Große Erfolge für kleine Stadtwerke
„Wir locken nicht mit Prämien“: Warum Stadtwerke Wasserburg trotzdem als Strom-Anbieter punkten
Trotz Millionendefizit beim Badria sind die Stadtwerke Wasserburg auf Erfolgskurs. In einem Geschäftsfeld haben sich die Umsätze sogar verdoppelt. Wie sich das Kommunalunternehmen auf dem harten Strommarkt behauptet und was die Bürger davon haben.
Wasserburg – 200 Prozent mehr Absatz: Das sind Zahlen, von denen viele Unternehmen nur träumen können. Die Stadtwerke Wasserburg haben diesen Mega-Erfolg in einem ihrer Geschäftsbereiche geschafft: beim Stromabsatz bei Fremd- und Gewerbekunden, berichtete Stadtwerke-Chef Robert Pypetz in der Haushaltssitzung des Stadtrates. Ein Gewerbetarif hat so gezogen, dass auch ein deutschlandweit operierender Großkunde überzeugt werden konnte, freute sich Markus Pöhmerer, Stadtwerke-Referent von CSU und Wasserburger Block. Das ist laut Lorenz Huber, Stadtwerkesprecher der Fraktion Bürgerforum/Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg/ÖDP, vor dem Hintergrund eines schwierigen Verdrängungswettbewerbs ein großer Erfolg für die kleinen Stadtwerke Wasserburg.
E-Werk auf Erfolgskurs
Das Elektrizitäts-Werk ist insgesamt auf Erfolgskurs, betonte Pypetz bei der Vorstellung der Planungen für 2024. Im eigenen Netz hat das Kommunalunternehmen, eine Tochter der Stadt, einen Marktanteil von etwa 85 Prozent – trotz turbulenter Zeiten mit großen Preisschwankungen. Doch es ist laut Pypetz gelungen, sich „als solider Anbieter“ im harten Wettbewerb zu profilieren. „Wir locken nicht mit Prämien, wir werben um Kunden langfristig“, erläuterte er die Marketingstrategie. Das erklärte Ziel: 90 Prozent der Haushalte im Geschäftsgebiet mit Strom zu versorgen. Seit Jahren sinke der Stromverkauf von Mitbewerbern im eigenen Netz kontinuierlich.
Die Stadtwerke peilen für 2024 an, dass 60.000 MWh durch das eigene Netz fließen werden. Preiserhöhungen sollen, „wenn irgend möglich“, vermieden werden, verspricht Pypetz. Die Stadtwerke hatten als Folge der Beruhigung des Marktes den Preis für „Inn.Strom natur“ im Herbst vergangenen Jahres wieder auf 34,95 Cent pro Kilowattstunde gesenkt, ein Schritt, den die Kunden, so die Überzeugung von Huber, honorierten. Kundenverluste habe es kaum gegeben.
Nur Öko-Strom
Das tut nicht nur den Finanzen gut, sondern auch dem Klimaschutz: Denn bei den Stadtwerken Wasserburg gibt es seit Oktober 2023, als der Preis wieder gesenkt wurde, nur noch Ökostrom. „Ein Zwei-Personen-Haushalt vermeidet mit echtem Ökostrom pro Jahr durchschnittlich über eine Tonne CO2“, betont Stadtwerke-Referentin Monika Barthold-Rieger (Grüne). Sie unterstreicht jedoch auch die Notwendigkeit, den Strom am besten selbst zu erzeugen, „weil das eben mehr zur CO2-Einsparung beitragen würde als der Handel mit Strom, der rein durch Zertifikate-Handel grün gerechnet wurde“. Deshalb ihr Appell: die Stromproduktion für den Eigenverbrauch weiter ausbauen durch zusätzliche PV-Anlagen. Da habe es 2023 gehapert, findet Christian Stadler, Fraktionsvorsitzender der Grünen, der sich bei der Haushaltsverabschiedung ärgerte, dass trotz eingestellter Mittel „kein einziger Quadratmeter“ PV gebaut worden sei .
Das soll 2024 anders werden. Die Stadtwerke investieren in neue Photovoltaik-Anlagen (Badria und Depot). Sie beteiligen sich auch an einem regionalen PV-Park, setzen auf die Mitarbeit im geplanten neuen Regionalwerk auf Landkreisebene. Kirchturmdenken ist sowieso passé: Die Stadtwerke sind auch Mitglied in einer kommunalen Arbeitsgemeinschaft. Hier gibt es Unterstützung beim Stromhandel an den Börsen.
E-Mobilität brummt
Bei den Investionen setzen die Stadtwerke nach eigenen Angaben auch stark auf die E-Mobilität. Die öffentlichen Ladesäulen in Wasserburg verzeichneten im Zeitraum von 2019 bis 2022 einen Stromabsatz, der sich von 28.379 auf 156.221 kWh erhöht hat. Die Lade-Infrastruktur soll weiter ausgebaut werden, berichtete Pypetz bei der Vorstellung des Stadtwerke-Haushalts im Stadtrat. Heuer kommt unter anderem noch eine Schnellladesäule (150 kw) am Parkplatz Am Gries hinzu, außerdem werden zehn Anlagen zum Laden mit je zweimal 22kw installiert. 2024 bieten die Stadtwerke dann insgesamt 35 Ladesäulen an, allerdings nicht alle für jeden nutzbar. Vor allem in der Altstadt sieht Stadtwerke-Referentin Barthold-Rieger Ausbaupotenzial: „Immer wieder höre ich von Menschen, die sich gerne ein E-Auto anschaffen würden, aber Sorge haben, dass sie nicht laden können. Wir brauchen Ladesäulen an Plätzen, die für alle gut erreichbar sind und in jedem Quartier in ausreichender Menge.“
Wasserwerk: reduzierte Abgabemenge
Um 100.000 Kubikmeter reduzierte Abgabemengen, weil ein Großabnehmer weggebrochen ist, gestiegene Personalkosten: Das sind die Rahmenbedingungen, die den Wirtschaftsplan des Wasserwerks prägen. Außerdem investieren die Stadtwerke etwa 359.000 Euro in neue Leitungen im 78 Kilometer langen Netz, Baugebietserschließung, Hausanschlüsse und einen weiteren Übergabeschacht. 2024 werden sie vermutlich 1,4 Millionen Kubikmeter Wasser verkaufen.
Der Wasserverlust ist laut Stadtwerkechef Robert Pypetz sehr gering: Er liege weiterhin bei nur fünf Prozent, laut Wolfgang Janeczka, Stadtwerke-Experte der SPD, „viermal niedriger als bei den meisten Versorgern“. Der Nitratwert sinke ebenfalls, so Pypetz: Derzeit seien es 26,8 Milligramm pro Liter. Zum Vergleich: 2012 waren es laut Stadtwerke noch 29 mg/l. Die Verbesserung ist die Folge einer engen Zusammenarbeit mit Landwirten im Quellgebiet. „Der Dialog mit den Bauern im Einzugsgebiet stimmt“, findet der Stadtwerke-Experte von Bürgerforum/Freie Wähler/ÖDP, Lorenz Huber. 2024 bleibt es beim Wasserpreis von einem Euro pro Kubikmeter, halb so viel wie im bundesdeutschen Durchschnitt.
