Gegen rechts
„Dinos würden Nazis fressen“? So war die Demo gegen rechts in Wasserburg
Die Stadt Wasserburg steht gegen rechts. Wie die Demonstration für Demokratie und gegen Rechtsextremismus ablief.
Wasserburg – Wann immer es um die Verteidigung von Toleranz und Menschenfreundlichkeit geht, ist in Wasserburg was los. So war die Kundgebung am vergangenen Samstagnachmittag vor dem Rathaus bestens besucht: Aufgerufen hatte das parteiübergreifende Bündnis „wasserburg.bunt“, gemeinsam einzutreten für Demokratie und gegen Rechtsextremismus: „Nie wieder ist jetzt“, so das Motto. Schon vor Veranstaltungsbeginn war der Marienplatz und auch gegenüber, unter den Arkaden, zum Bersten voll – 500 Teilnehmer laut Veranstalter und Polizei, darunter viele Stadträte.
Damit schloss sich Wasserburg den zigtausend Demonstrierenden an, die seit dem Bekanntwerden der „Deportationspläne“ rechter Parteien und Gruppierungen in ganz Deutschland auf die Straße gehen, um endlich das Schweigen und Zuschauen im Land zu beenden. Zehn Vertreter aus Politik, Kultur und Vereinen aus Wasserburg meldeten sich am Samstag öffentlich zu Wort, musikalisch unterstützt vom „Trio Tonale“.
Demokratie braucht Schutz
„Weltoffen, demokratisch und bunt ist Wasserburg - und so soll es auch bleiben!“ brachte Steffi König, Stadträtin (Bündnis 90/Die Grünen) als Sprecherin des Bündnisses die wichtigste Botschaft auf den Punkt. Bürgermeister Michael Kölbl verwies auf den Schutz, den die Demokratie allen biete – die aber auch des Schutzes aller bedürfe: „Wir müssen uns engagieren, jeden Tag und überall. Nur so bleibt die Würde jedes Menschen unantastbar“, rief Kölbl Artikel eins des Grundgesetzes in Erinnerung.
„‚Nie wieder‘ ist nicht jetzt - ‚nie wieder‘ ist immer“, rief Annett Segerer vom Theater Wasserburg. Kabarettist Michael Altinger, Schirmherr von „wasserburg.bunt“, rief zur politischen Auseinandersetzung auf und ermahnte, Anhänger der AfD nicht pauschal als Nazis abzustempeln. „Wir leben nicht in einer Meinungsdiktatur“, so Altinger. Christian Peiker warnte vor den Besteuerungsplänen der AfD bei höheren Einkommen: „Das würde sich nicht mal die FDP trauen!“, so der Stadtrat (SPD).
Auch Stadtrat Wolfgang Schmid (CSU), Basketballtrainerin Johanna Retzlaff, Luca Fischer (Jusos Rosenheim Land), Robert Obermair von „Rio Konkret“ und Sofia Clemente vom Wasserburger Kulturkreis traten mit ihren Beiträgen für kulturelle Vielfalt, Gleichberechtigung und eine offene Gesellschaft ein.
Viel Zustimmung für Redner
Für ihre kraftvollen Statements, Bekenntnisse zur Demokratie und Appelle, sich offen gegen rechte Hetze im Alltag zu äußern, ernteten die Rednerinnen und Redner viel Zustimmung.„Ich fühle mich sehr angesprochen von der ganzen Sache“, sagte Mihael Zovko (42), einer der Demonstranten. Er sei in München geboren, seine Eltern seien aus Kroatien nach Deutschland gekommen, „klassische Gastarbeiter“, so Zovko. Er selbst sei Lehrer und lebe mit seiner Familie in Wasserburg. Mit seinem Migrationshintergrund fühle er sich „zum ersten Mal in meinem Leben als Mensch zweiter Klasse“. Hier zu sein tue ihm gut. „Das ist die Grundlage, im Alltag muss man jetzt Kante zeigen.“
Viele Demonstraten auch aus dem Umland
Viele Demonstranten waren auch aus dem Umland angereist. Wie etwa Christine Böhm (53), Gemeinderätin aus Soyen. Sie demonstriere schon seit Jugendzeiten. Kürzlich sei sie Oma geworden: „Da denkt man mehr über die Zukunft nach“. Ähnlich geht es Birgit Michaelis (57). „Ich gehe auf alle Demos, wenn es gegen rechts geht“, so die Wasserburgerin. Die beiden Frauen überlegen, sich den „Omas gegen rechts“ anschließen, die sich erst kürzlich in Rosenheim gegründet und ebenfalls nach Wasserburg gekommen waren. Demonstrant Ingbert Haas (79) erzählt, dass er erst vor einem halben Jahr nach Wasserburg gezogen sei und schon zum zweiten Mal auf der Straße stehe: „Weil ich es wichtig finde, sich hier zu zeigen. Die sollen merken, dass man dagegen ist.“
Natürlich bewiesen die Wasserburger auch Kreativität im politischen Protest: „Dann lieber Fasching, als Faschismus“ oder „Hass ist hässlich“, war auf den selbst gestalteten Schildern zu lesen. „Dinos würden Nazis fressen“ stand auf dem Plakat des siebenjährige Joshua. Er sei mit seiner Schwester Emilie (10) aus Nürnberg zu Besuch und mit auf der Demo – schon die zweite „gegen die AfD“.
Bei überschaubarem Polizeiaufgebot löste sich die Kundgebung nach etwa 90 Minuten auf. Steffi König zeigte sich zufrieden: „Auf Wasserburg ist Verlass“.



