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Polizeihauptkommissar: „Da fehlt mir das Verständnis“

„Das hatte Eventcharakter“: Zig Schaulustige bei gefährlicher Hochwasserlage in Kolbermoor

Ärgernis Schaulustige Hochwassersituation Mangfallbrücke Kolbermoor
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Christian Gollwitzer, Dienstellenleiter der Polizeiinspektion Holzkirchen, befand sich ob der Hochwasserlage am Abend des 3. Juni 2024 bei der Mangfallbrücke in Kolbermoor - und musste sich über leichtsinnige Schaulustige ärgern.

Eltern mit kleinen Kindern, ganze Gruppen an Passanten und einzelne Personen in Ufernähe: Zahlreiche Schaulustige begaben sich am frühen Montagabend gefährlich nah ans Hochwasser an die Mangfall in Kolbermoor. Für die Polizei „unverständlich“ - und mehr als nur ein Ärgernis.

Kolbermoor - Christian Gollwitzer, Dienstellenleiter der Polizeiinspektion Holzkirchen, war am Montagabend bei der Hochwasserlage an der Mangfallbrücke im Einsatz.

Da es mehrere Hochwasserlagen im gesamten Präsidiumsbereich gab, wurden die Führungskräfte querbeet über die verschiedenen Inspektionsbereiche verteilt. Gollwitzer rückte aus dem Nachbarlandkreis Miesbach nach, da die Bad Aiblinger Kollegen in Rohrdorf zugegen waren.

„Grenze von Neugierde zu Leichtsinn nah beieinander“

In Kolbermoor war die Mangfall schon relativ hoch, hatte Meldestufe vier überschritten, lag jedoch nicht im kritischen Bereich. „Es bestand keine Gefahr, dass der Fluss in Kolbermoor oder Bad Aibling über die Ufer treten könnte“, fasst Gollwitzer zusammen.

Dennoch sind dem Polizei-Chef unschöne Zwischenfälle ins Auge gestochen: „An der Mangfall ist mir negativ aufgefallen, wie viele Schaulustige da waren. Bis zu einem gewissen Maß ist dagegen ja auch nichts einzuwenden. Ein jeder ist neugierig und möchte wissen, was da los ist und wie sich der Wasserstand darstellt. Doch die Grenze von Neugierde zu Leichtsinn liegt leider sehr nah beieinander.“

Es spreche nichts dagegen, sich das Hochwasser aus sicherer Entfernung anzusehen. Was aber nicht mehr akzeptabel sei, sei bis ans Ufer heranzutreten und so Gefahr zu laufen, ins Wasser zu fallen oder gar durch eine Welle und einen vorbeitreibenden Baumstamm in die Fluten gerissen zu werden.

So wie es im Bereich der Polizeiinspektion Miesbach der Fall war: Hier mussten Einsatzkräfte eine plötzlich in die Fluten geratene Frau aus dem Wasser retten, was glücklicherweise ein glimpfliches Ende fand.

Sorglosigkeit - oder große Neugierde?

Für Gollwitzer ist das Verhalten vieler an diesem Montagabend unverständlich: „Teilweise waren es Eltern mit kleinen Kindern, die viel zu nah ans Wasser und somit in den Gefahrenbereich kamen. Ich weiß nicht, ob es Sorglosigkeit ist oder große Neugierde - die Beweggründe kann ich nicht nachvollziehen und da fehlt mir das Verständnis.“

Mehrfach mussten die Beamten auf die kritische Lage hinweisen und die Leute bitten, Abstand zu halten oder sich zu entfernen. Die Reaktionen darauf breit gefächert: Von Unverständnis und Verärgerung bis hin zu Einsicht war alles dabei.

Ein Bagger war am Abend des 3. Juni 2024 an der Mangfallbrücke in Kolbermoor im Einsatz, um Bäume und Baumstämme aus dem Wasser zu fischen.

Gerade auf der Mangfallbrücke habe er „sehr viele Schaulustige“ gezählt, resümiert Gollwitzer. „Der Trubel an der Mangfall hatte Eventcharakter: Ich glaube, an einem schönen Tag bei Ausflugsverkehr ist weniger los als es gestern der Fall war.“

Und das Bild gleiche sich: Die Kollegen aus Passau sprechen von ähnlichen Vorfällen an der Donau. Im Kreis Rosenheim wäre es auch nicht das erste Mal, dass Passanten wegen Überflutung gesperrte Innwege betreten.

Appell an den gesunden Menschenverstand

„Bei diesen strömenden Wassermassen, in denen Baumstämme mit gespült werden, als wären es Zahnstocher - da muss doch jedem normal denkendem Menschen auffallen, dass diese Situation vielleicht gefährlich sein könnte. Es ist schwierig, wie man da an die Leute und ihre Unvernunft appellieren soll“, räumt Gollwitzer ein.

Vor allen Dingen sollten die Menschen Hinweise der Sicherheitsbehörden ernst nehmen und nicht auf die eigene Sicherheit pochen. Der Polizeihauptkommissar hört oft Sätze wie „Es schaut doch gar nicht so schlimm aus“.

Gollwitzer ist es schleierhaft, wie es sein kann, dass sich Laien anmaßen, solche Situationen einzuschätzen und offizielle Anordnungen infrage stellen: „Ob der Hang abrutschen kann oder die Brücke statisch noch sicher ist - für diese Fragen gibt es Profis und Fachleute.“

„Es ist ein Wahnsinn“

Gerade mit Voyeurismus durch „Gaffer“ hat die Polizei des Öfteren zu tun. Und das nicht nur bei Unwetterkapriolen: Auch bei Unfällen wird rasch das Handy gezückt und aus dem Autofenster gefilmt und fotografiert, Fußgänger und Radfahrer passieren mit Handy in der Hand und laufender Kamera.

„Es ist ein Wahnsinn“, betont Gollwitzer. „Ich weiß nicht, ob das Bilderbedürfnis auf den sozialen Netzwerken diesen Drang anfeuert, dass ein derartiger Wettkampf um das beste Bild einer Katastrophen- oder Unfallgegebenheit entsteht.“

Ihm fehle das Verständnis, sich in Gefahr zu begeben, um ein perfektes Bild zu erlangen: „Das kann ich nicht nachvollziehen und ich weiß auch nicht, was in den Köpfen dieser Menschen vorgeht.

Doch wie lassen sich die Leute umstimmen? „Vermutlich immer und immer wieder an die Vernunft und den gesunden Menschenverstand appellieren“, schließt Gollwitzer seine Erläuterungen.

mb

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