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8 Minuten zu lange geparkt: 53 Euro Strafe

Park-Abzocke ohne rechtliche Grundlage? Unternehmen äußert sich zu Strafe für gehbehinderte Aiblingerin

Eine Bad Aiblingerin mit Gehbehinderung muss wegen acht Minuten Parkzeitüberschreitung tief in die Tasche greifen.
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Eine Bad Aiblingerin mit Gehbehinderung muss wegen acht Minuten Parkzeitüberschreitung tief in die Tasche greifen.

Die Empörung war groß, als eine Bad Aiblingerin (63) dem OVB von ihrem teuren Missgeschick auf einem Parkplatz berichtete: Über 50 Euro Strafe wegen acht Minuten, trotz Behindertenausweis. Ist das rechtens? Wie das Unternehmen dazu steht und was sich Bad Aiblings Inklusions-Referent wünscht.

Bad Aibling – Der Fall einer Bad Aiblingerin hat für Aufsehen gesorgt. Nachdem die 63-Jährige kürzlich ihr Auto auf einem Kundenparkplatz eines Einkaufsmarktes abgestellt hatte, um für eine Aiblinger Päckchen-Aktion einzukaufen, die bedürftigen Kindern an Weihnachten zugutekommt, fiel sie aus allen Wolken. Per Post erhielt sie einen Strafzettel, vielmehr eine „Vertragsstrafe“, für die sie nun 53 Euro hinblättern musste. Und für die gehbehinderte Frau, die nicht namentlich genannt werden möchte, bleiben einige Fragen offen. Doch warum ist ihr Fall so brisant und wie verhält es sich generell bei Parkverstößen trotz des Nachweises einer Behinderung?

„Ich habe nicht auf einem Behindertenparkplatz geparkt, den brauchen andere noch dringender“, sagt die Aiblingerin, die jedoch einen Behindertenausweis nachweisen kann, gegenüber dem OVB. Doch unabhängig davon musste sie nun tief in die Tasche greifen, weil sie die Höchstparkdauer von 90 Minuten um gerade einmal acht Minuten – versehentlich – überschritt. „Ich habe Schmerzen beim Gehen, brauche dadurch länger und wollte mir auch für die Aktion genügend Zeit nehmen.“ Das Hinweisschild, betont sie, habe sie übersehen.

Was sagt das Unternehmen zum Parkverstoß?

Die Strafgebühr hat sie letztlich entrichtet. Allerdings nicht, ohne einen Versuch zu unternehmen, das Ärgernis zu klären. „Ich habe natürlich versucht, mich zu beschweren beziehungsweise um Kulanz zu bitten“, erklärt die 63-Jährige. „Ich bitte Sie sehr, mir ausnahmsweise zu helfen, denn das ist für mich sehr viel Geld“, schreibt sie in einem Brief an das Unternehmen, das für die Parkraumüberwachung zuständig ist. Doch gibt es überhaupt die Möglichkeit, aufgrund einer Behinderung, eine Ausnahmeregelung zu erwirken?

Auf OVB-Anfrage wollte sich das Unternehmen Tedi, in dessen Filiale die Aiblingerin eingekauft hatte, nicht zu den Hintergründen äußern und verwies lediglich auf das Unternehmen Loyal Parking, einem Parkplatzdienstleister aus Dortmund, der per Kamera gesteuerter Kennzeichenerfassung die entsprechende Parkfläche kontrolliert. Kristina Maria Martin, Leiterin für Marketing und PR bei Loyal Parking, stellte nun gegenüber dem OVB klar, dass die 90-Minuten-Regel gemeinsam mit Auftraggeber Tedi festgelegt worden sei, „um die Parkfläche vor Fremd- und Dauerparkern zu schützen und die Parkplätze für Tedi-Kunden freizuhalten“.

Hoffen auf Kulanz für Gehbehinderte

Im Schriftverkehr mit der betroffenen Bad Aiblingerin erläutert das Unternehmen zusätzlich, dass auch in diesem Fall grundsätzlich die Einhaltung der Nutzungsbedingungen notwendig sei. Zwar berechtige etwa eine Parkerleichterung für Schwerbehinderte zum Parken auf gekennzeichneten Schwerbehindertenparkplätzen. Jedoch seien auf privaten Parkflächen auch die jeweils geltenden Vorschriften zu beachten.

Deshalb sind die im öffentlichen Raum geltenden Regelungen auf diesem Privatgrund nicht anwendbar. Heißt: Die 63-Jährige muss trotz Schwerbehindertenausweises die dortigen Bedingungen – und somit auch die Höchstparkdauer – einhalten. Allerdings macht Marketing-Leiterin Martin allen Kunden mit einer Behinderung, die die Parkzeit überschritten haben, etwas Hoffnung. „Selbstverständlich haben wir eine Ausnahmeregelung für Kunden und Kundinnen mit Gehbehinderung. Beim Nachreichen eines Behindertenausweises gewähren wir eine Kulanzzeit von 30 Minuten, auch wenn keine ausgewiesenen Behindertenparkplätze auf der Fläche vorgesehen sind.“ Warum die 63-jährige Rentnerin trotzdem zahlen musste, ist bislang unklar. Eine weitere Nachfrage beim Unternehmen, ob dies womöglich an einer verstrichenen Einspruchsfrist liegen könne, blieb bislang noch unbeantwortet.

Aiblingerin im Kontakt mit Seniorenbeauftragten der Stadt

Unabhängig davon ist klar, dass entsprechende Zeitbegrenzungen mittlerweile auch an vielen anderen Parkplätzen, etwa vor Supermärkten, angewendet werden, auch in Bad Aibling. Parallel dazu wächst auch der Wunsch danach, zumindest Menschen, die unverschuldet etwas länger zum Einkaufen brauchen, mit entsprechenden Sonderregelungen vor horrenden Strafzahlungen zu schützen.

Zwar sind vergleichbare Beschwerden etwa Dieter Bräunlich, Seniorenbeauftragter der Stadt Bad Aibling, bislang noch nicht häufig zu Ohren bekommen. „Aber dass Menschen im Alter oftmals etwas länger brauchen, ist auch klar.“ Die betroffene 63-Jährige hat mittlerweile sogar Kontakt mit Bräunlich aufgenommen, der sich des Themas annehmen will, um auf das Problem hinzuweisen.

Inklusionsreferent: „Wäre begrüßenswert und zielführend“

Und auch Florian Weber, Referent für Inklusion im Bad Aiblinger Stadtrat, hat hierzu eine klare Meinung: „Grundsätzlich ist es natürlich so, dass Menschen mit Behinderung, gerade etwa bei Gehbehinderungen, einfach länger brauchen als andere“, sagt er dem OVB. Insofern wäre es absolut begrüßenswert und zielführend, hier seitens der Anbieter generell Kulanz zu zeigen, so Weber. Gerade, wenn auch ein Behindertenausweis nachgewiesen werden kann.

Im speziellen 90-Minuten-Fall sei das Thema bei ihm zwar auch noch nicht häufig aufgeschlagen. Eher, wenn es andernorts um deutlich kürzere Freiparkzeiten ginge. Weber beschäftigt sich jedoch grundsätzlich oft mit Menschen, denen etwa bauliche Maßnahmen Schwierigkeiten beim Thema Parken bereiten. Hier sei jedoch etwa die Stadt stets um verträgliche Lösungen bemüht. Und für die gebeutelte Bad Aiblingerin bleibt kurz vor Weihnachten zu hoffen, dass die Kulanzzeit von 30 Minuten vielleicht doch auch noch bei ihr angewendet werden kann.

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