Archäologen begleiten Bauarbeiten
Menschliche Skelette entdeckt: Was steckt hinter dem skurrilen Knochenfund in Berbling?
Für Aufsehen sorgt derzeit nicht nur die Vollsperrung im Bad Aiblinger Ortsteil Berbling. Im Zuge der Straßenbauarbeiten machten die Verantwortlichen zuletzt spektakuläre Entdeckungen. Was dahinter steckt.
Bad Aibling/Berbling – Seit Längerem beschäftigen die Straßenbaumaßnahmen den Bad Aiblinger Ortsteil Berbling. Im Rahmen der Dorferneuerung werden dort in erster Linie die Straßen saniert und erneuert. Da aktuell die Heinrichsdorfer Straße an der Reihe ist, ist seit Kurzem bis zum Jahresende die komplette Ortsdurchfahrt gesperrt. Doch aufsehenerregend ist nicht nur die angespannte Verkehrslage. Wie das OVB erfahren hat, wurde bei den Straßenarbeiten kürzlich eine ganz besondere Entdeckung gemacht.
So sollen vor wenigen Wochen bei Ausgrabungen im Bereich des Pfarrer-Benz-Wegs zwei menschliche Skelette gefunden worden sein. Später sei man zudem auf eine Kiste mit einzelnen Knochen gestoßen, heißt es vor Ort. Auf OVB-Anfrage bestätigte die Stadt Bad Aibling grundsätzlich die Entdeckung der menschlichen Überreste. „Der Stadtverwaltung ist bekannt, dass es den Knochenfund gab“, teilte Pressesprecherin Franziska Vogl mit. Über weitere Einzelheiten sei die Stadtverwaltung jedoch nicht informiert, da der Fund gleich im Anschluss weitergegeben worden sei.
Archäologen begleiten Bauarbeiten
Michael Memminger, Bauleiter des beauftragten Bauunternehmens „Swietelsky“ aus Rosenheim, erklärte auf Anfrage, dass die Straßenarbeiten generell archäologisch begleitet würden. „Im Prinzip steht permanent jemand neben dem Bagger und ruft ‚Stopp‘, wenn er etwas entdeckt.“ Laut Memminger seien im Zuge der Grabungen tatsächlich Skelette gefunden worden. Bei solchen Entdeckungen würden die Arbeiten dann sofort beendet und den Archäologen, die die Funde dann fachmännisch freilegen, werde das Feld überlassen. Generell, sagt der Bauleiter, könnten solche Funde immer wieder zu erheblichen Verzögerungen von Bauarbeiten führen.
Ein vergleichbarer Fall ereignete sich beispielsweise im vergangenen Jahr im Zentrum Bad Aiblings. Damals entdeckten Archäologen in den Baugruben für das Projekt „Wohnen am Mühlbach“ und Lichtspielhaus unter anderem Keramikscherben und Bruchstücke von Glas, deren Herkunft bis zurück ins Mittelalter reichte. Rund sechs Wochen lang dokumentierten und sicherten Archäologen die historischen Gegenstände. Eine derartige Verzögerung hatten die Knochen-Funde in Berbling, die in der Nähe des Friedhofs entdeckt wurden, nicht zur Folge. Doch was genau steckt diesmal hinter den Entdeckungen?
Bestattungen aus spätem Mittelalter oder der Frühen Neuzeit
Gegenüber dem OVB konnte ein Mitarbeiter der Kirchenverwaltung zunächst nur mutmaßen. Man kenne keine genauen Hintergründe. Ob der Fundort in der Nähe des Friedhofs dafür spreche, dass dieser früher womöglich versetzt oder umgebaut wurde oder ob es sich womöglich um einstige Bestattungen von ungetauften Menschen oder etwa um Tote nach Suizid handelt, die außerhalb des Friedhofs begraben wurden, sei unklar. Klar ist aber: Die von Archäologen freigelegten Funde sind unmittelbar an das Landesamt für Denkmalpflege übergeben worden.
„Im Bereich vor der Kirche außerhalb des Friedhofs in Berbling wurden Bestattungen gefunden – nach aktuellem Kenntnisstand aus dem späten Mittelalter oder der Frühen Neuzeit“, erklärt nun Jana Kreutzer, Pressereferentin der Behörde. Leider seien die Arbeiten in den Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege noch nicht abgeschlossen. Deshalb stünden aufschlussreichere Erkenntnisse noch aus, so Kreutzer.
Funde waren in Berbling keine Überraschung
Ihr zufolge gelte ein entsprechendes Gebiet, wie das in Berbling, meist als sogenannte „Vermutungsfläche“. Heißt: In unmittelbarer Nähe zum eingetragenen Baudenkmal der katholischen Pfarrkirche Heilig Kreuz und innerhalb des eingetragenen baudenkmalpflegerischen Ensembles „Ortskern Berbling“ seien archäologische Funde bei Grabungsarbeiten durchaus zu erwarten, jedoch nicht mit Sicherheit vorauszusagen.
Kreutzer allgemein: „Bodendenkmäler sind einzigartige Zeugnisse der Archäologie und Geschichte. Sie liefern Informationen über Lebensräume, Wirtschaft und Handel, soziale Strukturen und Lebensweisen vergangener Kulturen.“ Darum genießen sie gesetzlichen Schutz – auch jene, die noch gar nicht entdeckt wurden. Dabei handele es sich immer um „Fragmente“, also um im Boden erhaltene ortsfeste („archäologische Befunde“) oder bewegliche Relikte („archäologische Funde“) von abgegangenen Siedlungen, Befestigungen, Gräbern, Kultanlagen, Verkehrswegen oder Produktionsstandorten.
Strenge gesetzliche Regeln bei Bodenarbeiten
Ist also von einer geplanten Bebauung ein Teil eines Bodendenkmals betroffen oder ein Bereich, in dem solche vermutet werden, dann werde die Bauherrschaft darauf im Baugenehmigungsverfahren hingewiesen. Sie ist dann gemäß des Denkmalschutzgesetzes verpflichtet, die archäologischen Funde und Befunde zu erhalten. Bauherren, die Bodeneingriffe jedoch nicht vermeiden können, müssen zunächst eine denkmalrechtliche Erlaubnis für das Ausführen der Grabungsarbeiten bei der zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörde beantragen.
Zwar werde diese Erlaubnis meist gewährt, jedoch mit der Auflage, „die betroffenen Teile des Bodendenkmals durch eine archäologische Fachfirma ausgraben und dokumentieren zu lassen“, sagt die Pressereferentin des Landesamtes für Denkmalpflege Bayern. Später sollen die Ergebnisse der Grabungsdokumentation die Grundlagen zukünftiger fachlicher Einschätzungen und Beratungen, zum Beispiel von benachbarten Flächen, bilden. Erst nachdem alle notwendigen bodendenkmalpflegerischen Arbeiten vor Ort abgeschlossen sind, erteilt die Untere Denkmalschutzbehörde die Freigabe für die Bauarbeiten.