Kult-Kneipe als Mikro-Kosmos
„Stechl Keller“ in Wasserburg: Die Kult-Kneipe, in der Basketball-Star Dirk Nowitzki aufgelegt hat
Der Stechl Keller in Wasserburg hat Kultstatus: Hier hat Basketball-Star Dirk Nowitzki aufgelegt. Hier haben viele, die später Karriere machten, mit Kellnern und Kartoffeln schälen ihr Studium finanziert. Jetzt feierten ehemalige und aktuelle Mitarbeiter mit Wirt Peter Fichter das 25-Jährige.
Wasserburg – Der Stechl Keller ist seit 25 Jahren eine Institution in Wasserburg. Unter den vielen Gästen, die das Lokal im Herzen der Altstadt lieben: die Wasserburger Basketballerinnen, die im Musik-Keller ihre größten Erfolge feierten, die Fußballer oder der Eiselfinger Volleyballerinnen. Und selbst Basketball-Star Dirk Nowitzky hat hier vor vielen Jahren schon mal eine Sondereinlage gegeben – als DJ für seine Freunde, mit denen er beim Stechl feierte.
Mehr als nur ein Arbeitsplatz
Doch auch für hunderte Schüler und Studenten war und ist der „Steche“ eine Top-Adresse zum Jobben. Ganze Generationen haben sich hier mit Kellnern ihr Studium oder die Ausbildung finanziert. Und das Erstaunliche daran: Für viele war und ist bis heute der „Steche“ weit mehr als nur ein Arbeitsplatz. Zum 25-jährigen Jubiläums kam es deshalb zum großen Stelldichein ehemaliger und aktueller Mitarbeiter. Häufig war bei der Jubiläumsfeier der Begriff von der großen „Steche-Familie“ zu hören. Die Gäste, die über QR-Code und Weitersagen eingeladen worden waren, waren in großer Schar zur Feierlichkeit gekommen. Manche reisten von weit her an, etwa aus Frankfurt und Regensburg, „weil der Peter gerufen hat“, wie ein ehemaliger Mitarbeiter schmunzelnd feststellte.
Aber natürlich auch, um die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen wieder zu treffen und das „Steche-Feeling“ aufleben zu lassen. Dabei war schön zu beobachten, dass alle sofort im Gespräch miteinander waren und bei Fingerfood und Getränken scheinbar nahtlos an vergangene gemeinsame Zeiten anknüpfen konnten. Mittendrin Wirt Peter Fichter. Er freute sich über das Wiedersehen und wurde nicht müde zu betonen, dass die Mitarbeiter sein Erfolgsrezept seien. Das sei sogar im Logo des Lokals manifestiert: Menschen verschiedener Hautfarben, die sich die Hände reichen sowie Wurzeln und Äste eines Baums symbolisieren würden.
Gastro ein harter Job
Die Gastro sei ein harter Job, auch wenn es manchmal „easy“ ausschaue, so Fichter. In guter Arbeitsatmosphäre gehe aber vieles leichter. „Aus allen, die bei uns einmal gearbeitet haben, ist etwas geworden“, stellte der Steche-Wirt zufrieden fest. Erfreulich sei auch, dass mittlerweile schon viele Kinder von ehemaligen Bedienungen bei ihm arbeiten würden und von den Stammgästen mittlerweile sogar schon Enkel ins Lokal kämen. Hier laufen auch die Fäden der Wohltätigkeitsorganisation Wasserburger Wunschbaum zusammen. Der gemeinnützige Verein unterstützt Kinder aus der Region, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Die Familie Fichter engagiert sich seit rund 20 Jahren mit zahlreichen weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern für finanzschwache Familien.
Tobias Bauernschmid (37) hat während seiner BOS-Zeit zwei Jahre als Barkeeper im Stechl Keller gejobbt und sich damit die Schulzeit finanziert. Für ihn sei es wichtig gewesen, eigenes Geld zu verdienen. „Das war eine super Zeit“, erinnert sich der heutige Mittelschullehrer. Viele seiner Kumpels hätten später auch hier gearbeitet.
Servicekraft Susanne Kuchta ist seit 23 Jahren an Bord. „Die Liebe hat mich 2000 nach Rott verschlagen. Nachdem ich über die Rote Brücke gegangen bin, führte mich der erste Weg in Wasserburg in den Stechl Keller, um einen Kaffee zu trinken. Ich habe einen Job gesucht und es war zufällig was frei“, erzählt Kuchta. Sie habe gleich zugegriffen und sei geblieben. „Es ist wie eine Familie. Hier spielen sich Liebe und Dramen ab. Hier habe ich meinen Mann kennengelernt und hier haben meine Kinder Hausaufgaben gemacht. Jeder ist gern da, auch privat“.
Daniel Maurer (39) und Maxi Thois (30) waren fünf beziehungsweise acht Jahre die Sonntagabend-Besetzung. „In der Zeit haben wir uns auch privat schätzen gelernt und viel Gaudi gehabt“, erzählen beide. Der Job sei eine wichtige Einnahmequelle während seines IT- Studiums gewesen, sagt Daniel Maurer. Aber die Arbeit habe ihm auch zwischenmenschlich viel gebracht. „Ich habe gerne mit den Gästen geratscht und die gute Harmonie untereinander genossen.“ Mit Peter, Martina und Michi Hangl habe er in der Stechl-Keller-Band gespielt und einmal wöchentlich Musik gemacht. Allerdings habe es nur einen einmaligen Auftritt bei einer Weihnachtsfeier gegeben.
Schüchternheit an der Theke abgelegt
Maxi Thois ist acht Jahre im Stechl hinter der Theke gestanden und hat dabei nach eigener Einschätzung viel im Umgang mit Menschen gelernt. „Das hat mir auch geholfen, meine Schüchternheit abzulegen“, berichtet der Kripobeamte. Er sei auch wegen der Kollegen gern zur Arbeit gekommen. „Ich habe viele lange nicht gesehen, aber ich bin mit allen sofort ins Gespräch gekommen. Es ist eine herzliche Atmosphäre.“
Raimund Asenbeck (37) hat von 2005 bis 2009 jeden Samstag neben Ausbildung und Studium in der Bar gearbeitet. „Der Job war mein Haupteinkommen und extrem wichtig“, betont der Abteilungsleiter für Lager-Logistik-Systeme. In dieser Zeit habe er viel mit Menschen zu tun gehabt, nette Kollegen kennengelernt, von denen fünf bis sechs bis heute zu seinem Freundeskreis zählen würden. Für ihn ist der Stechl „kultfähig“.
Jakob Schedel (44, auf dem Gruppenbild) war praktisch ein Mann der ersten Stunde. Drei Wochen nach Eröffnung hat er im Stechl eingecheckt, „weil es ein neues Konzept war, das ich cool fand“. Zudem habe er das Einkommen während seiner Ausbildung gebraucht, „um sich seine Wochenenden zu finanzieren“. Sieben Jahre habe er Donnerstag- und Freitagabend an allen Fronten geholfen und eine starke Gemeinschaft erlebt. Daraus hätten sich Freundschaften entwickelt, die bis heute halten würden. „Es war eine wahnsinnig schöne Zeit“, stellt der Bereichsleiter der Sparkasse fest. Als Krönung habe er im Stechl seine Ehefrau Andrea kennengelernt, die er als Kollegin im Lokal eingewiesen habe. „Klar, dass die Hochzeit beim Peter stattgefunden hat“, sagt Schedel. Der Stechl sei mit durchschnittlich 30 Mitarbeitern ein eigener Mikro-Kosmos. Es habe legendäre Weihnachtsfeiern und gemeinsame Urlaubsreisen mit Kollegen gegeben, viele Paare hätten sich hier kennengelernt und einige davon auch hier geheiratet.



