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Ausstellung in der Bad Aiblinger Sebastianikirche

So baut Künstlerin Siglinde Berndt mit 946 „Seelenschifferln“ eine Brücke zu den Corona-Toten

946 „Seelenschifferl“ der Künstlerin Siglinde Berndt (links) stehen derzeit im Altarraum der Sebastianikirche. Diakon Klaus Schießl griff den Vorschlag von Verena Schlier gerne auf, die Ausstellung auch in Bad Aibling zu zeigen.
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946 „Seelenschifferl“ der Künstlerin Siglinde Berndt (links) stehen derzeit im Altarraum der Sebastianikirche. Diakon Klaus Schießl griff den Vorschlag von Verena Schlier gerne auf, die Ausstellung auch in Bad Aibling zu zeigen.

946 „Seelenschifferl“ zieren derzeit den Altarraum der Sebastianikirche im Herzen von Bad Aibling. Warum Künstlerin Siglinde Berndt aus Neubeuern ihre aus Papier gefalteten Werke als Brücke zu den Verstorbenen versteht, die die Corona-Epidemie in der Region gefordert hat.

Bad Aibling/Neubeuern - In einem zur Ausstellung erschienenen Faltblatt verrät Berndt, dass Schiffe schon seit 2007 immer wieder ihr künstlerisches Wirken beeinflussten. Bereits 2008 sei ihre Installation „Lampedusa“ entstanden, weil sie das Sterben der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer beschäftigt habe.

Bewusste Entscheidung für Zeitungspapier

„Schiff, Boot, Kahn steht für mich als Symbol für den Menschen an sich und für die Überfahrt in eine andere Welt“, sagt Berndt. Im übertragenen Sinn stehe hinter jedem Schifferl ein Menschenleben, an dessen Schicksal erinnert werde. Als Material für die Gestaltung der kleinen Kunstwerke hat sie sich bewusst für Zeitungspapier entschieden. „Ich wollte den nüchternen Zahlen in der Berichterstattung ein Bild entgegensetzen“, nennt sie ihre Beweggründe.

Zu Beginn der Corona-Pandemie habe sie begonnen, für jeden Menschen in der Stadt und im Landkreis Rosenheim ein Schifferl zu basteln, der an Covid verstorben sei. Ihre kleinen Kunstwerke hat sie weiß bemalt und als Zeichen der Trauer mit einem schwarzen Rand versehen.

Zwei Jahre in Schloss Hartmannsberg zu sehen

Bereits in der Anfangsphase der Pandemie baute sie am 3. April 2020 eine kleine Installation mit damals 22 Schiffchen in der Neubeurer Pfarrkirche auf. Gottesdienste konnten zu dieser Zeit nicht stattfinden, doch die Kirche war für Besucher geöffnet. Zu sehen waren die „Seelenschifferl“ außerdem 2021 und 2022 im Rahmen der Sommerausstellung in Schloss Hartmannsberg.

Im November 2023 wurden sie in den Romed-Kliniken in Rosenheim und Wasserburg präsentiert. Dazu passend gab es Gesprächsangebote und Vorträge für die Besucher.

Aufmerksam auf Berndts gefaltete Kunstwerke wurde man auch im Landkreis Miesbach. Das Kulturamt der Stadt Miesbach stellte sie in den Mittelpunkt der ersten Hospizwoche im Landkreis, die im Oktober 2023 über die Bühne ging. Begleitend dazu wurde eine Broschüre gestaltet, in der sehr berührende Gedanken zu Abschied, Tod und Trauer, insbesondere während der Corona-Zeit, gesammelt wurden.

Diakon Klaus Schießl von der Stadtkirche Bad Aibling freut sich, dass die Künstlerin die Installation jetzt auch in der Sebastianikirche aufgebaut hat, wo sie zu den üblichen Öffnungszeiten des Gotteshauses noch bis zum 14. Juli zu sehen sein wird. „Möge sie allen Betrachtern tröstend und hoffnungsvoll eine Verbindung schenken zu allen lieben Verstorbenen“, schreibt er in einem Begleittext zur Ausstellung.

Schießl, der im Oberland wohnt, wurde auf die Ausstellung in Miesbach aufmerksam. Dort sprach ihn auch Verena Schlier, die Frau des Bad Aiblinger Bürgermeisters, darauf an, ob man die Präsentation nicht auch in der Kurstadt zeigen könne. Schlier war vor allem in ihrer Eigenschaft als Kulturreferentin und Stadträtin in die Vorbereitungsarbeiten in Miesbach eingebunden.

Abstimmung mit Pfarrer und Kirchenverwaltung

Er griff den Gedanken gerne auf und stimmte sich mit Pfarrer Philipp Kielbassa und der Kirchenverwaltung ab. Nachdem auch von dieser Seite Interesse bekundet worden war, war der Grundstein für die Ausstellung in Bad Aibling gelegt.

Schlier berichtet von einer „großartigen Resonanz“, auf die die Ausstellung in der Miesbacher Portiunkulakirche gestoßen sei. „Davon zeugen nicht zuletzt die vielen Einträge von Besuchern im Gästebuch“, sagt sie. Die Sebastianikirche hält sie für einen „idealen Ausstellungsort“.

Die Kirche stellt einen Ruhepunkt im Herzen der Stadt dar

Verena Schlier, Frau von Bad Aiblings Bürgermeister Stephan Schlier

„Die Kirche stellt einen Ruhepunkt im Herzen der Stadt dar. Vor allem wenn man von der Empore aus auf die Schifferl blickt, ist das schon etwas Besonderes“, so Schlier.

Die Künstlerin will mit den „Seelenschifferln“ insbesondere auch Angehörige und Freunde von an Corona Verstorbenen ansprechen. „Die hatten oft nicht die Möglichkeit, sich zu verabschieden und die Sterbenden zu begleiten. Beerdigungen, an denen wie bei uns üblich viele Trauergäste teilnehmen, waren ebenfalls nicht möglich. Auch das beschäftigte mich beim Gestalten der Schifferl“, sagt Berndt.

Sie macht uns bewusst, dass der Tod für jeden von uns stets eine Bedeutung hat.

Diakon Klaus Schießl

Die Sebastianikirche ist nicht nur für viele Aiblinger ein willkommener Ort, um im Alltag in der Stille des Gotteshauses für einen Moment abzuschalten. Gerade deshalb ist sie auch für Schießl der geeignete Raum, die Ausstellung zu präsentieren. „Sie macht uns bewusst, dass der Tod für jeden von uns stets eine Bedeutung hat, weil er einfach zum Leben gehört.“

Dass vor der Anordnung der Schifferl die Möglichkeit besteht, eine Opferkerze anzuzünden, ist für den Diakon eine wichtige Ergänzung des Angebots. „Ich hinterlasse in der Kerze ein Licht für einen Menschen, der mir ein wichtiger Lebensbegleiter war und baue so eine Verbindung auf“, sagt er.

Kerzen brennen für Verstorbene

Dass wohl viele Kirchenbesucher diese Möglichkeit der Erinnerung schätzen, lässt sich nicht nur an der Tatsache ablesen, dass stets Kerzen für die Verstorbenen brennen. Darauf deutet auch so manch positive Rückmeldung hin, die Schießl mit Blick auf die Ausstellung schon bekommen hat.

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