So reagieren Sie nach Hundebiss richtig
Nach Biss-Attacke in Pfaffing: PETA fordert Hundeführerschein – was Experten dazu sagen
Ein Hundebiss in Pfaffing hat PETA auf den Plan gerufen. Die Tierrechtsorganisation fordert einen verpflichtenden Hundeführerschein in Bayern. Warum nicht alle Hunde-Experten der Region glühende Verfechter der Idee sind.
Pfaffing – Ein Hunde-Biss in Pfaffing hat die Tierrechtsorganisation PETA auf den Plan gerufen. Hintergrund ist ein Vorfall von Anfang März, der aber erst jetzt über eine Pressemitteilung der Polizei Wasserburg bekannt wurde.
Wie die Beamten mitteilen, war ein 81-jähriger Pfaffinger Anfang März auf einem Feldweg in Richtung Unterübermoos bei Pfaffing mit seinem Mountainbike auf dem Feldweg unterwegs. Am Waldrand traf er auf eine Gruppe von mehreren Frauen. Als er von seinem Fahrrad abstieg, sei er von einem frei laufenden Hund, einer schwarz-weißen Dogge, in die Hand gebissen worden. Bei der Halterin des Hundes handelte es sich laut Polizei um eine Frau aus der Gruppe.
Die Tierrechtsorganisation PETA fordert nun aufgrund des Vorfalls erneut die Einführung eines Hundeführerscheins in Bayern. „Meist liegt das Problem nicht bei den Hunden selbst, sondern bei ihren Halterinnen und Haltern“, erklärt Björn Thun, Fachreferent bei PETA in der Pressemitteilung. „Viele von ihnen haben Schwierigkeiten, das Verhalten, die Signale und die Körpersprache der Vierbeiner richtig zu interpretieren und zu verstehen.“ Die eigentliche Ursache von Beißvorfällen sei somit in der Unwissenheit der Menschen zu suchen, nicht beim Tier, so Thun weiter.
Hundeführerschein mit Theoriekurs und Praxisseminar
Eine Einführung eines verpflichtenden Hundeführerscheins sei deshalb laut PETA sinnvoll. Ein solcher Nachweis könne sicherstellen, dass Menschen, die Hunde halten, fachkundig mit ihrem Tier umgehen und die Signale des Vierbeiners richtig deuten. Zumal eine funktionierende Kommunikation zwischen Hund und Halter unerlässlich sei, um Beißvorfälle zu verhindern, findet die Tierschutzorganisation.
Künftige Hundehalter sollten einen Theoriekurs absolvieren, bevor sie sich das Tier ins Haus holen. So würden sich die Besitzer das notwendige Fachwissen über eine tiergerechte Haltung erwerben. Anschließend fordert PETA ein gemeinsames, obligatorisches Praxisseminar in einer Hundeschule. Mit einem solchen Nachweis könnten auch Menschen von einem Impulskauf von Hunden abhalten, glaubt die Organisation.
Viele Neubesitzer überfordert
Nicht alle Experten der Region sind allerdings so glühende Verfechter eines Hundeführerscheins wie die Tierrechtsorganisation. „Grundsätzlich bin ich total dafür“, sagt Gabi Sinicki von der Hundeschule „Die Hundeexperten“ in Edling. Sie halte es insbesondere für sinnvoll, wenn sich Personen vor der Anschaffung eines Tieres mit den Bedürfnissen dieser genauer auseinandersetzen würden. Denn ihrer Erfahrung nach würden gerade neue Hundebesitzer den Aufwand unterschätzen. „Ich hatte schon Leute weinend auf dem Hundeplatz stehen“, sagt sie. Dann gebe es zwei Möglichkeiten: „Entweder die Leute stellen sich der Herausforderung und lernen mit dem Hund oder sie lassen es laufen. Die Konsequenz: So können sich ungute Verhaltensweisen bei den Tieren einschleichen“, so Sinicki. Ein Führerschein sei also ihrer Meinung nach eine Chance, dass künftige Hundehalter sich der großen Verantwortung bewusster werden.
Allerdings sieht Sinicki darin noch viele Unklarheiten, die zu klären seien. „Was würde man da abfragen? Wann muss der Nachweis erbracht werden? Was passiert, wenn ich den Test für den Hundeführerschein nicht bestehe?“, zählt sie die Fragen auf. Zudem gebe es noch eine weitere große Hürde, denn: „Es gibt auch keine geregelte Berufsausbildung für Hundetrainer“, sagt sie. Lediglich eine Prüfung beim Veterinäramt müsse abgelegt werden, die allerdings von Behörde zu Behörde sehr unterschiedlich gestaltet sei. Heißt: Sollten Hundeschulen für den Führerschein trainieren und diesen ausstellen dürfen, wie auch von PETA gefordert, müsse nach Meinung von Sinicki, erst einmal eine geregelte Ausbildung bei Hundetrainern selbst geschaffen werden.
Unklarheiten werfen Fragen auf
Ähnlich sieht es auch Doris Borowicz-Lichtmannegger, Inhaberin der Hundeschule „Jacko“ in Eiselfing. Sie sagt: „Schaden würde ein Hundeführerschein nicht.“ Es wäre ein Vorteil für die Hunde, wenn gerate neue Halter besser geschult seien. Allerdings sieht auch sie viele Unklarheiten und Fragen, wer diesen Nachweis wann ablegen müsse. „Ich könnte mir als Alternative vorstellen, dass ein Nachweis erbracht werden muss, wenn der Hund auffällig wird“, sagt Borowicz-Lichtmannegger. Sie sagt allerdings auch: „Ob die Biss-Attacke in Pfaffing dadurch hätte vermieden werden können, ist fraglich.“ Immerhin seien Hunde trotz allem Lebewesen, die unterschiedlich reagieren würden.
Noch einmal kritischer sieht Andrea Thomas vom Tierschutzverein Rosenheim einen verpflichtenden Hundeführerschein. „Ich frage mich: Wo fängt es an, wo hört es auf? Mit welchen Auflagen ist die Einführung verbunden?“ Auch die Organisationsstrukturen und Finanzierung sei ungeklärt. Zudem sei fraglich, für welche Rassen es tatsächlich einen Hundeführerschein brauche. „Brauche ich diesen Nachweis auch für einen kleinen Yorkshire-Terrier?“ Wer beim Tierheim Rosenheim Interesse an einem Hund habe, müsse ohnehin mit Hundeverhaltenstherapeutin des Tierheims eine Annäherung an den Hund vornehmen, bevor es zur Adoption komme. Das könne unter Umständen auch mehrere Wochen dauern, so Thomas.
Hundebiss: „Unbedingt zum Arzt“
Laut Pressemitteilung der Wasserburger Polizei erlitt der Mann durch den Hunde-Biss an seiner Hand eine kleine Wunde. Diese habe sich – ohne weitere ärztliche Untersuchung – später infiziert. Matthias Baumann, Tierarzt aus Wasserburg, empfiehlt deswegen: „Immer und unbedingt zum Arzt gehen. Egal, ob Mensch, Hund, Katze oder Pferd: Bei jedem Biss sofort den Arzt aufsuchen oder ins Krankenhaus fahren, und zwar am selben Tag“, betont der Tierarzt. Im Mund des Menschen sowie im Maul des Tieres würden sich gefährliche Keime befinden. „Das ist nicht zu unterschätzen“, erklärt er. „Hier gilt höchste Alarmbereitschaft. Die Wunde muss gereinigt und der Patient mit Antibiotika versorgt werden.“