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Kleines Dorf, großer Widerstand

Rott demonstriert auch bei minus 11 Grad gegen Flüchtlings-Unterkunft: Das soll jetzt passieren

Am Sonntag (3. Dezember) fand eine Demonstration gegen die geplante Erstaufnahmeeinrichtung von Geflüchteten in Rott statt.
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Am Sonntag (3. Dezember) fand eine Demonstration gegen die geplante Erstaufnahmeeinrichtung von Geflüchteten in Rott statt.

Die Rotter wehren sich weiterhin vehement gegen die geplante Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge. Bei Eiseskälte haben am Sonntag (3. Dezember) über 300 Personen dagegen demonstriert. Die Bürgerinitiative will ein deutliches Signal setzen und plant bereits die nächste Demo.

Rott – Kleines Dorf, großer Widerstand: Die Gemeinde Rott „rot(t)iert“ weiter. Nach der Bekanntgabe, dass in der Kommune eine Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 500 Geflüchtete kommen soll, wehren sich die Bürger weiterhin vehement gegen dieses Vorhaben. Vergangenen Sonntag (3. Dezember) hat bereits zum zweiten Mal eine Demonstration im Ort stattgefunden.

Über 300 Personen haben daran teilgenommen, wie der Sprecher der Bürgerinitiative „Rott rot(t)iert“, Nepomuk Poschenrieder, berichtet. „Bei Minus elf Grad, Eiseskälte und schneebedeckten Straßen setzte die Bürgerinitiative erneut ein deutliches Signal gegen die geplante Einrichtung“, so Poschenrieder in der Pressemitteilung.

„Wir sagen Nein zu einer Sammelunterkunft für 506 Flüchtlinge in Rott“ ist auf einem Plakat zu lesen.

Bewusst hätten sich die Demonstranten in der Sackgasse des Gewerbegebiets, direkt vor dem vorgesehenen Gebäude versammelt, um der Politik ihre Ablehnung dieser Entscheidung zu zeigen. „Das Wetter und die Minusgrade spielten uns leider nicht in die Karten“, so Poschenrieder weiter. „Dennoch bleiben wir weiterhin entschlossen, unser Anliegen öffentlich zu machen und die Interessen der Anwohner und Rotter Bürger auf die geplante Erstaufnahmeeinrichtung zu vertreten. Eine nächste Demo ist bereits in Planung“, erklärt er in der Pressemitteilung. Die Organisatoren weisen in der Erklärung erneut darauf hin, dass sich die Bürgerinitiative von jeglicher Form von Hass, Diskriminierung, Gewalt und extremistischem Verhalten distanziere. Am Wochenende davor (26. November) fand im Kaisergarten in Rott eine Lichterkette statt, an der über 500 Personen teilnahmen, so Poschenrieder.

Klemens Seidl, Nepomuk Poschenrieder, Martin Wölflick (von links) von der Bürgerinitiative „Rott rot(t)iert“.

Grüne Jugend Rosenheim nimmt Stellung

Zu der Thematik hat ebenfalls die Grüne Jugend Rosenheim in einer Pressemitteilung Stellung genommen. Sie erklären: „Wir als Grüne Jugend stehen für offene Grenzen, eine faire Verteilung der Asylsuchenden in Europa und innerhalb Deutschlands und sprechen uns ganz klar gegen eine Deckelung der Zahl der Geflüchteten aus. Das Grundrecht auf Asyl muss ein Grundrecht bleiben“, so die beiden Sprecher, Jonas Turber und Anna Gmeiner, in der Erklärung.

„Hier soll es aber um das konkrete Beispiel in Rott und die Versäumnisse und Taktiken des Rosenheimer Landrats Otto Lederer (CSU) gehen. In Rott soll die neue Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete des Landkreises entstehen, um die Turnhallen, beispielsweise in Bruckmühl, zu entlasten. Wir kritisieren besonders drei Punkte an diesem Konzept: Die Standortwahl, den Zeitpunkt und Massenunterkünfte an sich“, lautet die Pressemitteilung weiter.

„Wir halten den Standort im Gewerbegebiet für absolut ungeeignet, um eine sinnvolle Integration der Geflüchteten in die Gesellschaft zu ermöglichen. Das liegt nicht nur daran, dass der Standort sehr abgelegen ist, sondern auch an der riesigen Zahl an Menschen, die dort untergebracht werden sollen. 500 Menschen in einer Halle über Monate auf kleinem Raum unterzubringen ist menschenunwürdig“, so die beiden Sprecher. „Das ist nicht nur für die Geflüchteten eine riesige Herausforderung, auch für die ehrenamtlichen Unterstützer vor Ort wird die große Zahl allein zum Problem.“

„Eine Aufteilung auf mehrere Orte, um die Kommunen zu entlasten und die Geflüchteten besser unterstützen zu können wäre wesentlich sinnvoller. Hier bleibt es leider bei der CSU-Politik der möglichst großen Ankerzentren“, lautet die Presserklärung weiter. Die politische Vereinigung beanstandet, dass „die Rotter Bürger sich zurecht übergangen fühlen, was die Kommunikation des Landrats angeht“. Landrat Otto Lederer habe Bürgermeister Daniel Wendrock erst nach den Landtagswahlen über das Vorhaben informiert. „Von einem konstruktiven Dialog des Landrats kann hier keine Rede sein“, kritisiert die Grüne Jugend in der Presseerklärung.

Mit Größenordnung überfordert

Auch Matthias Eggerl, Gemeinderatsmitglied in Rott, JU-Kreisvorsitzender, CSU-Kreis- und Bezirksrat, nimmt zu der Thematik in einer Pressemitteilung Stellung: „Die geplante Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete treibt die Bürger in Rott weiter um. Sowohl die CSU Rott, als auch der gesamte Gemeinderat haben einstimmig klargemacht, dass sich die Kommune mit einer Einrichtung in dieser Größenordnung überfordert fühlt und deshalb daran arbeitet, dass sie nicht wie geplant realisiert wird“, erklärt er schriftlich.

„Die CSU hat immer wieder deutlich gemacht, dass sie eine dezentrale Unterbringung bevorzugen würde. Leider ist es momentan so, dass bei akutem Wohnungsmangel und konstant hohen Flüchtlingszahlen nicht genügend Wohnraum für eine solche Unterbringungsform zur Verfügung steht“, so Eggerl in der Presseerklärung.

Matthias Eggerl ist Gemeinderatsmitglied in Rott, JU-Kreisvorsitzender sowie CSU-Kreis- und Bezirksrat.

Schüler sollen Turnhallen wieder nutzen können

„Dass Landrat Otto Lederer versucht, die seit Langem belegten Turnhallen in Bruckmühl und Raubling wieder für den Sport freizugeben, halte ich für richtig und absolut notwendig. Die Schüler, aber auch die Vereine, sollen die Hallen baldmöglichst wieder nutzen können. Auch im Sinne der Geflüchteten wäre eine Unterbringung außerhalb der Turnhallen zu bevorzugen“, erklärt der Kreis- und Bezirksrat weiter. „Eine Nutzung von Gewerbeimmobilien würde eine Verbesserung darstellen – auch wenn dies natürlich auf Dauer keine Lösung ist. Für die Erstaufnahme, die nur wenige Monate dauert, halte ich sie aber für zumutbar“, findet Eggerl. Es müsse daran gearbeitet werden, „die irreguläre Migration zeitnah und spürbar zu reduzieren“. „Außerdem sollte den Landratsämtern die rechtliche Möglichkeit gegeben werden, Flüchtlinge und Asylbewerber auf Grundlage einer fairen Verteilungsquote auf die Gemeinden zu verteilen“, fordert er.

Keine konstruktiven Vorschläge

Auch die Jusos Rosenheim-Land hat sich zu der Debatte geäußert. Die politische Vereinigung kritisiert die Bürgerinitiative „Rott rotiert“ im Vorfeld der geplanten Lichterkette in einer Pressemitteilung scharf. Die BI verfolge als einziges Ziel die Verhinderung der Flüchtlingsunterkunft, so die Jusos. Konstruktive Vorschläge zur Lösung der Situation gebe es nicht. Stattdessen sei von „Widerstand“ die Rede. „Widerstand gegen Menschen, die wegen Krieg, Hunger und Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen mussten. Diesen Menschen ein Dach über dem Kopf verweigern zu wollen, ist unmenschlich“, findet Juso-Sprecher Luca Fischer.

Das Argument der Initiative, ein Protest mit „Lichterketten“ passe gut in die Adventszeit, bewertet er als „schäbig“: „Auch Jesus war ein Flüchtling!“ Die Jusos finden, „Rott rotiert“ habe kein stichhaltiges Argument gegen die Erstaufnahme-Einrichtung. Sie werfen der BI in der eine Seite umfassenden Pressemitteilung vor, sich anders als behauptet nicht ausreichend gegen extreme Ansichten abzugrenzen. Außerdem fehle es der BI „an Sachlichkeit“, so die Jusos.

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