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„Die Hütte soll wieder voll werden“

Disco-Sterben in der Region? – Warum Sandra Nikolic das Wasserburger „Universum“ umkrempelt

Sandra Nikolic, Pächertin des Wasserburger Universums
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Sandra Nikolic ist seit 2019 Betriebsleiterin des Wasserburger „Uni“. Diesen Sommer wagte sie den Schritt und pachtete die Diskothek. Ein risikoreicher Schritt in Zeiten des „Disco-Sterbens“.

Hat die Jugend das Feiern und Abtanzen verlernt? Bars, Clubs und Discos haben es seit der Pandemie schwer. Eine, die nicht aufgeben will, ist Sandra Nikolic. 2019 übernahm sie die Leitung der Wasserburger Disco „Universum“, jetzt ist sie die Pächterin. Wie sie um das Überleben des Clubs kämpft.  

Wasserburg – „Es sind schwierige Zeiten“, das gibt Sandra Nikolic offen zu. Seit diesem Sommer ist sie die Pächterin der Wasserburger Diskothek „Universum“. Zuvor war sie unter Hans Enzinger seit 2019 als Betriebsleiterin angestellt. Nun schmeißt sie den Laden alleine. Eine risikoreiche Entscheidung in Post-Corona-Zeiten, geprägt von Krisen. Denn: Das Geschäft mit dem Nachtleben wird immer schwieriger. Manche sprechen sogar vom „Disco-Sterben“. Das Wasserburger „Uni“ soll jedoch überleben, das hat sich Nikolic fest vorgenommen. Mit einem neuen Konzept soll es klappen.

Dass Bars, Clubs und andere Tanzlokale es immer schwerer haben, ist längst kein Geheimnis mehr. Statistiken des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands belegen dies. Wurden 2011 laut Verband noch 2.259 Diskotheken und Tanzlokale in Deutschland gezählt, waren es zehn Jahre später nur noch 864. Auch in der Region schloss erst im vergangenen Jahr das „Uschihaus“ in Tüßling auf unbestimmte Zeit.

Nikolic ist davon nicht überrascht: Während die Kosten für Personal und Energie steigen und die Auflagen immer strenger würden, blieben die Gäste weg. „Ich weiß nicht, ob ich direkt von einem Disco-Sterben sprechen würde“, sagt Nikolic, „aber es stimmt: Die Zeiten, in denen die Leute von Donnerstag bis Samstag feiern gingen, sind vorbei.“ Vor allem in der vergangenen Saison habe sie das gemerkt. Während die Leute gleich nach Corona noch voller Elan und Energie in das „Uni“ gestürmt seien, sei die Tanzfläche in der Saison 2022/23 selten komplett voll gewesen. „Es gab mal Abende, da lief es besser, aber oft waren es unsere Stammgäste, die üblichen 200 Leute“, sagt Nikolic.

Inflation, Corona, Konkurrenz-Veranstaltungen

Die Gründe für den Einbruch: ihrer Meinung nach vielfältig. Zum einen sei da natürlich die Inflation. „Das Geld sitzt nicht mehr so locker. Viele können es sich nicht mehr leisten, jedes Wochenende feiern zu gehen“, sagt Nikolic. Zum anderen würden die vielen Feiern und Jubiläen von Vereinen in der Region dem Uni die Kundschaft abziehen. „Wir merken solche Feste extrem“, sagt sie, „sie ziehen uns einfach die Gäste weg.“ Auch Corona spiele eine Rolle. „Die, die in der vergangenen Saison 18 wurden, kannten in der Jugend nur Corona. Während wir mit 15, 16 auf unsere ersten Partys gingen, waren sie zuhause im Lockdown“, stellt Nikolic fest. Das Interesse am feiern Gehen sei in dieser Generation nicht vorhanden. Schlicht, weil sie wirkliche Partys nie kennengelernt hätte.

„Eine Disco zu führen, ist mein Traum“

Dennoch will Nikolic aber am „Uni“ festhalten. „Eine Disco zu führen, ist mein Traum“, sagt die 25-Jährige. Eigentlich ist sie gelernte Zahnarzthelferin. In die Nachtleben-Szene geriet sie mit 18, als ein Freund sie fragte, ob sie in einer Bruckmühler Disco an der Garderobe aushelfen könne. „Das hat mir gefallen, das Gespräch mit den Gästen, die Musik im Hintergrund. Das war einfach toll.“ Eines Abends sei sie gebeten worden, an der Bar auszuhelfen. „Ich hatte keinerlei Erfahrung. An dem Abend ist auch einiges schief gelaufen“, erzählt sie schmunzelnd. „Aber irgendwie habe ich es schon hinbekommen.“ Kurz darauf stieg sie zur Betriebsleiterin auf. 2019 erfuhr sie schließlich, dass in Wasserburg ein Betriebsleiter für das neu umgebaute „Uni“ gesucht werde. Nikolic nahm sich der Herausforderung an. „Ehrlich gesagt, hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommt. Ich habe davor noch nie einen Club aufgebaut.“ Entsprechend viele Pannen habe es am Anfang gegeben. Doch Nikolic hielt am „Uni“ fest, bis heute.

Sie glaubt daran, dass Feiern auch trotz Krisen noch Zukunft hat. Oder vielleicht gerade wegen der Krisen. „Für mich ist das Feiern, das Tanzen einfach ein Ausgleich vom Alltag“, sagt sie. Man könne den Stress und die Probleme vergessen, einfach abschalten. Das Tanzen biete eine Chance, mal nicht über Inflation, Krieg und Klimawandel nachzudenken und einfach Spaß zu haben. „Und dann startet man auch viel motivierter in die neue Woche.“

Kritik auch am „Uni“ selbst

Doch nicht nur äußere Umstände machten dem Universum in der vergangenen Saison zu schaffen. Auch am Club selbst gab es viel Kritik. Daraus macht Nikolic keinen Hehl. „Wir haben eigentlich jeden Samstag Mixed Sound angeboten“, erzählt sie, oft seien auch dieselben DJs gekommen. Das habe für viel Kritik gesorgt. Sie gibt zu: „Ehrlich gesagt, konnte ich manchen Remix am Ende selber nicht mehr hören“. Zweiter Kritikpunkt der Gäste: ein zu junges Publikum. „Die ältere Generation“, sagt Nikolic und meint damit die Mitte 20-Jährigen, „haben wir leider komplett verloren.“

In der Saison 2023/24 soll sich das ändern. Mit einer Sound-Anlage, einem neuen Konzept und strengeren Einlassregeln. „Ab sofort ist jede Party bei uns ab 18 plus“, sagt Nikolic. Nur bestimmte Abende, wie Halloween oder an Fasching, seien für Gäste ab 16 Jahren ausgelegt. „Wir wollen die Älteren wieder mehr ansprechen und zurückholen“, erzählt Nikolic. Außerdem soll jeder Musikgeschmack auf seine Kosten kommen und seinen „eigenen“ Tag zum Feiern bekommen. So soll der erste Samstag im Monat allen Techno-Fans vorbehalten sein. Der dritte Samstag gehört den Hip Hop-Freunden. Für Tanzfreudige gibt es am zweiten Samstag „Mixed Sound“. Der vierte Samstag im Monat ist der beliebte „Doppel-Decker-Abend“, bei dem die Gäste bis ein Uhr nur für ein Getränk zahlen und zwei erhalten. Jeden Abend soll ein neuer DJ kommen, so lautet der Plan. Große Namen, die man eigentlich von Festivals kennt: Techno-DJ Fabian Farrell wird beispielsweise am 4. November erwartet.

Drei Monate habe sie sich Zeit für den Umbau im „Uni“ und das neue Konzept gegeben, erzählt Nikolic. In den nächsten Wochen soll sich zeigen, ob es sich auszahlt. Doch die neue Pächterin ist optimistisch, dass ihre Idee dafür sorgen wird, dass „die Hütte wieder voll wird“. „Wir können die Leute nicht ändern. Sie gehen anders feiern“, sagt sie. „Wir können nur darauf reagieren und das haben wir getan.“

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