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Ein ungewöhnlicher Demo-Tag in Wasserburg

AfD will Christopher-Street-Day in Wasserburg „ergänzen“ – warum das so gar nicht geklappt hat

Hielt eine sehr differenzierte Rede: Anna Gmeiner, Mitorganisatorin des Christopher-Street-Days in Wasserburg, bei der Demo gegen die AfD-Kundgebung (im Bild hinten).
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Hielt eine sehr differenzierte Rede: Anna Gmeiner, Mitorganisatorin des Christopher-Street-Days in Wasserburg, bei der Demo gegen die AfD-Kundgebung (Bild hinten).

Christopher-Street-Day (CSD), AfD-Kundgebung, Protestaktionen gegen die AfD-Präsenz: Wasserburg hat am Samstag (6. Juli) einen Groß-Demo-Tag erlebt. Auf den ersten Blick verlief er friedlich, doch die Polizei hatte trotzdem zu tun, um Turbulenzen zu verhindern. Warum die CSD-Veranstalter auch hier viele Sympathie-Punkte sammelten.

Wasserburg – Als Anna Gmeiner, Mitorganisatorin des ersten Christopher-Street-Days (CSD) in Wasserburg das Mikron ergriff, regnete es Konfetti: Das war jedoch die einzige bunte Aktion am früheren Altstadtbahnhof, wo anders als beim CSD in der Hofstatt eher die Farbe Schwarz im Fokus stand: Etwa 100 Polizisten in ihren dunklen Uniformen und die schwarzen Flaggen der Antifa prägten das Bild.

Lautstarker Protest gegen die AfD

Auf der eine Seite: ein Grüppchen von etwa 15 AfD-Anhängern, die dem Aufruf des neuen Ortsverbandes Wasserburg-Rott zur „Ergänzung“ des CSD gefolgt waren, auf der anderen die Gegendemonstranten. Polizeisprecher Daniel Katz vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd sprach von gut 100, Veranstalter Luca Fischer von den Jusos Rosenheim Land, die gemeinsam mit dem Verein wasserburg.bunt, noAfD Rosenheim und der Grünen Jugend zur Teilnahme aufgerufen hatten, von etwa 150. Diese machten in brütender Hitze ihrem Unmut über die AfD-Kundgebung ausgerechnet am ersten Christopher-Street-Day in Wasserburg lautstark Luft: mit Musik und Sprechgesängen. Die Reden auf dem AfD-Podium waren oft nicht mehr zu verstehen.

Auf den ersten Blick verliefen die Veranstaltungen komplikationslos. Doch es kam auch zu brenzligen Situationen. Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd mit Einsatzleiter Polizeidirektor Volker Klarner nahm laut Sprecher Katz Personen im unteren einstelligen Bereich in Gewahrsam, weil sie sich mehrfach den Auflagen der Ordnungsbehörden und Polizei widersetzt hätten – eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr, die vom Polizeirecht gedeckt sei. Vertreter der Antifa aus Rosenheim, wo es jüngst eine ähnliche Vorgehensweise gegeben hatten, sprachen von polizeilicher Willkür. Ein Sprecher der neu gegründeten Gruppe „no Repression“, dessen Namen anonym blieb, prangerte am Mikrofon angebliches Fehlverhalten der Polizei, vor allem in Rosenheim, an.

Unterstützung durch Polizisten aus Niederbayern

In Wasserburg wurde die Inspektion durch Kräfte des Präsidiums und der Zentralen Einsatzdienste des Präsidiums Niederbayern unterstützt. Insgesamt waren etwa 100 Beamtinnen und Beamten im Einsatz. Es gab immer wieder Redebedarf zwischen Antifa-Vertretern und den Einsatzkräften in Bezug auf Absperrungen und zugewiesene Aufenthaltsflächen sowie die Mikrofon- und Musik-Lautstärke. Doch die Polizei hatte die Lage immer im Griff, sogar die Durchfahrt vor dem Bürgerbahnhof war jederzeit möglich. Zwischen Afd-Kundgebung und Gegendemo hatten die Beamten Absperrungen errichtet, die ein Aufeinandertreffen verhinderten.

Gut 100 bis 150 Gegendemonstranten positionierten sich gegen die AfD-Kundgebung.

Die meisten Demonstranten gegen die AfD hielten sich laut Katz an die Auflagen, die in Vorgesprächen mit der Versammlungsbehörde, dem Landratsamt Rosenheim, vereinbart worden waren. Sogar eine Abordnung der „Omas gegen rechts“ war mit Plakaten aus Rosenheim angereist: „Sehr merkwürdig“ sei es, dass die AfD ausgerechnet am Tag des Christopher-Street-Days mit ihrem neuen Ortsverband in Wasserburg auftreten, so Claudia Lübbert und Alexandra Buchmann. Sie empfänden es als ihre Pflicht, sich gegen diese Provokation zu stellen, auch um den CSD als Symbol für vielfältige Lebensformen zu unterstützen.

Robert Obermayr, Vorsitzender des Vereins Rio konkret, Veranstalter des alljährlichen Nationenfestes in Wasserburg, freute sich angesichts der kleinen Gruppe vor dem Podium der AfD darüber, dass es dieser nicht gelungen sei, ihre eigene Anhängerschaft für die Kundgebung zu mobilisieren. In der Tat bestand hier das Publikum vor allem aus Mandatsträgern wie dem Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Andreas Winhart sowie Bezirksrat Christian Demmel und einigen wenigen Interessenten. Die Moderation übernahm Lenz Berger, Schatzmeister des neuen Ortsverbands.

Spontaner Demonstrationszug zum CSD.

Brenzlig wurde es noch einmal zum Schluss gegen 15 Uhr, als nach Ende der AfD-Veranstaltung Gegendemonstranten Richtung CSD in der Hofstatt abrücken wollten: mit ihren Plakaten und Sprechgesängen. Eine spontan sich fortbewegende Versammlung, die erneute Absprachen mit der Polizei erforderte. Auch dieser Zug zur Hofstatt verlief laut Präsidium nach Festlegung der Auflagen, die eingehalten worden seien, problemlos.

Anna Gmeiner begeistert mit Rede

Anna Gmeiner des LBTQ+-Vereins Rosenheim war zuvor eine Rede gelungen, die sehr differenziert mit der ungewöhnlichen Situation umging, dass die AfD im bunten Wasserburg zur Gegenkundgebung gegen den CSD aufgerufen hatte. Sie sei gegen Hass und Hetze und müsse sich deshalb selber der Frage stellen, ob eine Demo gegen die AfD nicht genau dazu aufrufe. Doch es gebe Grenzen der Toleranz, die die AfD regelmäßig mit ihrem Hass auf die queere Community überschreite. Sie sei nicht gegen das Lebensmodell heterosexueller Menschen, doch es gelte zu akzeptieren, dass es Menschen geben würde, die sich beispielsweise als pan- und polysexuell verstehen würden und dies offen ausleben wollten. Es gebe kein vorgefertigtes Idealbild der Gesellschaft, des Zusammenlebens und der sexuellen Ausrichtung, „denn Liebe kennt keine Grenzen“. „Vielfalt statt Hass“, gab Gmeiner als Motto aus. Luca Fischer appellierte in seiner Rede dafür, Menschen zu ermöglichen, so zu leben, wie sie es wünschen würden, auch in Bezug auf ihre Sexualität. Es gelte, der Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, auch weil diese oft mit rassistischem Gedankengut verbunden sei.

Nur wenige Anhänger oder Interessenten konnte die AfD motivieren. Am Podium Leyla Bilge.

Leyla Bilge kritisiert geplantes Selbstbestimmungsgesetz

Auch die AfD hatte selbst eine Rednerin aufgeboten, die sich als Transgender-Frau versteht: Misha-Rosalie Bößenegger, stellvertretende Kreisvorsitzende aus München. Prominenteste AfD-Rednerin war Leyla Bilge, erst jüngst aus Berlin nach Rosenheim gezogen. Sie warf den Veranstaltern des Christopher-Street-Days vor, sich von linken Kräften vereinnahmen zu lassen. Bei CSD-Veranstaltungen wird in ihren Augen zu freizügig die Sexualität thematisiert und gezeigt ( „tanzende nackte Männer“). Das seien Bilder, die Kinder und Jugendliche verstören könnten. Im Mittelpunkt ihrer Rede stand das geplante Selbstbestimmungsgesetz mit den angedachten Möglichkeiten für transidente, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen, ihr Geschlecht selbst zu wählen.

Die Polizei-Bilanz

Die Polizei zieht nach dem Einsatz eine durchweg positive Bilanz. Die meisten Versammlungsteilnehmer machten friedlich von ihrem Recht der Versammlungsfreiheit Gebrauch und hielten sich an die von der Versammlungsbehörde erlassenen Auflagen und Beschränkungen, teilt sie in einer Presseerklärung mit. Nur bei wenigen Störern sei ein konsequentes Einschreiten durch die eingesetzten Beamten nötig gewesen, um den weiteren friedlichen Verlauf der Versammlung aufrechtzuerhalten. „Dabei kam es im Einzelfall durch einen Versammlungsteilnehmer, welcher dem linken Spektrum zuzuordnen ist, zu Widerstandshandlungen gegen die eingesetzten Beamten, indem er eine polizeiliche Absperrung durchbrechen wollte. Gegen die entsprechende Person wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Zudem kam es zu wenigen polizeirechtlichen freiheitsentziehenden Maßnahmen im einstelligen Bereich.“

Zufrieden zeigte sich auch der Einsatzleiter des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Polizeidirektor Volker Klarner: „Es hat sich gezeigt, dass die vorausschauenden Planungen im Vorfeld sowie das zielgerichtete konsequente Einschreiten der Polizei zum reibungslosen Versammlungsablauf beitrugen.“ Die Polizei werde auch in Zukunft bei solchen Einsatzlagen auf diese Leitlinien vertrauen. Ferner sei auch das vorrangig friedliche Verhalten der meisten Versammlungsteilnehmer zu loben. „Insbesondere die Teilnehmer am Christopher Street Day zeigten sich überaus kooperativ und für alle polizeilichen Maßnahmen sehr aufgeschlossen.“, so Klarner.

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