„Marafiki wa Afrika“ – Freunde von Afrika
„Zu Tisch bei Mama Bahati“: Wasserburgerin über ihr Engagement in Tansania
Vor 20 Jahren half Melanie Bumberger aus Wasserburg zum ersten Mal in Tansania als „Volunteer“. Seitdem engagiert sie sich bei verschiedenen Projekten. Wie sie mit oft tragischen Schicksalen umgeht und was sie am meisten am Land und den Menschen begeistert.
Wasserburg/Tansania – „Der weiße Gutmensch, der dem armen Afrikaner hilft“. Das will Melanie Bumberger auf keinen Fall verkörpern. Schließlich hätten die Europäer die Lage in Afrika mitzuverantworten. „Sei es durch unsere Geschichte oder durch unser Konsumverhalten“, sagt sie. Die 43-jährige Wasserburgerin ist Mitglied beim Verein „Marafiki wa Afrika“. „Freunde von Afrika“ bedeute es auf Deutsch. „Der interkulturelle Austausch und der wechselseitige Dialog sind unsere vorrangigen Anliegen“, erklärt sie. „Wir möchten von unseren Freunden lernen, sie unterstützen und in ihrem Land auch etwas für ihre Mitmenschen bewirken.“
Von Wasserburg nach Tansania
Bumberger ist in Wasserburg aufgewachsen und hat eine Ausbildung als Krankenpflegerin in Gabersee absolviert. Anschließend ging sie auf die FOS/BOS und studierte danach Soziale Arbeit in Regensburg. Derzeit ist die 43-Jährige im Fachdienst für Asyl und Migration bei der Caritas tätig. Mit 23 Jahren kam sie über eine Freundin in Kontakt mit „Marafiki wa Afrika“ und ging für mehrere Monate als „Volunteer“ nach Tansania. „Ich war im Projekt „Mavuno“ eingestetzt. „Mavuno“ bedeutet Ernte und ist eine Selbsthilfeorganisation von lokal ansässigen Kleinbauern in der Kagera Region im Nordwesten Tansanias“, erklärt die Wasserburgerin.
Bananen, Mangos, Bohnen und Kaffee würden in der Region das Landschaftsbild prägen. „Die meisten Bauern leben in Lehmhütten und haben kein fließendes Wasser oder Strom. Ein paar PV-Zellen gibt es jedoch“, beschreibt Bumberger die Gegebenheiten im Nordwesten Tansanias. Gekocht werde größtenteils über einer Feuerstelle.
Landwirtschaft und Kunstprojekt
„Bei meinem ersten Aufenthalt half ich im landwirtschaftlichen Projekt mit und war Ansprechpartnerin für die Belange der Bauern.“ Im November 2023 fuhr sie nach eigenen Angaben zuletzt mit dem Künstler Marian Kretschmer nach Tansania und führte mit den Mädchen der „Mavuno Girls Secondary School“ ein Kunstprojekt durch, berichtet Bumberger. Die meisten Kinder und Jugendlichen hätten noch nie in ihrem Leben gezeichnet. Über zwei Wochen habe sich das Projekt gezogen und am Ende bemalten Bumberger und Kretschmer gemeinsam mit den Mädchen eine Wand der Schule.
Die in Afrika gesammelten Erfahrungen beeinflussen Bumberger in ihrem Alltag. „Die Probleme, die ich in Deutschland habe, sind im Vergleich zu dem, womit die Menschen aus den Projekten konfrontiert sind, klein“, betont sie. Die Bauern in der Kagera Region seien stark vom Wetter abhängig und würden die Auswirkungen des Klimawandels schon viel stärker spüren, als es in Mitteleuropa der Fall sei. „Die Regenzeit bleibt manchmal aus und es hat im vergangenen Jahr gehagelt. Das hatte es vorher noch nie gegeben“, so die Wasserburgerin. Auch die Inflation sei in Tansania spürbarer als in Deutschland. „Früher hat die Butter 250 Schilling gekostet. Nun liegt der Preis schon bei 850. Das Gehalt ist jedoch gleich geblieben“, beschreibt Bumberger die Lage. „Die Frauen vor Ort wissen oft nicht, wie sie ihre Familie am Abend ernähren sollen. Das muss man sich mal vorstellen. Für mich wäre eine derartige Unsicherheit extrem belastend“, sagt sie.
Vertrauen aufbauen
Auch die erste Zeit ihres „Volunteers“-Aufenthalts war für Bumberger hart. „Also, man braucht sich nicht einbilden, dass man dort ankommt und gleich was bewirkt“, erklärt die 43-Jährige. Sie habe erst einmal die Sprache, also Suaheli, lernen müssen. So habe sie sich mit den Menschen vor Ort unterhalten und ein Vertrauen aufbauen können. Außerdem herrsche in der Region ein Bild vom „weißen Menschen, der das Sagen hat“, so die Wasserburgerin. Sie habe sich zum Beispiel als einzige auf einen Stuhl setzen müssen, während alle anderen am Boden Platz genommen hätten. Auch Kinder hätten sich oft nicht getraut, ihr ins Gesicht zu schauen. „Ich bin mir wie ein Kolonialherr vorgekommen, was schwierig für mich auszuhalten war. Ich war damals nur eine Studentin und kannte mich kaum in der Landwirtschaft aus“, sagt sie. „Nur weil ich weiß bin, kann ich nicht alles.“
Als besonders wichtig schätzt Bumberger die Arbeit von „Mavuno“ im Bildungsbereich ein. Zur Schule gehen, sei in Tansania mit vielen Kosten verbunden. „Schuluniformen und Schreibartikel müssen selbst gekauft werden“, betont sie. Doch nur durch Bildung seien die Menschen in der Lage, ihre Lebenssituation zu verbessern. Mavuno betreibe deswegen eine weiterführende Schule für Mädchen. „Ziel ist es, ihnen eine gute Bildung zu ermöglichen, sodass sie zu selbstbewussten, jungen Frauen heranwachsen, die die Zukunft der Gesellschaft und des Landes mitgestalten können“, sagt die Wasserburgerin.
Neben der Schule betreibe Mavuno außerdem ein Waisenhaus. „Kinder, die einen oder beide Elternteile verloren haben, haben keine Chance auf Unterricht“, erklärt Bumberger. Die Bildungseinrichtungen sollen zudem einen sicheren Ort für die Jugendlichen und Kinder darstellen. „Wir haben es vor Ort auch mit jungen Mädchen zu tun, die vergewaltigt wurden. Und wenn man in Tansania schwanger ist, darf man die Schule nicht weiter besuchen“, sagt sie.
Fokus auf Ist-Situation
Mit oft tragischen Schicksalen konfrontiert zu sein, kennt Bumberger schon seit ihrem Einsteig in das Berufsleben. Sie wisse damit umzugehen. „Ich lege den Fokus auf die Ist-Situation und was noch folgen soll und nicht darauf, was früher geschehen ist“, erklärt sie. „Ich habe in meiner Arbeit bei Mavuno auch viele tolle Sachen erlebt“, fügt die 43-Jährige hinzu. Das Schönste sei, Personen als Kinder kennengelernt zu haben und sie später wieder zu treffen. „Wenn sie studieren waren und wieder in die Region zurückkommen, um dort zu einer Verbesserung der Lebensstandards beizutragen.“ Und es sei wunderbar zu sehen, dass die Arbeit aus den Projekten Wirkung zeige. „Früher haben die Mädchen als Berufswunsch entweder Ärztin oder Lehrerin gesagt. Etwas anderes kannten sie nicht. Heute wollen sie Gynäkologin oder Chemikerin werden. Und sie haben keine Scheu mehr, sondern sind selbstbewusst und manchmal sogar etwas frech. Das finde ich total cool“, sagt Bumberger schmunzelnd.
Außerdem sind für Bumberger einige Bekanntschaften zu Freundschaften geworden. Bei den Besuchen in Tansania sei immer klar, wo sie wohnen werde. „Natürlich bei Mama Bahati. Ihr oberstes Ziel ist es dann immer, mich gut zu bekochen, damit ich mit ein paar Kilos mehr am Körper wieder heimfahre“, verrät die Wasserburgerin. Auch mit Bahatis Tochter Franzisca ist Bumberger befreundet. Über den Verein habe sie auch Kontakt zu anderen Mitarbeitenden im „Mavuno“-Projekt. Die Organisation lege viel Wert auf gegenseitiges Vertrauen. „Es ist einfach schön, wenn einem Wertschätzung entgegengebracht wird, obwohl wir nicht der größte Geldsponsor sind. Oder wenn ich weiß, eine Person vertraut sich mit ihrem Anliegen nur mir an. Dabei merke ich, dass ich es richtig gemacht habe und schöpfe daraus Kraft.“
„Marafiki wa Afrika“: Deutschland und Tansania
Bei „Marafiki wa Afrika“ werde zwischen dem deutschen und dem tansanischen Verein unterschieden. Die gleichnamigen Gruppen seien eigenständige Organisationen, erklärt Melanie Bumberger, die sich seit 20 Jahren bei beiden Teilen engagiert.
„Marafiki wa Afrika Tansania (MAT)“ unterteilt sich laut Website in verschiedene Projekte. MAT funktioniert dabei als eine NGO und betreibt zum Beispiel die „Baramba Girls Secondary School“. Aus MAT geht eine weitere NGO namens „Mavuno“ hervor. Mit „Mavuno“ sei ein Assistance Leraning Center entstanden. Ziel sei es, das Wissen mehrerer Bauern zusammenzuführen, um so voneinander zu lernen und den Lebensstandard zu verbessern, sagt Bumberger.
„Marafiki wa Afrika“ – Deutschland sei hauptsächlich für die Spendensammlung zuständig. Auch freiwillige Helferinnen und Helfer (Volunteers) würden von deutscher Seite vermittelt werden, so Bumberger.
Beide Vereine seien eigenständig organisiert. Die Spenden werden vom deutschen Verein projektspezifisch gesammelt. Wo sie eingesetzt werden, entscheiden die Mitarbeitenden des Vereins in Tansania, betont Bumberger. „Auch wenn man bei uns als Spendenpate bezeichnet wird, hat man kein Patenkind im wahrsten Sinne des Wortes, sondern fungiert als Spendenpate eines Projekts“, erklärt Bumberger. Damit wolle die Organisation verhindern, dass es in den Schulen oder Waisenhäusern zu ungleichen Verteilungen komme und Kinder aufgrund ihres deutschen Paten anders behandelt werden würden, erläutert sie.







