Kommunen dürfen Einsatz in Rechnung stellen
Nach vorsätzlicher Brandstiftung in Beyharting: Wer muss Einsatz von 135 Rettern bezahlen?
135 Rettungskräfte waren in Beyharting im Einsatz, um den Brand im alten Gasthof zu löschen. Da es sich um vorsätzliche Brandstiftung handelte, können die Gemeinden den Feuerwehr-Einsatz in Rechnung stellen. Aber wer muss dafür bezahlen? Was die Kommunen dazu sagen.
Tuntenhausen – Noch liegt der Brand des altes Gasthofes in Beyharting (10. Oktober) nur wenige Tage zurück. Noch hatten die 135 Rettungskräfte von neun Feuerwehren und Rettungsdienst gar keine Zeit, neben Arbeit und Ehrenamt ihre Einsatzberichte zu schreiben. Keine der betroffenen Gemeinden konnte bisher eine Rechnung schreiben. Trotzdem ist klar: Sie können es und sie müssen es tun.
Brandeinsätze sind grundsätzlich kostenfrei
„Grundsätzlich sind Brandeinsätze kostenfrei“, erklärt Kreisbrandrat Richard Schrank. Die nachbarschaftliche Hilfe der Feuerwehren sei selbstverständlich und im Bayerischen Feuerwehrgesetz als „überörtliche Hilfe der gemeindlichen Feuerwehren“ klar geregelt. Demnach sind die Feuerwehren verpflichtet, bei Bedarf auch außerhalb ihres Gemeindegebietes Hilfe zu leisten. Bis zu einer Entfernung von 15 Kilometern ist diese Hilfe kostenlos. „Das gilt aber nicht, wenn es sich um vorsätzliche Brandstiftung handelt. Dann kann eine Kommune Schadenersatz verlangen“, informiert Schrank.
Bei vorsätzlicher Brandstiftung wird‘s teuer
„Wer eine Gefahr vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, haftet für die Einsatzkosten“, erklärt Wilfried Schober, Direktor des Bayerischen Gemeindetages. Zwar sei im Feuerwehrgesetz die Schuldfähigkeit von Kindern nicht definiert. Hier greife aber das Bürgerliche Gesetzbuch. „Im Paragraph 828 ist geregelt, dass Kinder, die älter als sechs Jahre sind, schuldfähig sind. Das heißt also im konkreten Fall, dass die Kinder für den Schaden haften, da sie bereits zwölf Jahre alt sind.“
Einsatz wurde noch nicht abgerechnet
„Wir haben noch keine Einsatzberichte erhalten“, informiert Christine Kiener auf OVB-Anfrage. Sie ist in der Gemeindeverwaltung Tuntenhausen für Feuerwehrangelegenheiten zuständig. Im Einsatz waren die Feuerwehren aus Beyharting, Schönau, Tuntenhausen und Ostermünchen. Ihr Aufwandsersatz wird auf Grundlage der „Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren“ berechnet.
Neben den Einsatzberichten sind die Ermittlungsergebnisse der Polizei ausschlaggebend für das weitere Prozedere. Von der Staatsanwaltschaft erfahren die Kommunen auf Nachfrage, wer als Verursacher des Brandes ermittelt wurde. „Grundsätzlich gilt das Prinzip der Billigkeitsprüfung“, betont Christine Kiener: „Der Verursacher darf nicht in seiner Existenz bedroht werden.“ Im Feuerwehrgesetz sei geregelt, dass „auf Aufwendungsersatz verzichtet werden soll, wenn eine Inanspruchnahme der Billigkeit widerspräche“. Das bedeutet konkret: Einzelfälle müssen geprüft und Härtefälle vermieden werden.
„Ob die Gemeinde Tuntenhausen ihre Kosten umlegt, wird zu gegebener Zeit entschieden“, betont Kiener. Alle anderen am Einsatz beteiligten Partner – Landratsamt Rosenheim, die Marktgemeinde Bruckmühl und die Stadt Bad Aibling sowie Rettungsdienst und Polizei – müssten das in eigener Regie entscheiden.
Kostenumlage wird geprüft
Auch in Bad Aibling werde das erst noch geprüft, informiert Feuerwehr-Kommandant Reinhard Huber. Im Einsatz waren die Feuerwehren Bad Aibling und Mietraching. Die Aufwendungen der Unterstützungsgruppe örtliche Einsatzleitung – bestehend aus Kolbermoorer Kameraden – und des Gerätewagens Atemschutz von der Feuerwehr Rosenheim könnten von der Landkreisfeuerwehr beziehungsweise dem Landratsamt Rosenheim in Rechnung gestellt werden.
Kinder sind ab sieben Jahren „schuldfähig“
Doch wie verhalten sich die Kommunen in einem Fall, in dem der Brand von Kindern verursacht wurde? „Kinder sind nach dem Strafgesetzbuch zwar erst ab einem Alter von 14 Jahren straffähig, aber nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch bereits ab einem Alter von sieben Jahren schuldfähig“, erklärt Silvia Mischi, Pressesprecherin der Marktgemeinde Bruckmühl und ergänzt: „Die Schuldfähigkeit regelt den Kostenersatz.“ Basierend darauf und gemäß den Ermittlungen der Polizei nach dem oder den Schuldigen erfolge dann von der Kommune ein Kostenbescheid über den Einsatz der Feuerwehr.
Kinder sind die Kostenschuldner
„Zum Kostenersatz werden nicht die Eltern, sondern die Kinder herangezogen“, erklärt der Direktor des Bayerischen Gemeindetages. Sie würden von allen Kommunen, deren Rettungskräfte am Einsatz beteiligt waren, einen Kostenbescheid erhalten. „Kostenschuldner ist das Kind“, macht Schober klar. Doch was bedeutet das? „Zum einen könnten die Eltern die Kosten übernehmen. Wenn sie das ablehnen, bleibt das Kind in der Pflicht.“ Dann gebe es verschiedene Möglichkeiten, wie die Kommunen ihre finanziellen Forderungen geltend machen können. „Es ist möglich, die finanzielle Forderung so lange auszusetzen, bis das Kind ein eigenes Einkommen hat und dann einen Teil des Einkommens zu pfänden. Sie können mit dem Kind und seinen Erziehungsberechtigten aber auch eine Ratenzahlung vereinbaren und beispielsweise einen Teil des monatlichen Taschengeldes einfordern“, beschreibt Schober: „Die Kinder müssen für die Folgen ihres Handelns aufkommen.“
Kommunen dürfen kein Auge zudrücken
Auf keinen Fall könne eine Gemeinde beide Augen zudrücken und auf ihre Kosten verzichten, weil Kinder die Brandstifter waren. „Nach Artikel 61 und 62 der Bayerischen Gemeindeordnung ist eine Gemeinde dazu verpflichtet, sparsam und wirtschaftlich zu haushalten und alle Einnahmequellen auszuschöpfen. Darauf besteht der Staat und kontrolliert das auch“, betont Schober. Die Gemeinde habe im Rahmen ihres Ermessens lediglich die Möglichkeit, den Kostenschuldnern entgegenzukommen und auf einen Teil der Kosten zu verzichten. „Das kann der Gemeinderat oder der jeweilige Sachbearbeiter entscheiden“, so Schober.
Zu Einsatzkosten kann Schadensersatzforderung hinzukommen
Zu den Kosten für den Einsatz der Rettungskräfte können aber noch weitere Kosten hinzukommen: „Nach Zivilrecht kann der Eigentümer für den ihm entstandenen Schaden einen Schadensersatz verlangen“, erläutert Schober. Auch in diesem Fall wären die Kinder die Kostenschuldner. Für die Kostenübernahme gebe es aber noch eine weitere Möglichkeit: die Haftpflichtversicherung der Eltern. Doch bezahlt die Haftpflicht einen Schaden, der mit Vorsatz verursacht wurde? In einem Interview mit der Versicherungskammer Bayern werden wir diese Frage klären.