Ortsumfahrung im Nordosten
„Meilenstein“ Ameranger Spange: Mit der Eröffnung am 22. Mai kommt die Ortskern-Entlastung
Vor 50 Jahren hat die Planung zur Ameranger Spange angefangen, somit im Nordosten auf 340 Metern die Kreisstraße mit der Staatsstraße verbunden wird. Nun wird sie eröffnet – und der Ortskern entlastet. Warum es so lange gedauert hat, was es gekostet hat und warum nicht alle davon begeistert sind.
Amerang – Am Montag, 22. Mai wird die „Ameranger Spange“ offiziell eröffnet. Das 340 Meter lange Verbindungsstück kostet rund zwei Millionen Euro und verbindet die Kreisstraße RO 36 mit der Staatsstraße St 2360 im Nordosten des Orts. „Die Ameranger Spange hat für den Ort Amerang eine sehr hohe, man könnte sogar sagen, eine historische Bedeutung,“ betont Bürgermeister Konrad Linner (GLA). Er sieht in der innerörtlichen Umgehung einen Meilenstein in der Ortsentwicklung. Das hat sich die Gemeinde auch einiges kosten lassen.
Der Eigenanteil der Ameranger liegt bei 1,3 Millionen Euro. „Der Wert eines Kreisverkehrs wird in Bayern leider noch zu wenig erkannt. Die Mehrkosten von 600.000 Euro waren deshalb nicht förderfähig,“ sagt Linner. Davon habe sich die Gemeinde aber nicht beirren lassen. „Ich finde, dass sich das Bauwerk sehr gut in das Gelände einfügt, was für die Planung durchaus herausfordernd war. Zudem konnten wir mit dieser Straße auch noch die bisher unzureichende Anbindung des Sportgeländes besser gestalten. Es ist eine rundum gelungene Lösung.“
Überlegungen zu Ortsumfahrung in 70er-Jahren
Überwiegend positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung würden dies bestätigen, stellt der Bürgermeister zufrieden fest. Am 22. Mai wird das zukunftsweisende Bauwerk nun offiziell eingeweiht. Der Weg dahin war mit vielen Herausforderungen gepflastert und hat genau genommen gut 50 Jahre gedauert. Bereits in den 70er-Jahren gab es nämlich Überlegungen zu einer Ortsumfahrung und vorausschauender Weise wurde damals eine grobe Trasse nordöstlich von Amerang in den Flächennutzungsplan aufgenommen. Damit waren zukunftsweisende Weichen gestellt.
Mit neu entstandenen Gewerbegebiet Am Kroit in den 2000er Jahren und dem Gewerbegebiet Grünhofer Feld 2010 wurde das Thema erneut aktuell. Als erster gewerblicher Betrieb hatte die Firma Somic Verpackungsmaschinenbau Am Kroit ihren Betriebsstandort gefunden. Weitere Betriebe wie Auer Packaging kamen dazu und expandierten. Das Gewerbegebiet entwickelte sich sehr rasch und bei der letzten Erweiterung wurde auch die Erneuerung der Gemeindeverbindungsstraße von Amerang nach Kammer als Gewerbestraße geplant und gebaut. Bereits bei dieser Baumaßnahme wurde mit einem Anschluss die heutige Entlastungsstraße berücksichtigt. „Die Gemeinde Amerang hatte in dieser Zeit flankierend zu dem Ziel Betriebe anzusiedeln und Arbeitsplätze zu schaffen, vielfältige Maßnahmen initiiert, um die Attraktivität von Amerang zu steigern, erinnert sich Altbürgermeister Gust Voit.
Bedürfnisse der Betriebe im Blick
Dabei im Blick: Die Bedürfnisse der Betriebe, die strukturelle Entwicklung und die verkehrstechnischen Erforderlichkeiten. Beim Austausch mit den Gewerbetreibenden habe der damalige Chef der Firma Somic den Vorschlag einer notwendigen Entlastungsstraße im Bereich der heute realisierten Fläche erneut auf die Tagesordnung des Gemeinderats gebracht. Spätestens aber mit der Erschließung des Grünhofer Felds 2010 war Handlungsbedarf gegeben. Im Gemeinderat war man sich einig, dass durch die besondere topographische Lage von Amerang und mit dem Vorteil einer spinnennetzähnlichen Anbindung übergeordneter Straßen eine Umgehungsstraße nicht notwendig oder nur sehr schwer zu realisieren wäre. Eine Verbindungsstraße vom Gewerbegebiet zur Staatsstraße schien aber eine geeignete Möglichkeit zur Verkehrsentlastung. Ein aufwändiges verkehrsplanerisches Verfahren wurde gestartet.
Mit im Blick auch die Gesamtentwicklung in dem gesamten nordöstlichen Bereich einschließlich der Sportflächen zwischen der Kreisstraße und der Staatsstraße 2360 betrachtet. Es galt, planerisch Möglichkeiten für die Zukunft zu sichern und nicht durch Einzelgenehmigungen zu verbauen, denn das letzte Puzzleteilchen ergab sich erst 2019. Da brachte die Gelegenheit zum Erwerb der bis dahin nur gepachteten Sportflächen schließlich Klarheit. Damit war die weitergehende langfristige Entwicklung bis hin zum Gewerbegebiet Am Kroit möglich und die Planungen wurden intensiviert. Letztlich kam die Entscheidung für eine Anbindung der Spange an die Kreisstraße mit einem Kreisverkehr im Gemeinderat nur mit einer Stimmenmehrheit von einer Stimme zustande.
Kreisel ist erhebliche Verkehrsberuhigung
Die Vorteile des Kreisels gegenüber einer langen Abbiegespur lagen für die Befürworter auf der Hand. Der Kreisel trägt aus ihrer Sicht zu einer erheblichen Verkehrsberuhigung bei, die sich auch positiv bei der Bebauung des Vodermaiergartens mit dem Haus für Kinder und anderen sozialen Nutzungen auswirkt. Die vorher eher kritisch anzusehende Zufahrt zu den Sportflächen konnte mit dieser Maßnahme neu geregelt werden und auch die notwendigen Stell- und Parkplätze zur Ausführung kommen. Zudem lässt die Spur Richtung Osten die Möglichkeit einer weiteren baulichen Erweiterung in den kommenden Jahrzehnten zu.
„Die neue Spange ist eine konsequente und wichtige Weiterentwicklung unseres Dorfes, sagt Gemeinderat Matthias Schmid (GLA). Sie ermögliche Amerang eine weitere qualitativ hochwertige gewerbliche Entwicklung, ohne dabei im Schwerverkehr und Berufsverkehr zu versinken. Langfristig wäre wünschenswert, dass auch der Verkehr nach Süden (A8) nicht mehr durch das Dorf strömt, sondern über die Kreisstraße nach Norden bis Evenhausen und dann über Schonstett und Vogtareuth nach Rosenheim abgewickelt werde.
Hört man sich in Amerang um, wird die innerörtliche Ortsumfahrung durchwegs begrüßt. „Die neue Spange ist definitiv eine Verbesserung für Betriebe, die im Gewerbegebiet angesiedelt sind, da die Anbindung zur Bundesstraße kürzer ist und nicht mehr durch den Ort geht. Ebenso ist es für die Ameranger Ortsmitte eine erhebliche Entlastung, wenn der Schwerlastverkehr von Obing und Frabertsham abgefangen wird. Hiervon profitieren nicht nur die Anwohner, sondern auch die Geschäfte und die Gastronomie in der Ortsmitte. Auch die Möglichkeiten der Verkehrsumleitung für Feste und Veranstaltungen in der Ortsmitte beispielsweise wie Maibaumaufstellen oder Sommer-Gfui werden durch die Spange erweitert“, lautet das Fazit des Gewerbevereins.
Ort zwischen Tradition und Moderne
„Amerang als historisch erwähnter Ort befindet sich in der Spannungslage zwischen Tradition und Moderne. Ein zentraler Ortskern ist für das Dorfleben genauso wichtig wie die verkehrstechnische Anbindung. Die nordöstliche Spange schafft hier eine gute Erreichbarkeit bei gleichzeitiger Entlastung der Ortsmitte durch etwaigen LKW-Verkehr. Aus Sicht der Firma SOMIC ist die Ameranger Spange ein gelungenes Projekt,“ bekräftigt Patrick Bonetsmüller. „Seit fast 20 Jahren sind wir als Unternehmer, aber auch privat und durch unsere Mitarbeiter sehr eng mit unserem Firmenstandtort Amerang verbunden. Dass ab sofort die neue Verbindung zwischen dem Gewerbegebiet und der Frabertshamer Straße unseren schönen Ortskern entlastet, freut uns riesig! Perfekt, dass nun auch der Liefer- und Warenverkehr, der für die Logistik der Unternehmen am Kroit unerlässlich ist, einen anderen Weg als durchs Zentrum nehmen kann!“, finden Robert und Philipp Auer, Geschäftsführer der Auer GmbH.
Vor allem Anwohner der Ortsmitte erhoffen sich eine Verkehrsberuhigung durch die Umgehung. Johannes Semmler freut sich schon auf ein angenehmeres Sitzgefühl für seine Gäste im Café Wiggerl. Karola Auer ist die Besitzerin eines Frisiersalons direkt im Nadelöhr des Ortskerns. Sie empfand vor allem die Lärmbelastung durch die durchfahrenden LKWs schon als sehr belastend. Häufig habe es sich gestaut, weil die Fahrzeuge an den Engstellen und der unübersichtlichen S-Kurve nicht aneinander vorbeigekommen seien.
Kritische Stimmen
Doch es gibt auch kritische Stimmen zur neuen Verkehrsführung. Ohne persönlich genannt werden zu wollen, sind sie davon überzeugt, dass immer noch viel Durchgangsverkehr in der Ortsmitte bleibe und auch eine mögliche Bebauung der Flächen neben der Spange findet nicht überall Befürworter. Vor allem aber sehen Bewohner der Murnerstraße die Spange mit gemischten Gefühlen. Sie befürchten, dass diese Straße, die Amerang mit der RO 35 verbindet, künftig noch stärker belastet werde. Sie empfinden die Situation aktuell schon als sehr schwierig.
