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„Ich kann das nicht nachvollziehen“

Kommt doch ein Demenz-Heim nach Bad Aibling? Warum das abgelehnte Projekt erneut für Ärger sorgt

Im Nachgang einer Stadtratsentscheidung zu den Plänen für eine Demenzeinrichtung gerät SPD-Rätin Petra Keitz-Dimpflmeier unfreiwillig in den Fokus.
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Im Nachgang einer Stadtratsentscheidung zu den Plänen für eine Demenzeinrichtung gerät SPD-Rätin Petra Keitz-Dimpflmeier unfreiwillig in den Fokus.

Seit Jahren schwelt ein Streit um die Pläne für ein Demenz-Pflegeheim in Bad Aibling. Weil sich Bauwerber und Stadt nicht einigen konnten, wurde das Projekt zuletzt abgeblasen. Doch nun gerät eine Stadträtin unfreiwillig in den Fokus – und rollt den Fall neu auf.

Bad Aibling – Seit vier Jahren ringen die Stadt Bad Aibling und ein Bauwerber um eine neue Pflegeeinrichtung für Demenzkranke an der Ghersburgstraße. Schien zuletzt noch fast alles in trockenen Tüchern, erteilte der Stadtrat dem Vorhaben Ende des vergangenen Jahres nun doch eine Absage. Der Grund: Anders als ursprünglich geplant, sprachen die Antragsteller zwischenzeitlich nicht mehr rein von einer vollstationären Pflegeeinrichtung für Demenzkranke, sondern von einer „variablen“ Nutzung wie etwa betreutes Wohnen. Das stieß dem Gremium sauer auf, sogar von „Täuschung“ und „Schindluder“ war die Rede.

Um so überraschter zeigten sich einige Stadträte, als das Thema jetzt, mehrere Wochen nach der klaren Absage, erneut auf dem Tisch im Bad Aiblinger Rathaus lag. Und so sprach Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) während der jüngsten Bauausschusssitzung von einem „kleinen Déjà-vu-Erlebnis“. Der Grund, warum das Thema erneut auf die Tagesordnung kam, sei eine persönliche Beteiligung der Stadträtin Petra Keitz-Dimpflmeier (SPD), die unweit des betroffenen Grundstückes wohnt. Sie hätte damals nicht abstimmen dürfen, was den gefassten Beschluss nun unwirksam mache, erklärte Schlier.

Persönliche Betroffenheit einer Stadträtin?

Doch was steckt dahinter? Nachdem der Stadtrat damals gegen das Projekt gestimmt hatte, gab es einen Austausch zwischen Stadtverwaltung und der Rechtsaufsichtsbehörde. In einer Stellungnahme sprach das Landratsamt daraufhin von „besonderen örtlichen Verhältnissen, insbesondere der Niederschlagswassersituation“ im Umfeld des geplanten Demenz-Heimes. Durch eine Beschlussfassung über den Bebauungsplan, der dort auch das Grundstück der Stadträtin betreffen würde, könnten für diese „besondere Vor- oder Nachteile“ entstehen. Laut Landratsamt also eine persönliche Betroffenheit. Und diese Formalie schließt Stadträte generell von Abstimmungen aus.

Die persönliche Sichtweise der SPD-Rätin, die dem Bauausschuss nicht angehört, lag den Sitzungsunterlagen nicht vor. Mit diesem Vorgehen aber zeigte sich Grünen-Stadträtin Martina Thalmayr nicht einverstanden. „Für mich als Nicht-Juristin ist nicht nachvollziehbar, warum sie hier Beteiligte ist.“ Zudem müsste ihr das Recht eingeräumt werden, ihre Sicht der Dinge kundzutun. Für Thalmayr ebenfalls unverständlich: In der Stellungnahme des Landratsamtes wird der Stadt wörtlich empfohlen, dass sie die Beschlussvorschläge nochmal zur Abstimmung bringen „könnte“. Eine Pflicht, das Thema nochmal aufzugreifen, bestehe in ihren Augen somit nicht. Thalmayr beantragte deshalb, das Thema zu vertagen oder besser gleich abzusetzen.

Rathauschef Schlier, der sich das Ergebnis nicht ausgesucht habe, war anderer Meinung. Knackpunkt seien damals zwei aufeinanderfolgende Beschlussfassungen gewesen. Bei der ersten Abstimmung war das Votum (11:10) so eng, dass das Mitwirken des persönlich beteiligten Stadtratsmitgliedes mitentscheidend für das Ergebnis gewesen sei. Schliers Schlussfolgerung: Ohne das Ergebnis der ersten Abstimmung wäre die zweite (deutliches Ergebnis von 16:5 Stimmen) womöglich nicht zustande gekommen.

Thalmayr wehrt sich gegen Vorwürfe

Ähnlich sah es SPD-Stadtrat Richard Lechner, der sich gegen Thalmayrs Ansinnen, den Beratungspunkt abzusetzen oder zu vertagen, aussprach. „Hier kam es bei der Abstimmung auf eine Stimme an.“ Lechner fürchtet indes, dass Thalmayr nun die Möglichkeit blockiere, eine dringend benötigte Demenzeinrichtung in Bad Aibling errichten zu lassen.

„Kein Mensch ist grundsätzlich gegen die Demenz-Einrichtung“, sah sich Thalmayr deshalb zur Rechtfertigung gezwungen. Wie Lechner habe auch sie persönliche Erfahrungen mit Demenzkranken. „Ich wehre mich deshalb massiv dagegen, irgendetwas zu blockieren.“ Jedoch sei nicht jedes Gebäude an jeder Stelle geeignet, so Thalmayr. Sie erinnerte an das klare Meinungsbild im Stadtrat. „Warum sollen wir uns jetzt nochmal damit beschäftigen, nur weil es manchen nicht passt?“

Kritik an „unterschiedlichem Kenntnisstand“

Laut Bürgermeister Schlier sei recht kurzfristig eine weitere Stellungnahme des Landratsamtes eingegangen, wonach man nun klar von einer Betroffenheit Keitz-Dimpflmeiers ausgehe. Dieses Schreiben lag dem Bauausschuss jedoch nicht vor. Auch deshalb wollte Thalmayr „ohne die fehlenden Unterlagen“ nicht fortfahren.

Und diesen „unterschiedlichen Kenntnisstand“ empfanden auch Florian Weber (Bayernpartei) und Dieter Bräunlich (ÜWG) als problematisch. Beide unterstrichen dennoch, sollte das Vorhaben weiter verfolgt werden, dass es klare Regeln geben müsse. Allen voran die Forderung des Stadtrates, die Nutzung als vollstationäre Pflegeeinrichtung für Demenzkranke in Stein zu meißeln.

Bürgermeister will Thema nicht „zumachen“

„Ich fände es schade, wenn wir das Thema aus formalen Gründen zumachen“, reagierte Bürgermeister Schlier auf Thalmayrs Anträge. Zumal die inhaltliche Diskussion schon damals „abgeschnitten“ worden sei. Der Rathauschef dürfte also froh gewesen sein, als die Grünen-Stadträtin mit dem Wunsch, den Tagesordnungspunkt komplett abzusetzen, im Bauausschuss mit 4:7 Stimmen scheiterte. Ihr Folgeantrag – das Thema müsse vertagt werden, bis alle Unterlagen und Stellungnahmen vorliegen – erhielt jedoch eine knappe Mehrheit (6:5). Somit ist klar, dass sich nun der Stadtrat erneut mit der Thematik befassen wird.

Dann dürfte auch mehr Klarheit über die vermeintliche Betroffenheit Petra Keitz-Dimpflmeiers herrschen. Bleibt vorab zu klären, wie sie selbst zur Sachlage steht. Auf OVB-Nachfrage zeigte sie sich jedenfalls sichtlich überrascht, dass sie nun im Nachgang als Beteiligte gelte, obwohl davon in den vergangenen Jahren nie die Rede war. Insgesamt kritisierte sie die Kommunikation, etwa wie und wann sie davon erfahren habe und in welcher Form das Thema nun behandelt wurde.

Betroffene Stadträtin zeigt sich irritiert

„Ich kann das nicht nachvollziehen“, sagte sie über ihre vermeintliche Beteiligung. Was sie besonders irritiert: Bei einer anderen Abstimmung, die sich ebenfalls mit der Ghersburgstraße befasste und bei der ihr Grundstück sogar angrenzt, habe sie als „Nicht-Beteiligte“ abstimmen dürfen. „Bei der Demenz-Einrichtung soll ich nun Betroffene sein, obwohl mein Grundstück gar nicht angrenzt“, so Keitz-Dimpflmeier. Bei aller Unklarheit geht sie dennoch davon aus, dass sie sich bei der kommenden Abstimmung im Stadtrat enthalten muss.

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