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Bub aus Feldkirchen-Westerham musste reanimiert werden

Kleiner Wirbelwind im Wachkoma: Finni Zettels (7) steiniger Weg zurück ins Leben

Kuscheln ist die beste Medizin: Viktoria Zettel aus Feldkirchen-Westerham und ihr siebenjähriger Sohn Finn, der sich seit Wochen in einem wachkoma-ähnlichen Zustand befindet und derzeit in der Schön-Klinik in Vogatreuth behandelt wird.
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Kuscheln ist die beste Medizin: Viktoria Zettel aus Feldkirchen-Westerham und ihr siebenjähriger Sohn Finn, der sich seit Wochen in einem wachkoma-ähnlichen Zustand befindet und derzeit in der Schön-Klinik in Vogtareuth behandelt wird.

Was mit leichten Halsschmerzen begann, endete im Wachkoma: Zehn Minuten war Finni Zettel (7) aus Feldkirchen-Westerham tot, eher er reanimiert werden konnte. Seitdem bestreitet der Bub gemeinsam mit seiner Familie den eigentlichen Kampf zurück ins Leben.

Feldkirchen-Westerham – Lustig. Mutig. Sensibel. Drei Eigenschaften, die Viktoria Zettel (34) sofort in den Sinn kommen, wenn von ihrem Sohn Finn, von allen liebevoll Finni genannt, die Rede ist. Eigenschaften, die auch heute noch in dem Siebenjährigen schlummern. Davon ist Viktoria Zettel fest überzeugt. Zeigen kann sie der kleine Bub mit den strohblonden Haaren derzeit allerdings nicht. Denn der Siebenjährige befindet sich seit mehr als zwei Monaten in einem wachkoma-ähnlichen Zustand, nachdem er Mitte Januar wiederbelebt werden musste. „Der alte Finni ist da noch irgendwo drin“, sagt Mama Viktoria, die Tag und Nacht am Bett ihres Kleinen wacht. „Da bin ich mir sicher. Ich fühle das einfach.“

Das Drama beginnt mit leichten Halsschmerzen

Wenn die 34-Jährige an die dramatischen Stunden Mitte Januar zurückdenkt, dann ist für Zettel auch heute „einfach nicht erklärbar“, wie bei einem unschuldigen Buben wie Finni „so viel Pech und Unglück“ zusammenkommen konnten. Mit Halsschmerzen hatte sich an einem Freitag Mitte Januar 2024 eine Erkältung angekündigt. In die Schule konnte und wollte der aufgeweckte Bub dennoch gehen. „Als ich dann von der Arbeit nach Hause gekommen bin, hatte er zwar extrem rote Bäckchen und mit 39,5 Grad überraschend hohes Fieber. Beunruhigt war ich aber nicht“, erinnert sich Mama Viktoria. Zumal es ja nicht der erste grippale Infekt im Hause Zettel war, in dem neben Viktoria und Finn noch Mann Mike (45) und die beiden Söhne Paul (13) und Lukas (16) leben.

Am Samstag hatte sich zu den Halsschmerzen und dem Fieber, das trotz Fiebersafts nicht merklich nachgelassen hatte, noch ein dumpfer Husten eingestellt, der dem Siebenjährigen sichtlich Schmerzen bereitete. „Er hat bitterlich geweint und sah richtig krank aus“, erzählt Zettel, die mit ihrer Familie vor rund einem Jahr von Putzbrunn (Landkreis München) nach Feldkirchen-Westerham gezogen war.

Ärztlicher Bereitschaftsdienst rät Eltern, Finni ins Krankenhaus zu bringen

Als Finni dann gegen Abend „komisch“ atmete, kontaktierten die Eltern den Ärztlichen Bereitschaftsdienst, der wiederum riet, mit Finni ins Krankenhaus zu fahren. Dort wurde der Bub nach mehrstündiger Wartezeit zwar untersucht und mit Cortison und Paracetamol versorgt, anschließend aber wieder nach Hause geschickt, „obwohl sich Finni hörbar schwer mit dem Schnaufen getan hat“, so die 34-Jährige. Letztlich habe sie die Arztmeinung akzeptiert, aber: „Mein Bauchgefühl hat mir gesagt, dass das verkehrt ist, was die Ärztin gesagt hat.“

Weil es dem Buben aber auch am Sonntag keineswegs besser ging, machte sich Papa Mike Zettel erneut mit Finni auf den Weg ins Krankenhaus, wohin auch schließlich Victoria Zettel von ihrer Arbeitsstelle aus eilte. „Wir haben uns dann nicht mehr abwimmeln lassen, sondern darauf bestanden, dass Finni weiter untersucht wird. Er hat dort dann die erste Blutentnahme seines Lebens bekommen und die richtig tapfer über sich ergehen lassen.“

Während Eltern und Kind dann in einem Wartezimmer auf die Ergebnisse der Blutuntersuchung gewartet hatten, begannen für das Ehepaar die dramatischsten Minuten seines Lebens. „Finni hat einfach keine Luft mehr bekommen, ist blau angelaufen und hat wild gestrampelt, so dass ihn mein Mann sogar festhalten musste, damit er sich nicht selbst verletzt“, erzählt Viktoria Zettel, der es sichtlich schwerfällt, sich diese schrecklichen Bilder erneut ins Gedächtnis zu rufen. „Es hat ausgesehen, als wenn er einen Trotzanfall hat“, so die 34-Jährige. „Doch in Wirklichkeit ist er in diesem Moment erstickt. Und ich habe ihn in diesem Moment in den Armen seines Papas sterben sehen.“

Ärzte und Pfleger kämpfen um das Überleben des Siebenjährigen

Ein Todeskampf, der immer mehr Ärzte und Pfleger zum kollabierten Buben eilen ließ. Die Mediziner brachten den Siebenjährigen, dessen Herzschlag mittlerweile ausgesetzt hatte, in ein Behandlungszimmer, und begannen sofort mit der Wiederbelebung. „Ich saß auf dem Flur vor dem Behandlungszimmer und habe nur geschrien“, schildert die Mutter die bangen Minuten, die sich bei ihr tief ins Gedächtnis eingebrannt haben. „Ich habe gedacht, ich sterbe selbst in diesem Moment.“ Erst nach zehn Minuten hatten es die Ärzte geschafft, das Herz des kleinen Patienten wieder zum Schlagen zu bringen.

Was den Atem- und Herzstillstand verursacht hat, darüber kann nur spekuliert werden. Tatsache ist: Im Blut des Siebenjährigen konnte nicht nur das Influenza-Virus, also eine echte Grippe, nachgewiesen werden, sondern gleichzeitig eine Infektion mit Streptokokken sowie eine Infektion mit Staphylokokken. Eine Superinfektion, die die Lunge bereits massiv befallen und entzündet hatte. „Die Ärzte gehen daher davon aus, dass beim Hochhusten ein Pfropfen die Atemwege komplett verschlossen hat“, so Zettel.

So können Sie Finn und seine Familie unterstützen

Eine Freundin der Familie hat für die Zettels aus Feldkirchen-Westerham auf der Homepage der Plattform www.gofund.me eine Spendenseite eingerichtet. Damit sollen der Familie zumindest finanzielle Sorgen, die durch das Schicksal des siebenjährigen Finn drohen, minimiert werden. Die Spendenseite ist online unter https://gofund.me/cd5c68cc abrufbar.

Um die Genesung zu unterstützen, wurde Finni anschließend in ein künstliches Koma versetzt. Doch bereits am Tag nach der Wiederbelebung setzten beim Siebenjährigen heftigste Krampfanfälle ein. „Er hat 36 Stunden durchgehend gekrampft“, erinnert sich die 34-Jährige, die immer wieder kurz innehält, wenn sie erzählt, welche Torturen ihr kleiner Bub ertragen musste. „Den Ärzten und Pflegern auf der Intensivstation muss ich aber ein großes Kompliment machen“, so Zettel. „Die haben wirklich alles unternommen, was medizinisch möglich war – und sogar darüber hinaus.“

Mama Viktoria Zettel ist immer an der Seite des siebenjährigen Finni.
Da war die Welt der Familie Zettel aus Feldkirchen-Westerham noch in Ordnung: Finni am Tag seines siebten Geburtstags.

Der erste Lichtblick dann gut eine Woche, nachdem der Bub aus Feldkirchen-Westerham ins künstliche Koma versetzt worden war: „Frau Zettel, Frau Zettel, der Finni macht die Augen auf!“ Mit diesen Worten hatte eine Krankenpflegerin Viktoria Zettel, die ihrem Kind nicht von der Seite gewichen war, geweckt. „Das war sicherlich einer der schönsten Momente in meinem Leben“, erinnert sich die 34-Jährige, die damals noch gedacht hatte, dass ihr kleiner Bub nun wieder vollständig gesund werden könne.

Finn kann nicht sprechen, sich nicht kontrolliert bewegen

Jetzt, rund zwei Monate später, weiß Zettel, dass dem Siebenjährigen ein harter und langer Kampf mit viel Ungewissheit bevorstehen wird. Zwar ist Finni, der mittlerweile einen Reha-Platz in der Schön-Klinik in Vogtareuth bekommen hat, „schon wacher geworden, als zu Beginn“, sagt Zettel. Dennoch befindet er sich weiterhin in einem wachkoma-ähnlichen Zustand. „Er kann weder sprechen noch sich bewegen, reagiert aber auf meine Stimme, Berührungen und Geräusche“, sagt die 34-Jährige, die Nacht für Nacht bei Finni im Krankenhaus schläft. „Wir kuscheln ganz viel“, sagt die Mama, die spürt, „dass ihm das gut tut“.

Wie es mit Finni jetzt weitergeht? Völlig offen. „Wir hatten jüngst das gefürchtete Elterngespräch“, sagt Zettel, deren tiefe Schatten unter den Augen verraten, in welchem psychischen und physischen Ausnahmezustand sich die Feldkirchen-Westerhamerin seit Wochen befindet. „Fakt ist, dass er schwere Hirnschädigungen hat.“ So sei beispielsweise die Steuerfunktion für koordinierte Bewegungen beeinträchtigt, auch der Sehnerv ist in Mitleidenschaft gezogen worden, was im Mai genauer untersucht werden soll. „Es lässt sich nicht absehen, wohin die Reise geht“, sagt Zettel, die sich aber bewusst ist: „Er wird in seinem Leben viel Hilfe benötigen.“

Wobei mögliche körperliche Einschränkungen ihres Sohnes die 34-Jährige gar nicht so sehr belasten. Der „tranceähnliche Zustand“ ist es, was der Mutter zu schaffen macht. „Es bricht mir das Herz, wenn ich ihn so teilnahmslos daliegen sehen“, sagt Viktoria Zettel, die sich in diesen Momenten besonders an das „Mama-Kind“ Finni erinnert, das „mir früher wie ein Schatten überall hin gefolgt ist und alles gemeinsam mit mir machen wollte“.

Hin und wieder schleichen sich auch „dunkle Gedanken“ ein

Weshalb sich in Zettels Kopf auch hin und wieder „dunkle Gedanken“ einschleichen, wie sie offen zugibt. „Es gibt kurze Momente, in denen ich denke, ob es für Finni nicht besser gewesen wäre, wenn die Reanimation nicht erfolgreich gewesen wäre.“ Doch dann rufe sie sich ins Gedächtnis: „Hey, es sind erst ein paar Wochen vergangen, seit es passiert ist. Schau‘ doch, wie gut er diesen Weg schon gemeistert hat.“

Schließlich spüre sie auch jeden Tag aufs Neue, „dass der alte Finni dort immer noch irgendwo drin ist“ und er „einfach nur Unterstützung und eine gewisse Zeit braucht, bis er wieder zum Vorschein kommt“, ist Zettel überzeugt, die daher auch mit fester Stimme sagt: „Ich glaube fest dran, dass er wieder viel machen kann. Diese Hoffnung werden wir niemals aufgeben.“ Auch wenn dieses „Wechselbad, diese Achterbahn der Gefühle“ extrem anstrengend sei.

Nur einmal in der Woche schläft Viktoria Zettel daheim in Feldkirchen-Westerham

Anstrengungen, die die 34-Jährige und ihre gesamte Familie gerne auf sich nehmen – und wohl noch mehrere Monate auf sich nehmen müssen. Wie lange die Reha in Vogtareuth, wo sich Zettel „sehr gut aufgehoben“ fühlt, dauert, ist völlig offen. „Das kann mehrere Monate gehen“, sagt die dreifache Mutter, die auch in den kommenden Wochen ihrem Sohn nicht von der Seite weichen wird. Einmal in der Woche schlafe sie zwar zu Hause. Ruhe finden können sie dort aber kaum. Zettel: „Weil es einfach komisch ist, nicht bei ihm zu sein.“

Um ihre beiden größeren Söhne kümmere sich aktuell hauptsächlich ihr Mann Mike, „der derzeit quasi alleinerziehend ist“, was sie natürlich noch zusätzlich belaste. „Wir versuchen einfach, den Großen so viel Alltag wie möglich zu bieten“, sagt Zettel, die aber auch weiß, dass die beiden Jugendlichen das Schicksal von Finn nicht ausblenden können und wollen. Zettel: „So nervig der kleine Bruder für sie manchmal ist – das Ganze belastet sie schon sehr.“

Familie Zettel ist vom Zuspruch und der Hilfsbereitschaft überwältigt

Was der Familie dabei hilft, optimistisch und zuversichtlich in die Zukunft zu schauen? Der Zuspruch und die Hilfsbereitschaft, die den Zettels seit Mitte Januar, beispielsweise aus der Gemeinde Feldkirchen-Westerham, widerfährt. Und das, obwohl die Familie dort erst seit rund einem Jahr lebt. „Das ist für mich unfassbar, wie viele Menschen uns Hilfe angeboten haben“, sagt die 34-Jährige über den „Tsunami der Hilfsbereitschaft, der gar nicht mehr aufhört. Das gibt mir persönlich auch immer wieder einen Push“, wofür sie „unendlich dankbar“ sei.

Positive und berührende Erlebnisse, die ihr außerdem helfen, daran zu glauben, dass ihr größter Wunsch irgendwann Wirklichkeit werden wird. „Mein größter Wunsch ist, dass Finni irgendwie wieder unser Finni von früher wird,“ sagt die 34-Jährige: „Unser lustiger, mutiger und sensibler Finni.“

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