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Gebäude wurde abgerissen

„Es war einfach immer was los!“: die Anfangsjahre der Kult-Disco „Calypso“ in Rosenheim

Links: Das Gebäude an der Königstraße kurz vor dem Abriss. Rechts: Eine der „Miss Rosenheim“-Wahlen im „Calypso“. (Archiv-Bild von 1991)
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Links: Das Gebäude an der Königstraße kurz vor dem Abriss. Rechts: Eine der „Miss Rosenheim“-Wahlen im „Calypso“. (Archiv-Bild von 1991)

Im Februar dieses Jahres ging mit dem Abriss des Gebäudes, in dem einst das „Calypso“ beheimatet war, ein Kapitel in Rosenheims Geschichte zu Ende. Wir blicken anhand alter Zeitungsberichte auf die erste Zeit unmittelbar nach der Eröffnung der einstigen Kult-Disco an der Königstraße zurück.

Rosenheim - „Es war einfach immer was los!“, schwärmt Cynthia Gallenmüller, „Jeden Samstag standen die Leute Schlange. Wir hatten Live-Auftritte von vielen bekannten Künstlern. Das war ja damals schon eine Seltenheit geworden, dass eine Discothek Live-Musik hatte! Dabei hatten wir dann immer volles Haus.“ Die Liste dessen, was damals geboten wurde, ist lang, erinnert sich die Witwe des „Calypso“-Inhabers Horst Gallenmüller. „Die Faschings-Partys, wo bis zum Kehraus gefeiert wurde. Dann waren da die Tanzkurse, die immer in unseren Räumlichkeiten stattfanden. Und natürlich die Hypnose-Shows.“ Wie letztere abliefen, erfahren wir aus einem Bericht vom 24. Oktober 1980, kurz nach der Eröffnung: „Vom ‚Teeny‘ im Disco-Look bis zur gesetzteren Dame im Trachtenkostüm, vom Mann von der Straße bis zum Salonlöwen. Etwa 300 Leute waren in die Rosenheimer Tanzbar ‚Calypso‘ gekommen, um den Auftritt des ‚Königs der Hypnose‘, Hardy Sherman, mitzuerleben.“

Anzeige im OVB vom 26. September 1980 zur Eröffnung des „Calypso“ in der Königstraße in Rosenheim.

12 von 25 Freiwilligen habe Sherman in eine Trance versetzen können, so der Bericht. Diese seien auf Stühle gesetzt worden. „Und nun beginnt das Unglaubliche. ‚Sie sitzen hinter dem Steuer Ihres Rennwagens, Sie sind Niki Lauda‘, suggeriert Sherman. Und tatsächlich — sie geben Gas, lenken und unterschreiben sogar Autogramme mit ‚Niki Lauda‘. Nicht alle Versuche klappen. Ein Dutzend erfolgreiche Suggestionen folgen. Ein Mädchen spielt als ‚Dreijährige‘ mit einer Sektflasche als Puppe, ein anderer schwimmt auf dem Boden wie im Meer, mimt einen Hund oder einen Betrunkenen“, heißt es weiter, „Der Höhepunkt der fast zwei Stunden dauernden Show kam ganz am Schluss. Ein zierliches Mädchen, auf hypnotischen Befehl starr und steif wie eine Betonsäule geworden, wurde zwischen zwei Stühle gelegt, nur Fersen und Schultern in Berührung mit den Stühlen atemlose Spannung, als Sherman sich auf das Mädchen stellt, das diese Belastung ohne Wimpernzucken aushält. Riesiger Beifall belohnte Sherman, als er alle wieder aus der Hypnose geholt hatte.“

„Es war einfach immer was los!“: die Anfangsjahre der Kult-Disco „Calypso“ in Rosenheim

Anfang Februar 2025 ging in Rosenheim mit dem Abriss des „Calypso“ ein Stück Geschichte verloren, wie die OVB-Heimatzeitungen berichteten. Es galt viele Jahre lang als die Kult-Disko in Rosenheim und war weit über die Landkreisgrenzen hinaus beliebt. Gegründet wurde die Kult-Disko von Horst Gallenmüller, der im Oktober 2022 gestorben ist. Wie die Familie laut einem weiteren Bericht der der Heimatzeitungen betont, hätten sich dort viele heutige Ehepaare, „jetzt auch Omas und Opas“ kennengelernt. Doch Horst Gallenmüller war nicht nur selbst sehr musikbegeistert. Er wollte diese Begeisterung auch mit seinen Mitmenschen teilen. Und so stellte er unzählige Veranstaltungen und Konzerte auf die Beine. „Das lief damals noch größtenteils über die staatliche Künstleragentur in München“, bemerkt Cynthia Gallenmüller.

Gallenmüller übernahm nach dem frühen Tod seines Vaters bereits mit 20 Jahren sein erstes Lokal in Bayrischzell. Kurz darauf kam ein Pub am Tegernsee hinzu. Nachdem er sich von diesen beiden Lokalen getrennt hatte, übernahm er das „Calypso“ an der Königstraße. Lange Zeit gab es dort jeden Abend Livemusik. In Erinnerung bleiben wird vielen Rosenheimern zudem der damals jährlich stattfindende Vorentscheid zur Wahl der Miss Germany im „Calypso“. Vor seiner Zeit als Disco befanden sich in dem Gebäude der Festsaal eines Hotels sowie ein Kino. Nach dem Aus für die Disco diente das denkmalgeschützte Gebäude dann als Rosenheimer Dienststelle der Staatsanwaltschaft Traunstein. Danach folgte längere Zeit Leerstand und nun der Abriss. Neue Informationen zu den Plänen für das Areal gibt es bislang noch nicht.

„Modern Talking“ ohne Bohlen 1986 im „Calypso“

Aber wie fing alles an? „Neueröffnung Ende September 80: Calypso - der Treffpunkt netter Leute“, mit diesen Worten wurden die Leser des Oberbayerischen Volksblatts am 13. September 1980 erstmals auf die geplante Neueröffnung aufmerksam gemacht. Am 26. September musste der Termin allerdings zunächst noch einmal auf Freitag den 3. Oktober korrigiert beziehungsweise konkretisiert werden, wobei der Betrieb wohl bereits am Vortag aufgenommen wurde. „Tanzbar mit Österreichs Diskjockay Nr. 1. ‚Uky‘“ wird für den Eröffnungsabend angekündigt. „Er war damals sehr bekannt“, erläutert Gallenmüller. Daneben sei beispielsweise auch regelmäßig die „Richard-Deutsch-Group“ aufgetreten. „Eine sehr gute und beliebte Band aus Tirol, die eine tolle Mitternachtsshow spielten. Auch immer wieder da war die Rosenheimer Band ‚Rialto‘.“

Alle Blicke ins Zeitungsarchiv auf der Themenseite:

Alle bisher erschienen Artikel aus der jeden Samstag erscheinenden Reihe „In alten Zeitungsbänden gestöbert“, aber auch diverse zusätzliche Artikel über spektakuläre Kriminalfälle, bekannte Persönlichkeiten der jüngeren Zeitgeschichte sowie andere bedeutende Ereignisse, nacherzählt an Hand von alten Zeitungsartikeln findet Ihr ab sofort auf dieser Themenseite.

Im Monat nach der Eröffnung, in der Ausgabe vom 15. November, konnte die Zeitung unterdessen vermelden: „Tony Westen im Calypso“ - „Der Entertainer Tony Westen kommt auf seiner Süddeutschland-Tournee am heutigen Samstag nach Rosenheim. Er gastiert ab 20 Uhr in der Discothek Calypso. Westen, der regelmäßig auch im Fernsehen auftritt, gibt zwischen seinen beiden Shows Autogramme. Derzeit spezialisiert er sich mit seinem Repertoire auf Hits früherer Jahre.“ Fünf Jahre später sollte im „Calypso“ übrigens auch Modern Talking auftreten, mit einem Abstrich, wie das OVB am 30. Mai jenes Jahres berichtete: „Thomas Anders hielt die Stellung und bemühte sich, das Fehlen von Dieter Bohlen möglichst wettzumachen (nachdem auch er keine verständliche Begründung lieferte, warum der blonde Sänger nicht gekommen war; mit ‚Tennis‘ muß es wohl irgendwas zu tun gehabt haben)“.

„Miss Rosenheim“-Wahlen mit prominenter Jury

Aus der Anfangszeit des „Calypso“ finden sich einige Berichte über Modenschauen dort: „Eine gute Gelegenheit, sich über die neue Strand- und Freizeitmode zu informieren, bot eine Modenschau in der Tanzbar Calypso in Rosenheim Neun Mannequins aus München präsentierten den über 500 Zuschauern die aktuellsten Modelle der Firma Horaz/Paris und der Herrenboutique Top men im Gillitzerblock. Aufgelockert wurde die Modenschau durch Darbietungen des amtierenden Weltmeisters im Limbo, Mapapa junior“, heißt es im OVB vom 22. Mai 1981. Im September jenen Jahres gab es auch eine Modenschau mit Herbstkleidung: „Wieder einmal präsentieren die Rosenheimer Firmen Hot Point, Calypso, Top Men, Rivelli. Wildgruber und La Scarpa in einer Trendshow in der Tanzbar Calypso, Königstraße, die neueste Mode für Herbst und Winter. Für Frisuren zeichnet der Salon Edith aus Happing verantwortlich. Auch diesmal führt Conferencier Cooky durch das Programm.“

Der Beitrag zur „Miss Rosenheim“-Wahl im „Calypso“ in der Königstraße in Rosenheim in der Ausgabe des OVB vom 1. Juli 1981.

„Diese Modenschauen waren aber eher eine Sache, die es am Anfang einmal ein paar mal gab, das wurde aber keine dauerhafte Sache“, mein Gallenmüller. Umso mehr aber die Miss-Wahlen. „Das war von Anfang an eine tolle Veranstaltung, zusammen mit der offiziellen Miss Germany corporation. Man konnte sich dadurch ja für die Miss Bayern und dann Miss Germany qualifizieren“, erläutert sie, „Es waren immer sieben Personen in der Jury, Männer und Frauen, alles bekannte Persönlichkeiten aus Sport, Politik, lokale Prominenz und so weiter.“ Gleich 1981 fand die erste statt. „Die Wahl der ‚Miss Rosenheim‘ findet heute Abend ab 20 Uhr in der Tanzbar Calypso, Rosenheim, Königstraße, statt. Zehn Mädchen aus der Stadt und dem Landkreis, die sich in einer Vorauswahl qualifiziert haben, werden auf dem Laufsteg um diesen Titel kämpfen“, erfahren wir außerdem aus einem Beitrag am 1. Juli jenes Jahres, „Für die beiden Siegerinnen wird sich das Mitmachen sicher rentieren: sie gewinnen je eine einwöchige Flugreise nach Ibiza. Alle anderen Teilnehmerinnen erhalten wertvolle Sachpreise und Einkaufsgutscheine.

Gestiftet wurden die Gewinne von der Firma Danger’s Jeans und den an der Misswahl beteiligten Rosenheimer Firmen.“ Zur Auflockerung des Programms seien von den Veranstaltern die „Lucky Elefants“, „eine Transvestiten-Gruppe aus Paris“, engagiert worden. „Diese Truppe wird zwischen den beiden Wahldurchgängen ihre Schau präsentieren“, so der Bericht. „Solche Travestie-Shows hatten wir dann übrigens immer wieder und die waren sehr beliebt“, bemerkt Gallenmüller. Mit in der Jury gleich bei dieser ersten Ausgabe der Misswahl saß übrigens, neben der „Miss Bayern 1978“ Gloria Kordon übrigens, unter anderem, auch ein Redakteur des OVB, der 2007 verstorbene Miguel Kropik. (hs)

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