Gemeinde Gstadt weist Kritik zurück
Chiemseewirt bangt nach Pachterhöhung um Zukunft: „Erpressung“ oder „marktgerecht“?
Christian Stern vom Chiemseewirt bei Gstadt kämpft: Steigende Kosten erschweren den Betrieb. Und zu Jahresbeginn hat die Gemeinde auch noch die Pacht erhöht. Was das für die Zukunft des Betriebs bedeutet – und wie sich Bürgermeister Hainz dazu äußert.
Gstadt – Steigende Preise, Personalmangel, und mit Beginn des neuen Jahres kam noch eine weitere Herausforderung für die Gastronomie hinzu: Die Mehrwertsteuer auf Speisen wurde wieder auf das Vor-Corona-Niveau von 19 Prozent erhöht. Diese Probleme zwingen viele Betreiber in die Knie. Die Folge: Einige können ihren Betrieb nicht mehr aufrechterhalten und müssen schließen.
„Insbesondere die Erhöhung der Mehrwertsteuer, sowie zuletzt im Dezember Maut- und Co2-Aufschläge, wirken wie ein Brandbeschleuniger und trüben den Ausblick weiter ein“, sagt Christian Stern, Betreiber des Wirtshauses „Der Chiemseewirt“ im Ortsteil Gollenshausen.
Pachterhöhung des Chiemseewirts sorgt bei Stern für Unverständnis
Doch für ihn kommt jetzt noch eine weitere Hürde hinzu. Die Gemeinde Gstadt, der das Wirtshaus gehört, hat zum 1. Januar auch noch die Pacht erhöht. Und zwar um 20 Prozent. Als Begründung dieser Mieterhöhung seien wesentliche Sanierungs- und Unterhaltsmaßnahmen angeführt worden. „Diese haben aber nicht stattgefunden“, betont Stern. Lediglich ein einsturzgefährdeter Schuppen wurde repariert und eine defekte Steuerung der zehn Jahre alten Ölheizung ersetzt. „Es wurden aber dadurch keine zusätzlichen Lagerflächen geschaffen und für die Reparatur der alten Ölheizung ist der Vermieter zuständig“, sagt Stern.
Ebenso verärgert zeigt er sich über die Frist der Verwaltung, in der er die Erhöhung akzeptieren musste. „Mit einer Bedenkzeit von nur sieben Tagen mussten wir dieser Erhöhung zustimmen, da ansonsten zum März 2024 mit der Kündigung des Pachtverhältnisses, und damit auch der Wohnung der Betreiber, gedroht wurde“, sagt Stern gegenüber der Chiemgau Zeitung. „Für mich gleicht das einer Art Erpressung.“
Fast fünf Jahre hat Stern die Pacht bereits inne. „Wir machen den meisten Umsatz über die Sommermonate. Und da arbeiten wir so, dass wir für den Winter vorsorgen“, teilt Stern mit. Da aber auch er vom Personalmangel betroffen sei, falle es ihm schwer, in den Sommermonaten die nötigen Kosten für den Winter zu erwirtschaften. Und mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer und der Pacht um so mehr.
Erhöhung der Pacht eine „marktgerechte Anpassung“
Auch Bernhard Hainz, Bürgermeister der Gemeinde Gstadt äußert sich gegenüber der Chiemgau Zeitung zu der Pachterhöhung. Er weist darauf hin, dass diese zum Jahresbeginn erstmals seit Bestehen des Pachtvertrages stattgefunden habe. So betrug die Pacht vor Jahresbeginn 1800 Euro Netto im Monat. Darin enthalten seien die Pacht für die Wirtschaft und auch eine Dienstwohnung. Seit dem 1. Januar liege die Pacht nun bei 2150 Euro Netto. „Das war nicht mein alleiniger Wunsch, sondern es war die Entscheidung des Gemeinderats“, sagt Hainz.
Als Gründe nennt auch der Bürgermeister diverse Reparaturen und Sanierungsmaßnahmen im Bestand, die bislang nicht umgelegt wurden. Er zählt aber auch die Schaffung eines zusätzlichen Lagerraums sowie das Zugestehen weiterer Ausschankflächen hinzu. Außerdem sei der Pachtvertrag nicht indexiert, also nicht an die enorm gestiegenen Lebenshaltungskosten der letzten Jahre gebunden. „Die jetzige Erhöhung stellt unseres Erachtens eine zumindest marktgerechte Anpassung dar“, sagt Hainz.
Insgesamt sind derzeit drei gastronomische Betriebe im Besitz der Gemeinde Gstadt, welche allesamt verpachtet sind, informiert Hainz. Auch dort mussten bzw. müssen die Pachten von Zeit zu Zeit angepasst werden. Hier habe es aber bisher keine Einwände gegeben, dass sie ihren Betrieb nicht mehr stemmen können. „Wir schauen da schon auch auf die Verträglichkeit“, betont Hainz.
Chiemseewirt voraussichtlich nur noch bis Herbst geöffnet
Für Stern rücke die Zukunft des „Chiemseewirts“ jedoch ins Ungewisse. „Aufgrund der massiv gestiegenen Kosten müssen wir den Geschäftsbetrieb voraussichtlich im Herbst einstellen“, sagt Stern. Da laufe der Pachtvertrag aus. Zwar habe er Gstadts Bürgermeister Hainz um eine Anhörung zur Problematik im Gemeinderat gebeten, „diese Bitte wurde aber ausgeschlagen.“
Bürgermeister Hainz räumt ein: „Vielleicht war es etwas unglücklich, die Pacht mit der Mehrwertsteuer-Erhöhung zu erhöhen. Wir werden prüfen, ob die Pachterhöhung erst zum 1. März greifen kann.“ Das letzte Wort habe aber der Gemeinderat. Hainz betont auch, er stehe für weitere Gespräche in der Verwaltungsgemeinschaft bereit. „Wir wollen natürlich auch im vertretbaren Rahmen unterstützen. Es ist mir wichtig, dass die Kommunikation stimmt.“ Das Team des Chiemseewirts sei bereits in Gesprächen mit alternativen regionalen Verpächtern, wie Stern mitteilt, dennoch sei er aber auch für weitere Gespräche mit der Verwaltungsgemeinschaft bereit.