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„Regierung unternimmt nichts“

„Wir sind am Anschlag“: Pflegekräfte aus Wasserburg machen mobil – das haben sie vor

Gründungsmitglieder von „Rettet die Pflege Bayern e.V.“: Annemarie Wöhrle (Zweite Vorsitzende), Daniel Steffan (Erster Vorsitzender) und Anna Lechner (Kassenprüferin).
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Gründungsmitglieder von „Rettet die Pflege Bayern e.V.“: Annemarie Wöhrle (Zweite Vorsitzende), Daniel Steffan (Erster Vorsitzender) und Anna Lechner (Kassenprüferin).

Nachtdienst, Schichtarbeit, unzählige Überstunden: Der Notstand in der Pflege ist groß. Das erfahren Daniel Steffan, Anna Lechner und Annemarie Wöhrle aus Wasserburg täglich am eigenen Leib. Jetzt wollen sie das Problem selbst angehen. Das haben sie vor.

Wasserburg – Fachkräfte sind Mangelware, das ist allgemein bekannt. Die Personalnot ist groß, besonders in der Pflege. Das wissen auch Daniel Steffan, Stationsleiter im kbo-Inn-Salzach-Klinikum in Wasserburg, Anna Lechner, Gesundheits- und Krankenpflegerin, ebenfalls im kbo-Inn-Salzach-Klinikum und Annemarie Wöhrle, Gesundheits- und Krankenpflegerin an der Romed Klinik Wasserburg. Um der Personalnot entgegenzuwirken, haben sie und vier weitere Mitglieder – Martin Becker, Manfred Bicer, Alexandra Mosafa und Timo Cortes – einen neuen Verein gegründet: „Rettet die Pflege Bayern“.

Der Gedanke: Die Mitglieder wollen pro-aktiv auf Krankenhäuser, Altenheime und ambulante Pflegedienste zugehen, um durch Projekte und Angebote gezielt die Gesundheit von Fach- und Pflegekräften sowie Helfern zu erhalten und zu fördern. Es sollen verschiedene Kurse angeboten werden, zu Themen wie gesunde Ernährung trotz Schichtdienst, Vorbeugung von Schlafstörungen, Umgang mit Suchtmitteln, Entspannungs- und Ausgleichsmaßnahmen sowie Burn-Out-Prophylaxe, berichtet Steffan, der den Vorsitz des Vereins übernommen hat.

Kräfte sind „am Anschlag“

Für die zehn Mitglieder, die mittlerweile dem Verein „Rettet die Pflege Bayern“ angehören, eine dringende und notwendige Vorgehensweise, denn die Kräfte „sind am Anschlag“, wie Steffan weiß. Und die Belastung steige weiter: Nachtdienst, Schichtarbeit, unzählige Überstunden und eine hohe Verantwortung zeichne die Arbeit in der Pflege aus. Anna Lechner arbeitet in Teilzeit im Inn-Salzach-Klinikum. Bei ihr vergehe „keine Woche“, in der sie nicht mindestens ein Mal angerufen werde, ob sie einspringen könne. „Ich habe ein kleines Kind zuhause, mein Mann arbeitet ebenfalls im Krankenhaus. Wenn ich einspringen soll, dann muss ich erst einmal jemanden finden, der die Betreuung übernimmt. Gleichzeitig fällt es mir unheimlich schwer, Nein zu sagen. Ich weiß genau, wie es ist, wenn kein Personal da ist. Ich will meine Kollegen nicht hängen lassen“, erklärt die 37-jährige Wasserburgerin.

Bei Steffan sei es dasselbe. „Erst letztens ist ein Kollege ausgefallen. Ich habe dann nach meinem ‚normalen Arbeitstag‘ den Abenddienst übernommen, damit die nächste Kraft erst zur Nachtschicht kommen muss. Das ist keine Seltenheit“, sagt er. Um den Dienstplan zu erstellen, müsse er „viel jonglieren“.

Erschreckend finde er auch, wie viele Azubis ihre Lehre hinwerfen würden. Laut dem Deutschen Hilfswerk würden rund 30 Prozent der Auszubildenden in Pflegeberufen vorzeitig abbrechen. „Dieser Wert zählt branchenübergreifend zu den höchsten. Die Ursachen dafür sind häufig nicht in mangelnder Bezahlung zu suchen, schließlich ist die Ausbildungsvergütung in der Pflege vergleichsweise hoch“, so die Organisation weiter. „Im Endeffekt geht es uns aber ähnlich“, sagt Wöhrle. „Es hat mit Sicherheit jeder schon einmal daran gedacht, aufzuhören“, meint die 23-jährige Wasserburgerin. „Ich denke auch nicht, dass ich mein Leben lang in der Pflege arbeiten werde.“

„Die vergangenen Jahre – vor allem mit der Corona-Pandemie – haben allen massiv zugesetzt. Es war Wahnsinn, was uns abverlangt wurde“, verdeutlicht Wöhrle. „Doch danach ist gar nichts passiert. Die Regierung unternimmt nichts gegen den Fachkräftemangel. Wir strampeln tagtäglich und sehen keine Verbesserung“, sagt Steffan. Deswegen auch die Vereinsgründung. Auf die Idee sind Steffan und Wöhrle gekommen, als sie an einer Spendenbox vorbeigelaufen sind. „Wir haben uns gedacht: Schön, wenn die Leute spenden. Trotzdem: Für uns Pflegekräfte hat Applaus während der Pandemie gereicht.“

„Ein Schritt in die richtige Richtung“

Doch das soll sich jetzt ändern. Der Verein will dem Personal etwas zurückgeben. „Für uns ist es ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn wir das Gesundheitssystem nicht ändern können. So wollen wir mit verschiedenen Angeboten und Projekten die Pflegekräfte unterstützen, die noch übrig sind“, sagt der Stationsleiter. Momentan sind die Mitglieder im Gespräch mit mehreren Einrichtungen im Landkreis Rosenheim und Mühldorf, um den Unterstützungsbedarf festzustellen. Die Resonanz sei „sehr positiv“, berichtet Steffan.

Obwohl die Mitglieder alle ehrenamtlich arbeiten, kosten die geplanten Projekte, Kurse und Angebote natürlich Geld. Da sich der Verein ausschließlich durch Spenden finanziert, werden nun Sponsoren und Geldgeber dafür gesucht. Mehr Infos, um den Verein zu unterstützen gibt es unter www.rettetdiepflege.de oder per Email an Vorstand@rettetdiepflege.de.

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