Geschäfte auch sonntags und abends offen?
Längere Öffnungszeiten in Bayern: „Flexibler“ oder „Riesenproblem“? So denkt Wasserburg darüber
Im Freistaat Bayern stehen Lockerungen bei den Öffnungszeiten für den Einzelhandel zur Debatte. Braucht es längere Öffnungszeiten und Sonntags-Öffnungen? Das denken Wasserburger Geschäftsleute und Bürger darüber.
Von Sophia Huber und Winfried Weithofer
Wasserburg – Bayern diskutiert mal wieder über die Öffnungszeiten. In der Regierungserklärung Anfang Dezember hatte Ministerpräsident Markus Söder Lockerungen für das Bayerische Ladengesetz angekündigt. Ist das die Lösung für das anhaltende Diskussionsthema um die Ladenöffnungszeiten? Eine Umfrage unter den Bürgern und Geschäftsleuten in Wasserburg zeigt, wie weit verzweigt die Meinungen sind.
Patrick und Stephanie Thaller, Inhaber von Steffis Feinkost-Fassl, sind für längere, flexiblere Öffnungszeiten. „Meistens bin ich großer Befürworter der Bayerischen Gesetzgebung, aber ich verstehe nicht, warum die Gesetzgebung hier so streng ist“, sagt Patrick Thaller. Schon lange würde er sich mehr Flexibilität bei den Ladenöffnungszeiten wünschen. „Ich finde, als Inhaber sollte es meine Entscheidung sein, wann ich öffne“, sagt Thaller. Natürlich dürfe das nicht zulasten der Mitarbeiter gehen, es müssten entsprechende Regeln gefunden werden. „Ich wäre bereit, mich als Inhaber selbst in mein Geschäft zu stellen“, betont er.
Festivitäten ausnutzen
Vor allem bei Festen und Feiern in der Stadt fordern die Thallers mehr Möglichkeiten, was die Gestaltung der Öffnungszeiten angehe. „Ich würde zum Beispiel gerne bei „Wasserburg leuchtet“ öffnen oder wenn andere Festivitäten sind. Dann ist viel los in der Stadt und die Leute kommen auch bei uns vorbei“, sagt Patrick Thaller. Er ist der Überzeugung: Es gebe viel potenziellen Umsatz, den er nicht einnehmen könne. Auch sonntags würden die Thallers gerne öffnen. „Es muss nicht jede Woche sein, aber im Advent beispielsweise“, sagt Thaller. Teils finde er die Regelungen des Freistaats auch absurd. „Wir bieten einen Glühwein-Ausschank im Advent an, das dürfen wir, die Leute dürfen auch in den Laden gehen und sich umschauen, aber ich darf nicht beraten und auch nicht verkaufen. Das ist nicht logisch“, verdeutlicht er.
Auch Sibylle Schuhmacher, Inhaberin des Innkaufhauses in Wasserburg, würde sich längere Öffnungszeiten wünschen. Ähnlich wie Thaller sieht auch sie viele Vorteile darin, insbesondere bei Festlichkeiten in der Innstadt. Vor allem würde sie sich aber mehr Sonntags-Öffnungen wünschen. „Die derzeitige Gesetzgebung ist meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß“, sagt sie. Die Arbeitszeiten der Mitarbeiter könnten ja entsprechend angepasst werden, meint die Inhaberin.
Problem: Der Personal-Mangel
Anders sieht Sonja Schacherl, Filialleiterin vom Gewandhaus Gruber in Wasserburg, die Situation. „Längere Öffnungszeiten wären ein Riesenproblem“, sagt sie. „Dann wäre der Einzelhandel tot.“ Schon jetzt sei die Geschäftsöffnung bis 20 Uhr personell kaum zu stemmen. „Ich habe ständig mit Kündigungen zu tun, denn immer weniger Menschen wollen abends so lange arbeiten“, sagt Schacherl. „Wenn wir nach 20 Uhr noch aufhaben, bewirbt sich niemand mehr.“ Auch die Vorteile von längeren Öffnungszeiten würden sich, nach Meinung von Schacherl, in Grenzen halten. „Ich glaube nicht, dass wir mehr Umsatz machen würden“, sagt sie.
Umsatz würde sich nicht steigern
Das sieht Susanne Botta, Inhaberin der Boutique Avellino, ähnlich. „Der Umsatz würde sich nicht steigern“, glaubt sie. Denn schon jetzt würden die wenigsten Menschen bis 20 Uhr einkaufen. Im Gegenteil: „Ab 16 Uhr ist Schluss, vor allem bei uns in Wasserburg.“ Abends sei niemand mehr in der Stadt unterwegs und würde einkaufen. Auch personell sei eine Erweiterung der Öffnungszeiten für Botta nicht zu stemmen. „Woher sollen wir die Mitarbeiter nehmen? Es werden doch immer weniger Arbeitskräfte“, sagt sie.
Auch die Lebensmittel-Branche sieht von weiteren Ladenöffnungen ab. „Wir haben keine Änderungswünsche bezüglich der Öffnungszeiten“, erklärt Ursula Egger, Pressesprecherin der REWE-Group auf Anfrage. In ländlichen Gemeinden würde der Einzelhändler gerade Kleinstformate, wie die sogenannte „Nahkauf Box“, testen. Sie funktioniere ohne Personal, was entscheidend sei für deren Wirtschaftlichkeit. „Für den langfristigen Erfolg solcher Konzepte braucht es jedoch klare und rechtssichere Rahmenbedingungen“, so Egger.
Das sagen die Bürger aus dem Wasserburger Land
Klaus Voit (62) aus Evenhausen stellt „klipp und klar“ fest, dass er für sich keine längeren Öffnungszeiten braucht – „überhaupt nicht“. „Ich denke an die Beschäftigten. Wenn sie entsprechend entlohnt würden, sodass es sich für sie rentiert, warum nicht. Aber auf freiwilliger Basis.“ Auch eine Sonntagsöffnung lehnt Voit ab. Wenn doch etwas fehle, was er unbedingt benötigen würde, habe er für sich eine Lösung gefunden. „Da gibt es sicher auch unterschiedliche Meinungen. Wenn jemand im Schichtdienst arbeitet, ist die Sonntagsöffnung vielleicht eine gute Lösung“, sagt Voit. Für sich selbst brauche er das aber nicht.
Jutta Kronast (57) aus Hafenham (Eiselfing) sagt: „Also ich persönlich brauche eigentlich keine längeren Öffnungszeiten. Ich kann ja jederzeit tagsüber einkaufen. Ich komme mit der Schließung um 20 Uhr gut zurecht.“ Für eine ihrer Töchter, die hier lebt und berufstätig ist, wären aber längere Öffnungszeiten „nicht verkehrt“. Die andere Tochter, die in Köln wohnt, sei heilfroh, am Abend in der Domstadt bis über 20 Uhr hinaus einkaufen zu können. Von einer Sonntagsöffnung hält Jutta Kronast nichts, auch wenn sie für die Forderung Verständnis hat.
Sabine Wagner (49) aus Eiselfing stellt zu dem Thema Ladenöffnung kurz und knapp fest: „Ich finde, 20 Uhr reicht aus. Länger braucht es nicht zu sein.“ Im Übrigen seien bei ihr immer genügend Lebensmittel zu Hause. Die Frage sei, ob sich eine längere Öffnung für die Geschäfte überhaupt lohne, also ob sie genügend Umsatz erzielen. „Die müssen ja die Löhne zahlen.“ Und was ist mit Sonntag? „Also mir macht es nichts aus, dass sonntags geschlossen ist. Wenn geöffnet ist, hab ich das aber auch schon mal in Anspruch genommen“, sagt die Eiselfingerin.


