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Stadt setzt Hebel bei Steuer an

Frust bei Aiblinger Grundbesitzern: Warum manche bald noch mehr bezahlen müssen

Bei der Grundsteuer ändert sich im neuen Jahr einiges für die Aiblinger Bürger.
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Bei der Grundsteuer ändert sich im neuen Jahr einiges für die Aiblinger Bürger. Für unterschiedliche Vorgehensweisen plädierten dabei Florian Weber von der Bayernpartei, Martina Thalmayr von den Grünen und Richard Lechner von der SPD (von oben).

Allein schon durch die Grundsteuerreform werden viele Bürger künftig noch tiefer in die Tasche greifen müssen. Jetzt hat der Aibling Stadtrat zudem noch eine Anhebung der lange unveränderten Hebesätze beschlossen. Eine zwar unpopuläre, aber in Augen der Mehrheit unumgängliche Maßnahme.

Bad Aibling – Wer in Deutschland Grund besitzt, muss dafür Steuern bezahlen. Dieses Geld fließt ausschließlich den Kommunen zu, für die diese „Grundsteuer B“ zu den wichtigsten Einnahmen zählt. Mit dem Geld werden Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Schwimmbäder oder Büchereien finanziert und wichtige Investitionen in die örtliche Infrastruktur wie Straßen, Radwege oder Brücken getätigt.

An dieser Steuerschraube zu drehen, galt in Bad Aibling lange Zeit als „politisch nicht gewollt“. In sämtlichen Haushaltsberatungen der letzten eineinhalb Jahrzehnte ließ man die Finger von diesem Einnahmeposten, rang sich auf Anraten des Landratsamtes Rosenheim im April aber schon zu einer Anhebung der Gewerbesteuerhebesätze von 380 auf 400 Prozentpunkte durch.

Jetzt aber zwinge die angespannte finanzielle Lage die Stadt förmlich dazu, auch die Grundsteuerhebesätze zu erhöhen, ließen Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) und Stadtkämmerer Andreas Mennel die Mitglieder des Stadtrates vor dessen endgültiger Einscheidung wissen. Sie verwiesen einmal mehr auf das Drängen der Aufsichtsbehörde Landratsamt, die Stadt müsse vor allem der „Einnahmebeschaffung und der Ausschöpfung aller Einsparmöglichkeiten besondere Bedeutung beimessen“.

Nun sei es mitnichten so, dass die Stadt durch die Anhebung eine Menge Mehreinnahmen generiere. Vielmehr habe man im Verlauf des Jahres 2024 festgestellt, dass schon in diesem Jahr die Beträge nicht erreicht werden, mit denen der Kämmerer gerechnet hatte. Und das noch mit vor der Reform geltenden Bemessungszahlen.

Lege man nun die vom Finanzamt neu ermittelten Zahlen, mit denen die Grundsteuer künftig berechnet wird, zugrunde, werde man im Jahr 2025 aller Voraussicht nach nicht einmal den Ansatz von heuer erreichen. Denn diese neuen Messbeträge fallen von Grundeigentümer zu Grundeigentümer unterschiedlich aus und haben zur Folge, dass manche Bürger künftig mit mehr, manche aber auch mit deutlich weniger veranschlagt werden – was für die Stadt weniger als ein Nullsummenspiel zur Folge haben würde.

Um hier mehr Sicherheit zu schaffen, hatte die Verwaltung eine Erhöhung der Hebesätze zur Errechnung der Grundsteuer von 330 auf 380 Prozentpunkte vorgeschlagen, was jedoch schon der vorberatende Hauptausschuss als zu hoch empfand. Er schlug als Kompromiss eine Anhebung auf 350 Prozentpunkte vor.

Florian Weber: „Nicht das Geld aus der Tasche ziehen“

Im Stadtrat herrschten dazu ziemlich konträre Meinungen. So meinte Florian Weber (Bayernpartei) zwar, dass er auch nicht glaube, dass die Grundsteuererhöhung im Einzelfall ein Problem sei. „Aber ich halte sie zum jetzigen Zeitpunkt für äußerst ungünstig und würde dringend davon abraten. Eine Erhöhung trifft alle, auch die Mieter, auf die die Kosten dann umgelegt werden. Wir sollten lieber in den kommenden Haushalten sparen und in bestimmten Bereichen weniger ausgeben“, forderte Weber und stellte den Antrag: „Wir sollten bei den 330 von Hundert bleiben und den Leuten nicht das Geld aus der Tasche ziehen.“ Dafür fanden sich aber nur vier Befürworter bei 17 Gegenstimmen.

Andreas Winhart: „Unsozial und desaströs“

Ins gleiche Horn stieß allerdings auch AfD-Stadtrat Andreas Winhart, der die Anhebung als „absolut widersinnig in der heutigen Zeit, einfach unsozial und desaströs“ bezeichnete, vor allem angesichts dessen, wofür die Stadt sonst viel Geld ausgebe. „Wir leisten uns zum Beispiel einen Klimaschutzmanager, eine teure Schule, Fairtrade, eine Pressestelle, die hauptsächlich den Bürgermeister fotografiert, wenn er ein paar Blümchen anschaut... Eine ganze Liste an Chichis, die man sich einfach sparen kann“, wetterte er. Die Stadt habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem und „man muss endlich lernen, mit Geld umzugehen“.

Richard Lechner: „Lieber auf der sicheren Seite“

Wie Weber hielt auch SPD-Stadtrat Richard Lechner den Zeitpunkt nicht für ideal. Jedoch müssten bis Jahresende rund 10.000 Grundsteuerbescheide verschickt werden, weshalb eine Entscheidung nun getroffen werden müsse. Auch er kenne zahlreiche Fälle, in denen die Eigentümer durch die neuen Messbeträge künftig weniger zahlen müssten. Um als Stadt aber sicher zu sein, dass man am Ende tatsächlich das anvisierte Ergebnis erreiche, schlug er sogar eine Anhebung des Hebesatzes auf 360 von Hundert vor. „So stellen wir auch sicher, dass wir nicht in zwei Jahren wieder 10.000 Bescheide neu verschicken müssen, was auch Zeit- und Kostenaufwand bedeuten würde.“ Dieser Antrag wurde mit 5:16 Stimmen abgelehnt.

Markus Stigloher: „Kompromiss eingehen“

Dass die CSU prinzipiell gegen Steuererhöhungen sei, schickte Fraktionssprecher Markus Stigloher voraus. Jedoch sei die Lage hier „sehr verzwickt“, weil man nicht genau wisse, wie sich die Situation generell mit der Reform verändere. Von daher werde man hier den Kompromiss mitgehen und einer Erhöhung auf 350 von Hundert zustimmen. Man müsse aber im Auge behalten, den Wert wieder zu senken, wenn die Einnahmen überproportional ausfielen.

Petra Keitz-Dimpflmeier: „Populistische Aussagen“

„Mir ist bis jetzt noch kein Fall bekannt, in dem man Steuern mal wieder gesenkt hätte. Wir sollten den Leuten schon reinen Wein einschenken: Was oben ist, bleibt oben“, konterte Winhart. Auch Petra Keitz-Dimpflmeier (SPD) bezeichnete Stiglohers Ansatz als „sehr populistisch“. Sie betonte, dass durch die Erhöhung nicht ein „großer Reibach gemacht werden“, sondern das Einnahmenniveau nur gehalten werden soll. „Das geht nun einmal nur mit einer, wie ich finde, maßvollen Erhöhung.“

Die Auswirkungen der Grundsteuerreform und Anhebung der Hebesätze der Grundsteuer B im Rechenbeispiel.

Grünen-Rätin Martina Thalmayr erklärte, man habe im Vorfeld viel mit den Zahlen jongliert. Ihre Fraktion habe daher den Kompromissvorschlag eingebracht. „Wenn wir bei 330 bleiben, besteht die Gefahr, dass wir unter die veranschlagten Einnahmen fallen. Es ist unser Auftrag, dass das nicht passiert.“ Die Auswirkungen bezeichnete sie als moderat, auch wenn es im Einzelfall durchaus zu einer spürbaren Erhöhung kommen werde. „Aber wir müssen eine Solidargemeinschaft sein und das heißt, dass wir auch dafür sorgen müssen, dass der Haushalt funktioniert. Wir halten die 350 für einen gehbaren Weg, müssen aber in den kommenden Jahren darauf schauen, wie sich das auf die Mieten auswirkt.“

Zwei Rechenbeispiele

Stadtkämmerer Andreas Mennel zeigte anhand zweier Beispielrechnungen auf, wie unterschiedlich die Grundsteuer B von Fall zu Fall ausfallen kann und wie sich die Anhebung der Hebesätze auswirken wird. Dazu muss man wissen, dass die Grundsteuer errechnet wird, indem man den vom Finanzamt für das eigene Grundstück festgestellten Messbetrag (beruht auf Grund und Boden sowie – durch die Reform stärker im Fokus – der tatsächlichen Wohnfläche) mit dem Hebesatz (diesen legt jede Kommune für sich selbst fest) multipliziert.

Rechenbeispiel Einfamilienhaus 1: Bisheriger Messbetrag von 52,91 Euro multipliziert mit dem bisherigen Hebesatz „330 von Hundert“: 174,61 Euro. Das ist der Grundsteuerbetrag, den der Eigentümer bisher bezahlen musste. Ab 1. Januar 2025 greifen aber nun die Grundsteuerreform und die Hebesatzerhöhung. Bei dem neuen Messbetrag von 72,35 Euro, multipliziert mit neuem Hebesatz 350 von Hundert, ergibt sich eine Betrag von künftig 253,23 Euro. Also 78,62 Euro mehr als bisher. (Hätte die Stadt den Hebesatz bei 330 gelassen, läge die Grundsteuer in diesem Fall künftig bei 238,75 Euro, also um 64,14 Euro höher als bisher.).

Rechenbeispiel Einfamilienhaus 2: Bisheriger Messbetrag 117,03 Euro mal Hebesatz von 330 v.H.: 386,20 Euro. Ab 1. Januar 2025: Neuer Messbetrag nach Grundsteuerreform 68,40 Euro mal neuem Hebesatz 350 v.H. = 239,40 Euro. Der Eigentümer bezahl also 146,80 Euro weniger als bisher. (Wäre der Hebesatz bei 330 v.H. geblieben, würde er 225,72 Euro und damit 160,48 Euro weniger als bisher zahlen).

„Die Grundsteuerhebesätze wurden 15 Jahre lang nicht angehoben“, meinte Dieter Bräunlich (ÜWG). Steuererhöhungen kämen nie gut an, aber dieses Mal seien sie nun mal notwendig und in diesem Fall „absolut verträglich“. Allerdings forderte auch er, dass mehr Sparwille erkennbar sein müsse. „Das erkenne ich bisher noch gar nicht. An dieser Schraube müssen wir wirklich drehen.“

Mit 16:5 Stimmen beschloss der Stadtrat schließlich die Anhebung der Hebesätze für Grundstücke (B) sowie für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (A) auf 350 von Hundert.

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