Anwohner zeigt sich erleichtert
„Hat Harthausen nicht verdient“: Scharfe Kritik an umstrittenem Wohnbauprojekt in Bad Aibling
Das große Wohnbauprojekt im Aiblinger Ortsteil Harthausen sorgt nicht erst jetzt für Diskussionen. Doch der Wunsch, den Bebauungsplan für die anstehenden Bauten nochmal zu verändern, stößt vielen städtischen Entscheidungsträgern erneut sauer auf. Worum es geht.
Bad Aibling – Als die Vertreter der „BPD Immobilienentwicklung GmbH“, dem Bauherrn des großen Wohnbauprojektes im Ortsteil Harthausen, an diesem Abend das Bad Aiblinger Rathaus verlassen hatten, dürften sie ziemlich bedient gewesen sein. Zwar hatte das Gremium des Bauausschusses nichts beschlossen. Die Art und Weise, wie einige Stadträte über den Änderungsvorschlag des Projektes diskutiert hatten, kam jedoch einer harten Abfuhr gleich.
„Ich entnehme den Rückmeldungen, dass es hierfür wohl keine Mehrheit geben würde“, fasste es Aiblings Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) später ausgesprochen diplomatisch zusammen. Diskussionsgrundlage waren die vorgestellten Planungsvarianten zu einer möglichen Änderung des Bebauungsplanes „Harthausen Ost“. Dort wird soeben der erste Bauabschnitt mit zahlreichen Wohnungen fertiggestellt. Im Rathaus ging es nun um die Bauabschnitte 2 und 3 (Dr.-Wilhelm-Knarr-Weg), für die es zwar ebenfalls einen bereits genehmigten Bebauungsplan gibt. An dem die Bauträger jedoch gerne nochmal feilen möchten, was auf wenig Gegenliebe stieß.
„Zum heutigen Zeitpunkt nicht realisierbar“
Doch klar ist: Aus Sicht des Bauvorhabenträgers gibt es Handlungsbedarf. So werden für die Umsetzung der ausstehenden Bauabschnitte, bei denen weitere Wohneinheiten errichtet werden sollen, diverse Herausforderungen genannt. Etwa die Höhenentwicklung, das Entwässerungskonzept, die Wegführung zum Spielplatz oder die technische Umsetzung der Tiefgarage. Erfahrungen aus dem ersten Bauabschnitt hätten zudem gezeigt, dass etwa das Aiblinger Modell schwer platzierbar sei und dass der Verkauf der Wohnungen äußerst schleppend verlaufe – bisher sind nur 27 von 63 Wohnungen verkauft, etwa 40 Prozent. Neben dem Risiko des Leerstandes hätten sich auch die Marktbedingungen verändert, steigende Preise, steigende Zinsen, Inflation, Kaufzurückhaltung. Die klare Erkenntnis der BPD deshalb: „Die Bauabschnitte 2 und 3 sind auf Basis dieser Rahmenparameter zum heutigen Zeitpunkt nicht realisierbar.“
Mit einer Änderung des Bebauungsplanes, für die nun zwei Varianten vorgestellt wurden, soll die Planung noch einmal optimiert werden. Im Kern soll es eine Aufteilung in Teilbauabschnitte geben, die Wohnungen sollen flexibler und kleinteiliger werden und man wolle noch mehr auf Nachhaltigkeit setzen. Auch ein Energieversorgungskonzept sowie die Berücksichtigung sozialer Aspekte sollen in den Vordergrund gerückt werden. „Die Gesellschaft wird immer älter, wir brauchen beispielsweise mehr barrierefreie Wohnungen“, sagte ein Vertreter vor dem Bauausschussgremium.
Scharfe Kritik am Bauvorhaben
Doch die vorgeschlagenen Varianten sehen neben einer Geschossreduzierung der Tiefgarage auch ein deutlich verändertes Erscheinungsbild vor, was einigen Stadträten zu dicht, zu geometrisch und schlicht zu unattraktiv erscheint. „Ich war von Anfang an gegen das Projekt und hätte mir dort auch eine Bürgerbeteiligung gewünscht“, sagte etwa Florian Weber (Bayernpartei). „Seien Sie mir nicht böse, aber das passt überhaupt nicht nach Harthausen“, betonte er und kritisierte auch die Art der an die Wand projizierten Präsentation. Diese „beschönige etwas“ und bilde nicht die Realität ab. Webers Hauptkritikpunkte: „Die Wuchtigkeit, die gebaute Enge, die nicht zielführende Flachdachvariante.“ Schon der erste Bauabschnitt ähnele einem „Pflastergrab“ und sei, wenn auch Geschmacksache, „unattraktiv ohne Ende“.
Von Seiten der SPD-Fraktion kam im Vorfeld etwa der Vorschlag, zur Reduzierung der Baudichte einen Baukörper zu streichen und mit der gewonnenen Freifläche die Anordnung der benachbarten Gebäude zu entzerren. Mit hängenden Gärten und Balkonen könnten zudem die Fassaden belebt werden. Für AfD-Stadtrat Andreas Winhart sei die Bebauung „insgesamt viel zu dicht und aus der Zeit gefallen“. Er würde dafür keinen Cent investieren, betonte er.
„... dann müssen wir diesen Weg gehen“
Ganz anders sieht es Martina Thalmayr (Grüne), die den ersten Bauabschnitt in Harthausen grundsätzlich als gelungen ansieht. „Wenn wir von Nachverdichtung sprechen, müssen wir diesen Weg gehen.“ Und auch die neu geplanten Änderungen für die Folgeabschnitte, etwa die Aufteilung der Abschnitte, die CO₂-Einsparungen oder die Stockwerk-Reduzierung der Tiefgarage, könne sie gut verstehen. Auch einen vorgesehenen Quartiersplatz empfinde sie als Gewinn für die Menschen. Als „schade“ bezeichnete die Stadträtin dagegen die „sehr geometrische“ Struktur, die extrem lineare Aufteilung der Gebäude.
„Wir müssen die Strömungen in der Bevölkerung wahrnehmen“, betonte ÜWG-Stadträtin und Zweite Bürgermeisterin Kirsten Hieble-Fritz. Anders als zu Beginn, als sie auch wegen des Aiblinger Modells „mitgegangen“ sei, müsse sie sich nun politisch gegen das Vorhaben stellen. Zu wenig kreativ, mangelhafte städtebauliche Struktur, keine erkennbare Verbesserung.
Schlier: Baurecht ist vorhanden
Bürgermeister Schlier betonte noch einmal, dass das Baurecht in der Größenordnung vorhanden sei. „Die Frage ist aber, ob durch die vorgeschlagenen Veränderungen eine Verbesserung eintritt.“ Da das Bauausschuss-Gremium hierfür keine Mehrheitsfähigkeit signalisierte, bat der Rathauschef die Vorhabenträger, die Pläne noch einmal zu überarbeiten. Andreas Winhart ergänzte hierzu, dass die Bebauung der Bevölkerung einfach zu dicht sei. „Es wäre also gut, wenn Sie die Pläne nochmal mit nach Hause nehmen und zwei, drei Häuschen rausstreichen.“
Und auch Thomas Höllmüller (CSU), der grundsätzlich nichts gegen die Bebauung an besagter Stelle hat, drückte sich hinsichtlich der Anordnung der zwölf Gebäude unmissverständlich aus: „Das hat Harthausen nicht verdient.“ Bürgermeister Schliers Fazit: „Das Gremium ist schon gesprächsbereit, aber vielleicht braucht es eine weitere Variante.“
Bürger aus Harthausen zeigt sich erleichtert
Die seitens des Gremiums viel zitierte Bevölkerung hatte sich in Teilen selbst ein Bild der Diskussion an diesem Abend gemacht. So zeigte sich etwa Anwohner Markus Bergmann aus Harthausen, der seit längerem Kritik an der Stadtentwicklung übt, erleichtert, dass der Stadtrat hier eine klare Haltung einnehme. „Ich freue mich, dass hier offensichtlich ein Umdenken stattfindet und dass Präsentationen solcher Bauvorhaben kritischer gesehen werden.“ Bei der Planung müsste generell mehr Augenmerk auf der Lebensqualität liegen und darauf, wie gut sich neue Bauten wirklich in die bisherige Umgebung einfügen. Umso sinnvoller seien etwa Bürgerbeteiligungsverfahren, wie sie zuletzt bei der Planung des Thermenhotels stattgefunden haben.
Bergmann griff zudem einen im Ausschuss geäußerten Vorschlag auf, wonach Bauträger im Vorfeld mit sogenannten „Phantomgerüsten“ arbeiten sollten. Diese könnten der Bevölkerung einen Eindruck von den tatsächlichen Maßen und Dimensionen vermitteln, bevor es zu spät sei.

