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Neuer Shuttleservice

„Geburtsfehler“ gelöst? Warum eine Testfahrt mit dem Wasserburger Klinikbus zur Odyssee wurde

Langes Warten an der Haltestelle: Für Reporterin Sophia Huber dauerte die Testfahrt mit dem Klinikbus.
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Wasserburger Klinikbus getestet: So war die Fahrt für Reporterin Sophia Huber.

Ein Besuch im neuen Großklinikum in Wasserburg ist für viele Bürger ein Kraftakt. Vor allem die extrem langen Wege sind für Gehbehinderte kaum zu meistern. Der neue Klinikbus, der seit August fährt, soll Abhilfe schaffen. Doch weit gefehlt. Eine Testfahrt zeigt, wo es hakt.

Wasserburg – Er sollte das Anbindungsproblem für den Neubau der Romed-Klinik und für das Inn-Salzach-Klinikum lösen: der neue Klinikbus. Seit Anfang August verkehrt er zwischen der Haltestelle von Stadtbus und den überregionalen Linien „Gabersee, ISK“ und dem Klinikgelände. Damit sollte der Shuttleservice die Lücke schließen, die langen Wege verkürzen und endlich auch für Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, eine Möglichkeit bieten, das Klinikgelände zu erreichen. Ein Problem, das vor allem der Wasserburger Behindertenbeirat immer wieder kritisiert hatte. Doch für Reporterin Sophia Huber wurde aus der Testfahrt beinahe eine Odyssee.

Was lange währt, wird endlich gut, sollte man meinen. Lange genug, um sich eine vernünftige Lösung für das Anbindungsproblem an den öffentlichen Nahverkehr zu überlegen, hätten die Wasserburger Kliniken in jedem Fall Zeit gehabt. Denn schon lange vor dem Umzug im Dezember 2022 war klar, dass es Probleme mit der Busverbindung geben wird. Bürgermeister Michael Kölbl bezeichnete das Problem gar als „Geburtsfehler“.

Wer Schuld an dem Dilemma hat, ist bis heute nicht ganz geklärt. Viele Akteure spielen eine Rolle. Doch egal, wer verantwortlich ist für das eigentliche Problem, Tatsache ist: Nach Monaten der Überlegung verkündeten die Wasserburger Krankenhäuser erst vor Kurzem stolz die Lösung: der Klinikbus.

Der Klinikbus fährt über das Gelände der Wasserburger Krankenhäuser. Barrierefrei ist der VW-Bus aber nicht.

Alle halbe Stunde soll er fahren und Besucher, Angehörige und Patienten zum Haupteingang, zum Parkplatz, zur Tagesklinik, zur HNO-Praxis und zum Festsaal bringen – so steht es zumindest auf der Webseite der Romed-Kliniken. „Der Bus fährt im 30-Minuten-Takt sechs verschiedene Haltestellen auf unserem Gelände an und bringt Sie sicher an Ihr Ziel“, heißt es dort. Grundsätzlich eine gute Idee, finde ich, das weitläufige Gelände gleich mit mehreren Haltestellen zu versehen. Auch wenn die Bezeichnung für die erste Haltstelle „Am Kreisverkehr“ etwas unglücklich gewählt ist, denn für Ortsfremde könnte nur schwer ersichtlich sein, dass es sich dabei um die Bushaltestelle „Gabersee, ISK“ handelt.

Lange Wartezeit

Mit dem Stadtbus fahre ich dorthin und steige um 9.46 Uhr aus. Dass ich am richtigen Ort bin, bestätigt mir ein großes Plakat im Schaukasten: „Klinikbus-Haltestelle“. Noch ein Blick auf die Abfahrtszeiten, um 50 und um 20 nach fahren die Busse, steht hier. Wunderbar, nur vier Minuten Wartezeit, das ist ja gut abgestimmt auf den Stadtbus, denke ich und setze mich auf die Wartebank. Spätestens um 9.55 Uhr werde ich stutzig. Habe ich den Bus etwa verpasst? Fährt er auf der anderen Straßenseite ab? Kommt er gar nicht?

Ein weiterer Fahrgast, der auf den Klinikbus gewartet hat, entschließt sich, zum Krankenhaus zu laufen. Ich wechsle die Straßenseite und warte erneut, dort hängt das gleiche Plakat. Ich setze mich wieder – und warte. Als der Bus um 10.20 Uhr – also über 30 Minuten später – immer noch nicht da ist, werfe ich nochmal einen Blick auf die Abfahrtszeiten. „Fahrzeiten: Montag bis Freitag alle 30 Minuten von 09:00 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 16:30 Uhr.“ Habe ich mich etwa im Tag geirrt? Nein, es ist Mittwoch, kein Feiertag. Der Bus müsste fahren. Hätte ich mich etwa anmelden müssen?

Angaben dazu sehe ich nicht, in der Ecke des Plakats finde ich aber einen kleinen Hinweis. „Zusätzlicher Fahrservice“, heißt es dort. „Sie sind nur eingeschränkt mobil oder benötigen zusätzliche Hilfe beim Transport? Unter 08071 - 71-123 erreichen Sie von 09:00 bis 12:00 und 13:00 bis 16:30 Uhr unseren Fahrservice“. Nein, zusätzliche Hilfe brauche ich eigentlich nicht, ich bin nicht eingeschränkt in meiner Mobilität. Kurz entschlossen rufe ich aber dennoch an. Vielleicht kann mir dort wenigstens jemand sagen, ob der Bus überhaupt fährt.

Barrierefreiheit: Fehlanzeige

Wenige Sekunden später meldet sich eine nette Männerstimme am anderen Ende: „Klinikbus.“ Ich erkläre, dass ich gerne zum Krankenhaus fahren würde. „Wo stehen Sie denn?“, fragt der Mann am anderen Ende der Leitung. „Am Kreisverkehr?“ Ich bejahe. „Okay, ich bin in drei Minuten da.“ Das Versprechen hält er ein, keine drei Minuten später steht der kleine weiße VW-Bus vor mir. Der Fahrer erklärt mir, dass der Bus die Haltestelle am Kreisverkehr nur auf Anruf hin anfährt. „Das lohnt sich nicht, die meisten Leute warten hier auf den Stadtbus.“ Aha. Wäre aber schön gewesen, wenn dieser Hinweis auch irgendwo gestanden hätte. Wie Menschen den Bus erreichen sollen, die kein Handy dabei haben, schwerhörig, gehörlos oder blind sind, frage ich erst gar nicht.

Mit diesem Plakat werden die Abfahrtszeiten des Klinikbusses beworben. Wer aber damit fahren will, sollte sich bei der angegeben Telefonnummer anmelden, sonst dauert das Warten unter Umständen länger.

Immerhin, der Busfahrer ist nett, öffnet mir die Tür und begrüßt mich freundlich. Ich steige in den Bus ein und wundere mich. Es ist eng, für mich kein Problem. Wie gesagt, ich bin nicht eingeschränkt. Aber schon Krücken würden hier viel Platz wegnehmen. Barrierefreiheit? Fehlanzeige. Und dann stellt sich für mich eine große Frage: „Was machen Sie denn, wenn Sie Rollstuhlfahrer oder Menschen mit einem Rollator fahren müssen?“, erkundige ich mich. „Mit dem Rollator geht es“, sagt der Busfahrer, die Gehhilfe könne er ohne Probleme in den Kofferraum unterbringen. Rollstuhlfahrer müssten selbstständig einsteigen können, ansonsten komme der klinikeigene Krankenwagen, um sie zum Zielort bringen, erklärt mir der Fahrer. Ich frage mich, wie es sich wohl für den Rollstuhlfahrer anfühlt, wenn extra der Krankenwagen angefordert werden muss. Mit Inklusion hat das meiner Meinung nach nichts zu tun.

Sicher am Ziel angekommen

Die Fahrt mit dem Klinikbus geht endlich los. Über den Parkplatz, zwischen den Gebäuden, rangiert der Busfahrer geschickt durch und bringt mich sicher an mein Ziel, den Romed-Neubau. Immerhin konnte dieses Versprechen eingehalten werden. Leider war es aber alles andere als schnell, mit Wartezeit habe ich insgesamt etwa eine Stunde für die fünf Kilometer von mir daheim bis zur Klinik gebraucht.

Mein Fazit: Die Idee des Shuttle-Service finde ich grundsätzlich gut. Aber es hapert noch an der Ausführung. Es herrscht unverständliche Kommunikation an der Haltestelle am Kreisverkehr. Außerdem gibt es keine Barrierefreiheit im Hinblick darauf, dass am Haltepunkt angerufen werden muss und dass der VW-Bus nicht behindertengerecht ist. Aber: Der Busfahrer war sehr bemüht, mich an den richtigen Ort zu bringen und mir bei der Navigation über das Klinikgelände zu helfen.

Das sagen die Romed-Klinik und das Inn-Salzach-Klinikum

Auf Anfrage erklären Romed und kbo-Inn-Salzach-Klinikum in einer gemeinsamen Pressemitteilung: „Der auf dem Aushang kommunizierte Fahrplan wird so eingehalten. Da unsere Fahrer aber auch immer bereit sind, Klinikbesucher auf ihrem Weg zum Klinikum zwischen den Haltestellen mitzunehmen und Hilfestellungen zu leisten, kommt es manchmal zu kurzen Verzögerungen im Ablauf. Dass ein Bus nicht immer auf die Minute pünktlich sein kann, kennt aber wohl jeder von uns aus seinem Alltag“, erklärt Pressesprecherin Franziska Amann. „Zudem achten unsere Busfahrer auch auf den Anschluss zum Wasserburger Stadtbus. Verspätet sich dieser, kann das auch beim Klinikbus zu Verzögerungen führen.“

Mit der Telefonhotline würden die Kliniken einen „doppelten Service“ – planmäßiger Klinikbus plus zusätzlicher individueller Abholservice – für alle Patienten, Angehörigen und Besuchern anbieten.

Wie Amann erklärt, sei der Klinikbus zudem so ausgestattet, „dass jeder zusammenklappbare Rollstuhl mitgenommen werden kann.“ Für alle weiteren Bedürfnisse gebe es eigene Transportmöglichkeiten, auf die beim individuellen Anrufservice eigens hingewiesen würden. Eine aussagekräftige Erhebung der Fahrgastzahlen könne noch nicht getroffen werden. „Was sich aber bereits sagen lässt, ist, dass das Busangebot bereits jetzt gut angenommen wird“, so Amann. Auch von den Nutzern des Busses würden den Kliniken viele positive Rückmeldungen zugetragen werden.

„Darunter auch Thomas Waldvogel, Beauftragter des Landkreises Rosenheim für die Belange älterer Menschen, den wir an dieser Stelle zitieren dürfen:

Ich durfte mich in meiner Funktion als Beauftragter des Landkreises Rosenheim für die Belange älterer Menschen bei einer Probefahrt Anfang August 2023 bereits selbst vom Klinikbus der RoMed Klinik und des kbo-Inn-Salzach-Klinikums überzeugen. Mir ist hierbei sehr positiv aufgefallen, wie hilfsbereit sowie umsichtig auf einzelne Wünsche und Bedürfnisse der Passagiere durch die Fahrer bei diesem Shuttleservice eingegangen wird. So werden beispielsweise auch Passagiere vom Shuttlebusfahrer beachtet, welche sich nicht direkt an den regulär ausgeschilderten Haltestellen befinden, sondern erkennbar suchend auf eine entsprechende Mitfahrgelegenheit auf dem weitläufigen Parkplatzgelände warten. Ich stehe derzeit immer wieder in einem guten Austausch mit beiden Kliniken und es ist hierbei erkennbar, dass mit Offenheit auf die gemachten Anregungen der verschiedenen Interessenvertreter der Behinderten- und Seniorenarbeit versucht wird einzugehen und diese Anregungen auch praktisch umzusetzen.

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