Sanierung der Ortsmitte
Glonner Straße dauerhaft dicht? So soll sich Feldkirchen-Westerham in Zukunft verändern
Seit Längerem diskutiert Feldkirchen-Westerham über eine Sanierung der Ortsmitte. Nun wurde ein konkretes Konzept vorgestellt, das unter anderem Verkehrsberuhigung, mehr Grünfläche und eine Aufwertung des Feldkirchner Bachs vorsieht. Doch warum soll die Glonner Straße gesperrt werden?
Feldkirchen-Westerham – Die Frage, wie die Gemeinde Feldkirchen-Westerham attraktiver werden kann, beschäftigt den Gemeinderat seit fast drei Jahren. In einer Sondersitzung des Gemeinderats wurden nun mögliche Sanierungen zur Aufwertung der Kommune erneut behandelt. Denn Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Verkehr, Klimaschutz und eine funktionsfähige Ortsmitte werden immer wichtiger. Auch in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham. Nun wurde ein Lösungskonzept vorgestellt, wie sich die Gemeinde in Zukunft verändern kann. Doch nicht alle Gemeinderäte waren damit zufrieden.
Für dieses Konzept sammelte die Kommune gemeinsam mit den Unternehmen USP Projekte, „Planungsgesellschaft Stadt Land Verkehr“ und Urban Space bei mehreren Veranstaltungen Wünsche und Anregungen, an denen sich auch Bürger beteiligten konnten. In diesem Zuge wurde ein „Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK)“ für die gesamte Gemeinde aufgestellt. Hierbei wird geprüft, in welchen Gebieten Verbesserungsbedarf besteht und welche Sanierungsmaßnahmen die Gemeinde aufwerten kann. Zunächst ging es um den Kernort Feldkirchen.
„Dadurch geht die Funktion einer Ortsmitte verloren“
„Zu Beginn muss man sagen, dass Feldkirchen-Westerham insgesamt ein wunderschöner Ort mit einer wunderschönen Landschaft und einer tollen Baukultur ist“, begann Dr. Sonja Rube von USP Projekte, die Ergebnisse der ISEK vorzustellen. Doch neben dem „Bewusstsein fürs Bauen“ habe die Gemeinde auch einige Missstände. Ganz vorne stehe der Verkehr, der durch die Ortsmitte Feldkirchen führt. Für Rube steht fest, dass die Staatsstraße 2078 negative Auswirkungen hat. „Dadurch geht die Funktion einer Ortsmitte verloren. Durch den Verkehr hat man wenig Lust dort einzukaufen, sich mit anderen zu treffen oder den Außenbereich einer Gastronomie zu benutzen“, sagt sie.
Der Autoverkehr werde auch am westlichen Ortseingang gefördert. Denn dort gibt es mehrere Automobilgewerbe, eine Tankstelle und den TÜV Süd. Für Fußgänger eher unattraktiv. Außerdem gibt es laut Rube viele Flächen, die „untergenutzt“ sind und wo „nur Autos abgestellt“ werden. Auch hier stecke viel Potenzial, die Ortsmitte aufzuwerten. „Generell brauchen wir Orte, Plätze und Räume, wo man sagt, da bin ich daheim und da fühle ich mich wohl“, so Rube. Doch was soll sich nun genau ändern?
Feldkirchner Bach soll erlebbar werden
Zum einen soll die Staatsstraße 2078 verkehrsberuhigend gestaltet werden, damit sie der Ortsmitte gerecht wird. „Staatsstraßen bestehen immer aus ganz viel Asphalt und großen Bordsteinen und das wollen wir jetzt durch eine städtebauliche Gestaltung ändern“, erklärt Rube. Bedeutet, dass die Straße in die Ortsmitte eingebunden werden soll, wodurch Autofahrer langsamer fahren müssten. Auch bessere Bedingungen für Fußgänger und Radfahrer sollen geschaffen werden.
„Ein unglaubliches Potenzial in der Gemeinde ist der Feldkirchner Bach“, betont Rube. Allerdings gäbe es viele Stellen, wo der Bach aus dem Blickfeld verschwindet. Rube schlägt deshalb vor, den Bach sichtbarer und erlebbarer zu machen. So sollen unter anderem Erholungsräume mit Spielmöglichkeiten und Aufenthaltsbereichen entlang des Baches in der Glonner und Ollinger Straße geschaffen werden. Direkt am Bach könne man außerdem eine Holzterrasse oder Treppen ins Wasser errichten. Und auch die Begrünung der Bachufer müsse gestärkt werden, um die Biodiversität zu fördern und das Mikroklima zu verbessern.
Glonner Straße nicht mehr für Autofahrer zugängig
„Um das zu erreichen, wäre es notwendig, dass die Glonner Straße beruhigt wird, in dem dort keine Autodurchfahrt mehr möglich ist“, erklärt Rube. Der Verkehr soll dann über den Pfarrer-Huber-Ring umgeleitet werden. Zudem soll im selben Zuge auch beim alten Postamt ein kleiner Platz errichtet werden, der dann von Fußgängern genutzt werden kann, um schneller zur Dorfmitte zu gelangen. Die Sperrung der Glonner Straße ist ein Vorschlag, der bei einem Mitglied des Gemeinderats auf Unverständnis stößt.
„Die Glonner Straße ist ein Bereich, der mich extrem stört“, sagt Pro-Bürger-Fraktionsvorsitzender Franz Bergmüller. Denn dabei handele es sich um eine Hauptverbindungsstraße, die für viele Autofahrer wichtig sei. Bergmüller betont, dass die Glonner Straße für den Verkehrsfluss unbedingt erhalten bleiben soll. „Wenn sie gesperrt wird, braucht es eine Alternative und die sehe ich hier nicht“, so der Fraktionsvorsitzende.
Doch eine Alternative gäbe es. Laut Dr. Sonja Rube ist die verkehrlich bedeutendste Maßnahme die Abhängigkeit der Glonner Straße. Sollte die Zufahrt gesperrt und die Kreisstraße auf den Pfarrer-Huber-Ring verlegt werden, würde das zu einer Vielzahl von neuen Linkseinbiegern an der Kreuzung Pfarrer-Huber-Ring und Münchner Straße führen. Um einen fließenden Verkehr zu gewährleisten, könnte ein Kreisverkehr errichtet werden. Doch auch das überzeugt Franz Bergmüller nicht. Er spricht sich weiterhin gegen die Sperrung der Glonner Straße aus.
Für Rube hingegen sind „untergenutzte“ Bereiche ein Dorn im Auge. Denn damit würde zu viel Potenzial zur Innenentwicklung und Nachverdichtung verschwendet werden. Darunter falle unter anderem ein großer Teil der für den Auto-Einzelhandel gewerblich genutzten Grundstücke zwischen der Münchener Straße und dem Pfarrer-Huber-Ring sowie der zentrale Parkplatz an der Schießstattstraße und der ehemalige landwirtschaftlich genutzte Hof am Grieblweg. „Wir sehen dort ein größeres Verdichtungspotenzial oder Umbaupotenzial“, so Rube.
Neben der Veränderung an der Staatsstraße soll der Fokus auch auf gut ausgebaute Rad- und Fußwege gelegt werden. „Zudem soll in den Wohngebieten durchgehend Tempo 30 gelten“, sagt Rube. Ebenfalls wichtig seien genügend Grünflächen. „Man könnte sich auch überlegen, Alleen an der Straße zu pflanzen, wenn man von München nach Feldkirchen-Westerham reinfährt“, schlägt Rube vor.
Kosten von 37 Millionen Euro
Ungefähr 60 Maßnahmen sollen durch das ISEK angegangen werden. Die Kosten dafür würden sich auf 37 Millionen Euro belaufen. „Nun ist es wichtig zu überlegen, welche Aufgaben wir als Erstes erledigen“, sagt Bürgermeister Johannes Zistl (OLV). Denn nicht alles könne sofort umgesetzt werden und es gebe auch Maßnahmen, die vielleicht gar nicht realisierbar sind. Zudem soll nicht nur die Ortsmitte Feldkirchen saniert werden. Auch die von Großhöhenrain und Feldolling sollen ausgebaut und aufgewertet werden.
Bei der Priorisierung der Maßnahmen kam von den Grünen gleich vier Anträge auf Änderung. „Wir wollen, dass der Fuß- und Radweg an der Staatsstraße höher priorisiert wird“, betont Thomas Henties. Für die Partei sei dieser Ausbau besonders wichtig. Allerdings wurde der Antrag mit 11 zu 9 Stimmen abgelehnt. Ebenfalls sahen die Grünen im Bau der Seniorentagesstätte die höchste Priorisierung. Doch auch dieser Antrag wurde mit 12 zu 8 Stimmen abgelehnt.
„Wir beantragen außerdem die Streichung der Bahnunterführung für Kfz-Verkehr“, sagt Henties weiter. Auch dieser Antrag bekam mit 15 zu 5 Stimmen keine Zustimmung. Zuletzt ging es um das Thema Wärmeversorgung. „Darüber muss man sich mehr Gedanken machen. Es ist ein Thema, das man sofort angehen sollte, vor allem bei neuen Baugebieten“, betont Henties. Die Grünen forderten, dass diese Maßnahme von der Prioritätenliste drei auf zwei geschoben wird. Auch diesem Antrag wurde mit 12 Stimmen nicht stattgegeben.
Dem gesamten Verfahrensbeschluss wurde mit 19:1 zugestimmt. Die Sanierungssatzung, die festlegt, in welchem Gebiet einer Gemeinde städtebauliche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, wurde ebenfalls mit 19:1 beschlossen.

