Feldkirchen-Westerhamer Bub (7) wiederbelebt
Große Freude – aber auch Angst: So plant Familie Zettel Finnis Heimkehr nach zehn Monaten Klinik
Drei Tage vor seinem 8. Geburtstag darf Finni Zettel aus Feldkirchen-Westerham, der sich nach einem Herzstillstand weiterhin in einem wachkoma-ähnlichen Zustand befindet, endlich nach Hause. Wieso diese Nachricht bei Finnis Familie für große Freude, aber auch für Ängste sorgt.
Feldkirchen-Westerham – Es sind Tage voller Vorfreude, aber auch voller Fragen und Ängste, was da auf sie zukommen wird: Familie Zettel aus Feldkirchen-Westerham wird in wenigen Tagen den kleinen Finni (7), der im Januar einen Herzstillstand erlitten hatte und sich seitdem in einem wachkoma-ähnlichen Zustand befindet, nach Hause holen. Nach zehn Monaten im Krankenhaus. „Es ist eine wunderschöne Nachricht“, sagt Mama Viktoria Zettel, die ihrem Buben auch im Krankenhaus nicht von der Seite gewichen ist. „Aber es macht uns auch richtig Angst, weil das für uns natürlich absolutes Neuland sein wird.“
Zehn Monate ist es mittlerweile her, dass das Ehepaar Zettel mit ihrem kleinen Sohn ein Krankenhaus in der Region aufgesucht hatte, nachdem der Bub schwere grippale Symptome zeigte und unter extremer Atemnot litt. Doch das Krankenhaus schickte das Ehepaar nach der Gabe von Cortison und Paracetamol wieder nach Hause. Nachdem sich der Zustand des Siebenjährigen über Nacht weiter verschlechtert hatte, wurde Familie Zettel erneut im Krankenhaus vorstellig und pochte nun auf eine eingehende Untersuchung des Buben.
Auswirkungen des Zusammenbruchs sind bis heute fatal
Doch noch bevor die Untersuchung abgeschlossen war, begann für Finnis Eltern, Viktoria und Mike Zettel (46), der blanke Horror: „Finni hat plötzlich keine Luft mehr bekommen, ist blau angelaufen und hat wild gestrampelt“, erinnert sich Mama Viktoria an die schrecklichsten Minuten ihres Lebens. Ein Todeskampf, der im Atem- und Herzstillstand des Siebenjährigen gipfelte. Erst nach zehn Minuten konnten die Ärzte das Herz des kleinen Patienten wieder zum Schlagen bringen. Doch die Auswirkungen des Kreislaufzusammenbruchs sind bis heute fatal: So kann Finni, der anschließend in die Schön-Klink nach Vogtareuth verlegt worden war und dort bis heute behandelt wird, weder gehen noch sprechen, sondern befindet sich weiterhin in einem wachkoma-ähnlichen Zustand.
Auch wenn Mama Viktoria, die zehn Monate lang fast jeden Tag bei Finni in der Klinik geschlafen hat, das Gefühl hat, „dass er in den vergangenen Wochen schon deutlich wacher und aufmerksamer“ geworden ist und „wirklich viele gute Momente hat“. Was sich in kleinen Episoden zeige. „Er streckt beispielsweise die Zunge raus, wenn man ihn dazu auffordert, und lacht richtig herzlich, wenn er gekitzelt wird“, sagt Viktoria Zettel.
Wobei sie auch die Kehrseite dieser eigentlich positiven Entwicklung nicht ausblenden kann. „Ich weiß ja nicht, wie viel er wirklich mitbekommt“, sagt die 35-Jährige. „Vielleicht ist es schlimmer, wenn ihm jetzt bewusst wird, was er derzeit nicht kann.“ Denn seitdem er wacher sei, „merke ich schon, dass bei ihm ganz viel Frust, Meckern und Motzen dabei ist“. Wobei sie natürlich hofft, dass „das auch ein großer innerer Ansporn für Finni sein kann und ihn das motiviert“. Zettel: „Kinder haben ja oftmals einen großen Kampfgeist und viel Ehrgeiz – und das hat Finni immer ausgezeichnet.“
Lukas und Paul freuen sich auf die Rückkehr ihres kleinen Bruders
Wobei der kleine Dinosaurier-Fan seinen Kampf zurück ins Leben bald zu Hause weiterführen darf. Am 10. Dezember, drei Tage vor seinem achten Geburtstag, darf Finni wieder nach Hause zu seinen großen Brüdern Lukas (17) und Paul (14) nach Feldkirchen-Westerham. „Die Jungs freuen sich wahnsinnig darauf.“ Und auch bei ihr und ihrem Mann sei die Freude riesig, auch „wenn wir damit natürlich den Schutz des Klinikums verlassen“. Zettel: „Wenn irgendwas mit Finni war, dann konnte ich klingeln und sofort war jemand da, der geholfen hat.“
Pop- und Jazzchor „OstBahnGroove“ gibt Spendenkonzert für Finni
Musikalische Unterstützung für den kleinen Finn Zettel (7) aus Feldkirchen-Westerham: Der Münchner Pop- und Jazzchor „OstBahnGroove“, der 2023 den Deutschen Chorwettbewerb gewonnen hatte, gibt am Sonntag, 8. Dezember, um 17 Uhr im Kultur- und Sportzentrum in Feldkirchen-Westerham ein Spendenkonzert für den Buben, der sich seit einem Atem- und Herzstillstand Mitte Januar in einem wachkoma-ähnlichen Zustand befindet. Tickets gibt es zum Preis von zwölf Euro – ermäßigt acht Euro – an der Abendkasse. Der gesamte Erlös kommt Familie Zettel zugute. Wer keine Zeit hat, zum Konzert zu kommen, aber dennoch für Finni spenden möchte, kann das auch an die Bankverbindung von Mama Viktoria Zettel (IBAN: DE93700202700042489123) tun. „Die Hilfsbereitschaft reißt nicht ab“, zeigt sich Zettel tief bewegt angesichts der zahlreichen Aktionen in der Region zugunsten ihres Sohnes.
In den kommenden Tagen geht es nun darum, das Zuhause bei Feldkirchen-Westerham so Finni-tauglich wie möglich zu machen. So ist der Treppenlift für den Rollstuhl zwar bereits eingebaut, doch noch fehlt beispielsweise die Sitzschale, damit der Bub auch sicher ins Obergeschoss transportiert werden kann. Auch der neue Rollstuhl, der aus Rostock kommt, ist nicht fertig, ebenso wie der Therapiestuhl, den die Krankenkasse zunächst abgelehnt hatte, später aber doch genehmigte. Ein Auto, in dem Finni samt riesigem Rollstuhl transportiert werden kann, hat die Familie, die mittlerweile selbst rund 100.000 Euro für Umbauten und Anschaffungen aufgebracht hat, bereits gefunden. Das Gefährt muss zwar noch ein bisschen angepasst werden, sollte aber rund um den Entlassungstermin zur Verfügung stehen.
Ein bisschen Angst hat Viktoria Zettel aber nicht nur davor, dass wichtige Hilfsmittel für Finnis Pflege nicht rechtzeitig geliefert werden. Sondern auch vor dem ersten Ausflug mit ihrem Buben in der Gemeinde. „Hier in der Schön-Klinik sind wir ja in einem geschützten Raum mit vielen kranken Kindern, hier wird man nicht angeglotzt“, sagt die 35-Jährige, die nicht weiß, wie die Menschen reagieren werden, wenn sie beispielsweise das erste Mal mit Finni im Rollstuhl im Supermarkt beim Einkaufen ist. „Ich weiß ja, dass die Leute das gar nicht böse meinen“, sagt Zettel. „Aber mir wäre es lieber, wenn sie mich einfach darauf ansprechen, als uns dann nur anzugaffen.“
Viktoria Zettel rechnet mit vielen Tränen zum Abschied aus der Schön-Klinik
Und noch etwas bereitet der 35-Jährigen ein paar Sorgen: der Abschied von der Schön-Klinik Vogtareuth. „Da werden viele Tränen fließen“, sagt Finns Mama. „Die tollen Menschen hier sind schließlich in den vergangenen zehn Monaten eine richtige Familie für mich geworden.“ So sei sie dem gesamten Personal der Einrichtung – von den Ärzten über die Therapeuten bis hin zu den Pflegekräften und Krankenschwestern – „aus tiefstem Herzen dankbar für alles, was sie für Finni und mich getan haben“.
So werden sicherlich am 13. Dezember, wenn Finn acht Jahre alt wird, viele Mitarbeiter der Klinik an ihren kleinen Ex-Patienten denken. Eine große Willkommensparty wird für den bald Achtjährigen aus gutem Grunde aber nicht geplant. „Ich glaube, es ist schon aufregend genug für Finni, wenn er wieder in seinem gewohnten Umfeld ist.“ Was für den kleinen Kämpfer auch sein wertvollstes Geburtstagsgeschenk sein dürfte.
