Ein Kreuzerl für die Demokratie
Europawahl am 9. Juni – So hat die Region vor fünf Jahren gewählt
Am Sonntag (9. Juni) findet in Deutschland die Europawahl statt. Erstmals können auch 16- und 17-Jährige zwischen 34 Parteien und Bündnissen wählen. 2019 ging die Wahlbeteiligung deutlich nach oben. Und auch dieses Jahr stehen wieder wichtige europäische Themen im Fokus.
Rosenheim/Mühldorf/Traunstein – Ein Kreuz für eine Partei – das ist alles: So einfach ist die Europawahl am Sonntag, 9. Juni. Die Wahlberechtigten – darunter erstmals auch 16- und 17-Jährige – haben es dabei mit einem langen Wahlzettel zu tun. 34 Parteien und Bündnisse treten an.
Die EU ist überall: in der Küche, vor der Haustür, im Supermarkt, im Büro, im Kuhstall, im Smartphone, in der EC-Karte und im Internet. Immer mehr Gesetze, die unseren Alltag prägen, werden nicht mehr in Berlin oder München gemacht, sondern in Brüssel und Straßburg.
Hinzu kommen die großen Herausforderungen für Europa in einer globalisierten Welt, die sich immer schneller dreht: Werte, Demokratie, Sicherheit, Kriege, Klima, Energie, Migration, Inflation, Künstliche Intelligenz und so fort.
Gemeinsam für europäische Werte
Kein Wunder also, dass die drei Staatspräsidenten von Deutschland, Österreich und Italien gemeinsam dazu aufgerufen haben, bei der Europawahl am 9. Juni die europäischen Werte zu verteidigen. „Wir sehen weltweit, dass die Grundwerte des Pluralismus, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit – unsere Werte – in Frage gestellt, wenn nicht gar offen bedroht werden. Es geht um nicht weniger als die Grundfesten unserer demokratischen Ordnung“, betonen Frank-Walter Steinmeier, Alexander Van der Bellen und Sergio Mattarella.
Weil der Bundestag 2022 das aktive EU-Wahlalter von 18 auf 16 Jahre gesenkt hat, sind diesmal in Deutschland auch Minderjährige am Zug. Das wird die Zahl der Wahlberechtigten auch in der Region um ein paar Prozent erhöhen. 2019, bei der letzten Europawahl, waren es im Landkreis Traunstein rund 134.000 Stimmberechtigte, im Landkreis Mühldorf rund 85.800, im Landkreis Rosenheim rund 195.800 und in der kreisfreien Stadt Rosenheim 41.400.
So hat die Region vor fünf Jahren gewählt
Das Wähler-Echo auf Europawahlen, die alle fünf Jahre stattfinden, war lange Zeit gering. Die Wahlbeteiligung lag ausnahmslos unter 50 Prozent. 2014 etwa sank sie auf 39,5 Prozent im Landkreis Traunstein, auf 41,7 Prozent im Landkreis Rosenheim, auf 37,6 Prozent in der Stadt Rosenheim und auf 37,3 Prozent im Landkreis Mühldorf. Zum Vergleich: Bei Bundestags- oder Landtagswahlen sind Quoten von 75 oder gar 80 Prozent keine Seltenheit.
Das änderte sich mit der Europawahl 2019 schlagartig. 48.883 Wählerinnen und Wähler machten im Landkreis Mühldorf ihr Kreuzerl, deutlich mehr als noch 2014. Damit steigerte sich die Wahlbeteiligung auf 57,0 Prozent – ein Plus von 19,7 Prozent. Im Landkreis Traunstein beteiligten sich fast 79.700 Wählerinnen und Wähler, wodurch sich die Wahlbeteiligung auf 59,4 Prozent steigerte – ein Plus von 19,9 gegenüber 2014. Ähnlich steil nach oben ging die Quote in Stadt und Landkreis Rosenheim. Über 123.000 Wählerinnen und Wähler machten im Landkreis Rosenheim ihr Kreuzerl – rund 44.000 mehr als noch 2014, als sich nur 79.000 für Europa interessiert hatten. Damit steigerte sich die Wahlbeteiligung auf 63,1 Prozent. In der Stadt Rosenheim stieg die Wahlbeteiligung 2019 auf 57,3 Prozent.
Die Sozialdemokraten konnten davon allerdings nicht profitieren. Vor fünf Jahren fielen die Roten im Landkreis Traunstein auf ernüchternde 7,7 Prozent – ein Verlust von 7,8 Prozent im Vergleich zu 2014. Hinter der CSU mit 45,3 Prozent (+2,8) durften sich indessen die Grünen – nun die unangefochtene Nummer zwei mit 18,6 Prozent (+3,4) – als Gewinner fühlen. Die AfD kam auf 7,6 Prozent (+0,8), die Freien Wähler holten 5,0 Prozent (+1,2), gefolgt von ÖDP mit 3,3 Prozent (-0,5) und FDP mit 2,6 Prozent (+0,1).
Im Landkreis Mühldorf musste die SPD einen Verlust von 7,1 Prozent im Vergleich zu 2014 einstecken. Sie kam nur noch auf 5,8 Prozent. Hinter der CSU mit 48,4 Prozent (+0,4) standen die Grünen mit 13,1 Prozent (+3,8). Die AfD kam auf 10,3 Prozent (+1,6), die Freien Wähler holten 5,9 Prozent (+1,3), gefolgt von ÖDP mit 3,7 Prozent (-0,7) und FDP mit 2,7 Prozent (+0,3).
Im Landkreis Rosenheim fiel die SPD auf 7,1 Prozent – ein Verlust von 6,9 Prozent im Vergleich zu 2014. Auch hier sicherten sich die Grünen hinter der CSU (43,6 Prozent) den zweiten Platz mit 18,5 Prozent (+5,8). Die AfD kam auf 8,3 Prozent (-1,0), die Freien Wähler holten 5,1 Prozent (+1,4), der FDP gaben 3,3 Prozent der Wähler (+0,5) ihre Stimme.
In der Stadt Rosenheim kam die CSU nur auf 35,8 Prozent (-1,1), gefolgt von den Grünen mit bemerkenswerten 21,9 Prozent (+7,5) sowie AfD mit 9,5 Prozent (-1,4), SPD mit 9,4 Prozent (-7,4) und Freien Wählern mit 3,9 Prozent (+1,1).
Bayernpartei verzichtet
Eine Wahlschlappe kassierte in der Region auch die Bayernpartei, die 2024 nicht antritt. Der Landesvorstand habe aufgrund der minimalen Chancen der Bayernpartei auf einen Einzug ins EU-Parlament verzichtet, um sich zu konsolidieren und Ressourcen für die kommende Bundestagswahl zu bündeln, begründete der Bad Aiblinger Parteivorsitzende Florian Weber den Verzicht gegenüber unserer Zeitung.
Mit ihrer Stimme nehmen die Wählerinnen und Wähler der Region am 9. Juni darauf Einfluss, wie sich die deutschen Sitze im EU-Parlament auf die einzelnen Parteien und Bündnisse verteilen. 96 von 720 Sitzen sind für deutsche Abgeordnete reserviert. Es gibt keine Sperrklausel oder Fünf-Prozent-Hürde – und damit keine „verschenkte“ Stimme. Die 96 deutschen Sitze im EU-Parlament verteilen sich derzeit so: CDU 23 Sitze, Grüne 21, SPD 16, AfD 9, CSU 6, Linke 5, FDP 5, Freie Wähler 2, Die Partei 1, ÖDP 1, Piratenpartei 1, Volt 1, Familie 1, Bündnis Deutschland 1, Parteilose 3.
Kandidaten aus Südostoberbayern
Die Europawahl ist keine Personenwahl: Man kann nur die bundes- oder landesweite Liste einer Partei oder eines Bündnisses ankreuzen. Einzige „heimische“ Vertreterinnen aus Südostoberbayern im EU-Parlament sind derzeit Maria Noichl (SPD) aus Rosenheim und Angelika Niebler (CSU) aus Vaterstetten – und dabei wird es wohl bleiben.
Die 57-jährige SPD-Politikerin aus Rosenheim führt die bayerische SPD erneut als Spitzenkandidatin in den Europawahlkampf, steht auf Platz drei der Bundesliste und hat damit beste Aussichten auf einen neuerlichen Einzug. Denn für die starren Parteienlisten gilt: Je weiter vorn ein Kandidat auf einer Parteiliste steht, umso größer ist auch die Chance, im künftigen Europa-Parlament zu sitzen.
Neben Noichl (57) und Niebler (61) schafften 2019 nur vier weitere „Oberbayern“ den Sprung ins EU-Parlament: die vier Münchner Henrike Hahn (Grüne, 53), Bernhard Zimniok (AfD, 71), Markus Buchheit (AfD, 40) und Klaus Buchner (ÖDP, 83). Ex-Kultusministerin Monika Hohlmeier (CSU, 61), aufgewachsen in Rott am Inn und München, wird offiziell als oberfränkische Abgeordnete im EU-Parlament geführt.



