Turbulenzen vor Bundestagswahl
„Vertuscht“? Rätsel um doppelte Wahlscheine für Bernauer Bürger – so reagiert Wahlchef Andreas Lukas
Haben einige Bernauer Bürger zwei Wahlscheine für die anstehende Bundestagswahl bekommen und könnten deshalb theoretisch zwei Stimmen abgeben? Der OVB ist dem Hinweis eines Lesers nachgegangen und erhielt überraschende Antworten.
Bernau – Es wird in diesen Tagen so viel über eine anstehende Bundestagswahl diskutiert wie wohl selten zuvor in der Geschichte. Das hängt mit dem Streit um die Brandmauer zur AfD zusammen und seit Donnerstag auch mit dem mutmaßlichen Attentat auf eine Gewerkschafts-Demo in München mit 36 Verletzten. In Bernau am Chiemsee ist noch ein weiteres Thema hinzugekommen: Dort wird seit dieser Woche über doppelt verschickte Wahlscheine getuschelt.
„Zwei Wahlscheine, zwei Stimmen“?
Ein besorgter Leser hat sich deshalb an den OVB gewendet. „In der Gemeinde Bernau am Chiemsee haben eine große Anzahl an Bürgern zwei Wahlscheine bekommen und haben damit theoretisch zwei Stimmen“, schreibt der Informant. Er fügt hinzu, dass der Wahlleiter der Gemeinde versuche, „den Vorfall zu vertuschen.“ Bernaus Wahlleiter für die Bundestagswahl ist Andreas Lukas, der hochgeschätzte Geschäftsleiter des Ortes. Der OVB konfrontierte ihn mit den Gerüchten.
Der seit ziemlich genau drei Jahren in der Position amtierende Mann reagiert komplett offen und bestätigt das Getuschel auf Bernaus Straßen. „Tatsächlich wurde versehentlich eine geringe Anzahl Wahlscheine doppelt gedruckt“, so Andreas Lukas. Grund für die Fauxpas sei, dass der „Drucker zwischenzeitlich eine Fehlermeldung“ gehabt habe. So sei es zu erklären, dass die Wahlscheine für einige Briefwähler zweimal ausgestellt und später auch versandt worden seien.
Bernau hatte die Wahlzettel mit den Kandidaten und Parteien am 7. Februar (Freitag) vom Landratsamt erhalten. Der Fehler mit dem doppelten Ausdruck von Wahlscheinen sei dann höchstwahrscheinlich am Montag (10. Februar) passiert.
Angeblich zehn bis 15 Bürger betroffen
Die von dem OVB-Informanten genannte „große Anzahl“ an Bernauer Bürgern, die nun theoretisch zweimal bei der Bundestagswahl wählen können, weist Lukas zurück. Er spricht von einer „zweistelligen Zahl mit einer 1 an der Spitze“ bei insgesamt über 2400 Briefwählern in der Gemeinde. Auf Nachfrage präzisiert der Wahlleiter die Anzahl der doppelt versendeten Wahlscheine auf „zehn bis 15“ Fälle, aber absolut sicher über die exakte Nummer ist er sich nicht.
Klar ist aber, was jetzt passiert: „Wir haben das Problem eingegrenzt und die betroffenen Bürger angeschrieben.“ Man habe sogar angeboten, den überschüssigen zweiten Wahlschein bei den Betroffenen persönlich abzuholen, damit diese nicht extra den Weg ins Rathaus Bernau machen müssen. Es habe bereits Rückmeldungen von betroffenen Bürgern gegeben, aber ganz offenbar nicht von allen.
Und falls doch jemand zweimal wählen will?
Und was passiert im hypothetischen Fall, falls jemand doch zwei Stimmen bei der Bundestagswahl abgeben sollte? Auch dann hat Wahlchef Lukas eine Lösung: „Auf dem roten Umschlag steht eine eindeutige Nummer, die den Wahlberechtigten zugeordnet werden kann.“ Falls also die gleiche Nummer zweimal auftaucht, wird einer der Umschläge vernichtet. Und zwar der zweite Umschlag, der eingeht: „Die erste Wahl-Entscheidung zählt. Das ganze Vorgehen ist engstens mit der Rechtsaufsicht und dem Innenministerium abgestimmt.“
Klingt also, als könnte in Bernau nach menschlichem Ermessen trotz der „Doppeldruck-Affäre“ eine saubere Bundestagswahl stattfinden. Frustriert ist Andreas Lukas trotzdem: „Es ist ein bedauerlicher Fehler und ich möchte das nicht schönreden.“ Richtig frustriert ist der Geschäftsleiter über den Verdacht, dass er die doppelte Versendung von Wahlscheinen an einige Bernauer Bürger habe vertuschen wollen: „Es ist traurig, dass es solche Anschuldigungen gibt. Wir gehen sehr transparent mit dem Problem um.“
Dazu kommt: Bernau ist in der ganzen Hektik um die rechtzeitige Zusendung der Briefwahl-Unterlagen nicht die einzige Kommune, der Fehler passiert sind. In der Hauptstadt Berlin wurden etwa 800 Wahlscheine zweimal versandt, in Oldenburg bekamen etwa 200 Briefwähler die Unterlagen doppelt. Auch Bayern ist betroffen: In Neumarkt in der Oberpfalz wurden 398 Wahlscheine doppelt gedruckt und versendet. In Bernau scheint das Problem also vergleichsweise klein zu sein – so richtig trösten kann das Wahlleiter Andreas Lukas freilich nicht.

