Metzgereien-Sterben in Bad Aibling setzt sich fort
Darum macht ein weiterer Familienbetrieb zum Jahreswechsel dicht
Das Metzgereien-Sterben in Bad Aibling geht weiter. Zum Jahresende macht nicht nur Anton Hausberger sein Geschäft in der Kirchzeile dicht, jetzt schließt ein weiterer Traditionsbetrieb in der Stadt. Das sind die Gründe.
Bad Aibling - „Irgendwann stößt man an seine Grenzen“, sagt Metzgermeister Martin Winkler, der im nächsten Jahr 67 wird und den von den Eltern übernommenen Betrieb in der Kolbermoorer Straße seit 1. Januar 1990 mit seinem Bruder Marinus (56) führt. Martins Frau Christine (56) und seine Schwägerin Claudia (53) haben sich überwiegend um den Laden gekümmert. Zum Jahresende gehen nun auch in der Metzgerei Winkler die Lichter aus.
Berufliche Zukunft noch offen
„Wir hören mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf“, sind sich die Brüder einig. Martin wird nächstes Jahr in Rente gehen, sein Bruder denkt noch darüber nach, wie seine berufliche Zukunft aussieht. Dies gilt auch für die Ehefrauen.
„Wir waren mit Leib und Seele Metzger. Sechs Tage die Woche waren wir für den Betrieb da, bei Bedarf zusätzlich auch am Wochenende“, sagt Marinus Winkler. Mangelnde Kundenfrequenz habe die Familie nicht zu diesem Schritt bewogen, sondern die fehlende Zukunftsperspektive. „Es gibt keinen Nachfolger“, so Martin Winkler. Die Tochter von Marinus studiert Soziale Arbeit, seine Söhne arbeiten als Schreiner beziehungsweise Bau- und Landmaschinenmechatroniker. Die Tochter von Martin hat drei Kinder und ist mit der Sorge für die Familie voll ausgelastet.
Seit 1. September 1975 im Betrieb
Martin Winkler arbeitete nach Abschluss der Lehre seit 1. September 1975 im Betrieb seiner Eltern, der sich damals noch in der Kirchzeile befand. Neben der Metzgerei betrieben sie dort auch das Gasthaus „Maxlrainer Bierhalle“. Zum 1. Dezember 1976 eröffneten die Eltern ihr neues Geschäft an der Kolbermoorer Straße, das Wirtshaus gaben sie auf. Am 1. Januar 1990 übernahmen die Brüder den Familienbetrieb, den sie in wenigen Monaten schließen.
Wir haben immer über Gebühr lange gearbeitet
Immer mehr Auflagen, Bürokratie, die stark gestiegenen Produktionskosten und vor allem der Mangel an Fachkräften machten vor allem den Handwerksbetrieben zu schaffen, sind sich die Brüder einig. „Hätte es eine Lösung für die Nachfolgefrage gegeben, hätte auch der Martin sicher noch ein paar Jahre weitergemacht“, ist Marinus Winkler überzeugt. „Wir haben immer über Gebühr lange gearbeitet. Das ist halt ein Problem in der Selbstständigkeit und heute kaum mehr vermittelbar“, sagt er. Auch Christine Winkler sieht diese Problematik, wenngleich sie gesteht, dass ihr der Abschied von der Verkaufstheke schwerfällt. „Ich war 38 Jahre lang im Laden. Das streift man nicht einfach ab“, berichtet sie.
Wie es mit dem Geschäft an der Kolbermoorer Straße weitergeht, weiß die Familie im Moment noch nicht. Zunächst müsse man die Firma liquidieren und dann weitersehen. Eventuell zieht doch neues Leben in den Laden ein, wenn auch nicht in Form einer Metzgerei. „Wir haben einen Interessenten, der hier einen Imbiss errichten will. Ich weiß aber noch nicht, ob wir das machen“, so Marinus Winkler. Auch das jetzige Ladengeschäft verfügte über einen Imbiss, der gut angenommen wurde.
Keine weitere Schließung zu erwarten
Dass demnächst eine weitere Metzgerei in der Kurstadt dichtmachen könnte und Fleisch und Wurst somit nur noch in Supermärkten zu erhalten wären, ist nicht zu befürchten. „Schließen ist für uns kein Thema. Wir wollen noch ganz lange da bleiben“, bekräftigt Martina Lehnig von der Landmetzgerei Gassner im Ortsteil Willing. So äußert sich auch Barbara Loidl von der gleichnamigen Metzgerei in der Bahnhofstraße. „Wir haben hier ja erst vor ein paar Jahren unseren neuen Laden eingerichtet und ein neues Konzept mit dem Mittagstisch entwickelt. Das wird sehr gut angenommen“, freut sich Loidl. Personalprobleme und Kostendruck sind allerdings auch für sie keine Unbekannten.
Weitermachen wollen auch Josef und Elli Schoder, die ihr Geschäft in der Lagerhausstraße betreiben. „Unser Laden bleibt in den kommenden Jahren selbstverständlich offen“, versichert Metzgermeister Sepp Schoder. Mit einer großen Arbeitsbelastung, gestiegenen Kosten, die man nicht vollständig auf die Kunden abwälzen könne, und viel Bürokratie sieht auch er sich konfrontiert. Schoder hofft, dass sich die Bevölkerung künftig noch etwas mehr Gedanken über die Unterstützung heimischer Handwerksbetriebe macht.
Was die Metzgerei Hausberger betrifft, tritt Toni Hausberger in der Stadt kursierenden Gerüchten entgegen, sein Geschäft könnte eventuell doch über den 31. Dezember 2023 hinaus geöffnet bleiben. Er habe zwar seine Absicht, das Anwesen in der Kirchzeile samt Metzgerei und Ladengeschäft zu verkaufen, bisher nicht realisieren können, dennoch. „Es bleibt dabei, wir schließen zum Jahresende“, macht Hausberger deutlich.
Hubert Lohberger, Obermeister der Metzgerinnung für die Stadt und den Landkreis Rosenheim, war beruflich so stark gebunden, dass er auf die Schnelle keine Stellungnahme zur neuerlichen Betriebsschließung in Bad Aibling und zur Situation des Metzgerhandwerks in der Region abgeben wollte.
