ansprechpartner waren eingeladen und hatten Gespräche angeboten. Darunter zum Beispiel Kilian Semel, Leiter der Stabsstelle Seelsorge und Beratung für Betroffene von Missbrauch und Gewalt. Er ist auch selbst ein Betroffener.
Die katholische Kirche stand in jüngster Zeit immer wieder in Kritik. Betroffene beendeten ihr Schweigen und berichteten über schlimme Erfahrungen aus ihrer Kindheit und Jugend, in der sie sexuellen Missbrauch oder Gewalt durch kirchliche Würdenträger erfahren haben.
Es gleicht fast einer Kettenreaktion: Wenn sich einer öffentlich zu Wort meldet, fasst der nächste den Mut zu reden, und weiter. Unter Anderem berichteten Opfer über die Taten des Rosenheimer Missbrauchs-Pfarrer Greihansel. Auch im Dekanat Wasserburg soll es Missbrauchsfälle durch Geistliche gegeben haben. Unter anderem in Maitenbeth, wo Betroffene ihr Schweigen brachen.

