Wird das Viertel am Köbingerberg überfordert?
Dem Asylheim folgt die Obdachlosen-Unterkunft: Sorgen in Wasserburg
In die ehemalige Romed-Klinik Wasserburg sollen etwa 200 Flüchtlinge unterkommen. Fast direkt daneben will der Internationale Bund ein Wohnheim für männliche Obdachlose bauen. Wird ein Viertel damit überfordert? Die Sorgen in der Stadt sind groß.
Wasserburg – Ein Bauausschuss beschäftigt sich mit baurechtlichen Fragen – eigentlich. Denn in der jüngsten Sitzung in Wasserburg wurde es ungewöhnlich sozial-politisch. Die Stadt sorgt sich um das Wohnviertel am Köbingerberg und fragt sich: Wird die gediegene, kleine Siedlung in der nördlichen Burgau überfordert und zum sozialen Brennpunkt?
Das Problem ist zweierlei: Zum einen soll an der ehemaligen Romed-Klinik ein Asylbewerberheim entstehen, zum anderen möchte die Wohnungslosenhilfe des Internationalen Bunds ganz in der Nähe ein Heim für männliche Obdachlose errichten. Für einige Bauausschuss-Mitglieder stellte sich hier die Frage: Ist das zu viel für das Viertel?
Einen Bau mit 30 Zimmern plus einigen Aufenthaltsräumen sieht der Internationale Bund am Köbingerberg vor. Der Dienstleister hat bereits ein Gebäude am Heisererplatz – die „Traube“ – und im ehemaligen Polizeigebäude in der Altstadt. In der südlichen Burgau will er nun neu bauen. Nur wenige Meter weiter, an der Dr.-Martin-Geiger, Straße – ehemals Krankenhausstraße – möchte der Landkreis Asylbewerber unterbringen. Bereits jetzt leben dort in zwei Containeranlagen Geflüchtete. Nun will die Behörde zusätzlich das Gebäude der ehemaligen Romed-Klinik als Aufnahmeeinrichtung nutzen. Die Sorgen sind groß.
Handhabe der Stadt ist gering
Dass der Bauausschuss von beiden Plänen nicht begeistert ist, ist bereits bekannt. Der erste Entwurf für das Obdachlosenwohnheim wurden bereits in einer früheren Sitzung abgelehnt – zu massiv wurden hier die Baugrenzen überschritten und zu wenig auf den bestehenden Bebauungsplan geachtet. Die Unterbringung der Flüchtlinge hatte ebenfalls schon früher für Kopfzerbrechen gesorgt. Die Stadt sorgte sich um die Integration, eine Betreuung durch Ehrenamtliche sei nicht mehr zu gewährleisten. Auch könne Wasserburg keine Kindergarten- und Grundschulplätze anbieten, die Kapazitäten seien ausgereizt. Nun standen beide Punkte zeitgleich auf der Tagesordnung und es wurde deutlich: Es hat sich einiges verbessert, dennoch sind die Bedenken des Gremiums weiterhin da, während die Handhabe der Stadt gering ist.
So habe sich etwa der Entwurf für das Obdachlosenwohnheim an den Bebauungsplan angenähert, wie Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann erläuterte. Die Wandhöhen würden den Plan nur noch geringfügig überschreiten, auch die geplanten Abgrabungen seien geringer geworden. Lediglich im Süden sei noch eine massive Überschreitung der Baugrenzen eingezeichnet. Auch bei der Planung für das Flüchtlingsheim habe sich einiges getan, erklärte Bürgermeister Michael Kölbl (SPD). Inzwischen stehe fest, dass die Regierung von Oberbayern die Asylunterkunft betreiben werden. Das habe viele Vorteile auch für die Stadt. „Es wird eine soziale Betreuung durch festangestelltes Personal der Regierung von Oberbayern geben. Außerdem soll eine Kinderbetreuung in das Erdgeschoss kommen.“ Einige Sorgen weniger also für die Stadt.
„Unruhe im Wohnquartier“
Dennoch waren skeptische Stimmen im Bauausschuss zu hören. „Es ist eine Unruhe im Wohnquartier“, stellte Heike Maaß (CSU) fest. „Die Fragen ist tatsächlich, ob wir die Konzentration von sozialen Brennpunkten in diesem Quartier unterstützen wollen.“ Insbesondere bei der Flüchtlingsunterkunft forderte sie, ein „Ausrufezeichen zu setzen“: „Wir müssen zum Ausdruck bringen, wir haben Bauchschmerzen!“ Auch Friederike Kayser-Büker (SPD) zeigte sich weder vom Obdachlosenwohnheim, noch von der Asylbewerberunterkunft begeistert und sprach von einer „hohen Belastung für die Nachbarn.“ Speziell bei der Flüchtlingsunterkunft wolle sie „Antworten auf die Fragen, wie die Bewohner dort untergebracht werden.“
Doch gleichzeitig wurde deutlich: Viel Handhabe hier etwas zu verhindern hat die Stadt nicht: Baurechtlich ist die Einrichtung eines Obdachlosenwohnheims an der Köbingerbergstraße zulässig. „Es handelt sich um eine soziale Einrichtung und ist damit im Mischgebiet vollkommen zulässig“, erklärte Stadtbaumeisterin Herrmann. Noch weniger Einfluss hat die Stadt auf die Unterbringung von Geflüchteten im ehemalgien Krankenhaus. Besitzer des Gebäudes ist der Landkreis selbst. Außerdem sind die Kommunen zur Unterbringen von Asylbewerbern verpflichtet.
Das gab auch Bürgermeister Kölbl zu bedenken. Dennoch schlug er vor, das Landratsamt um eine Informationsveranstaltung für die Bürger zu bitten. Außerdem solle erneut eine Begrenzung der Anzahl der untergebrachten Asylbewerber eingefordert werden. Denn theoretisch könnten auf dem gesamten Gelände 303 Personen untergebracht werden. „Wir würden auf maximal 200 Personen bestehen“, sagte er. Zudem schlug er vor, darauf zu pochen, die Nutzung auf fünf Jahre zu begrenzen.
Gute Forderungen oder „sinnloser Aktionismus“?
Christian Stadler (Grüne) zweifelte jedoch, ob dies Auswirkungen habe. „Keiner von uns hat Einfluss darauf, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln werden. Auch das Landratsamt nicht. Wir fordern ein Zugeständnis ein, dass uns keiner geben kann.“ Es handle sich um „sinnlosen Aktionismus“ solche Forderungen zu stellen. Zudem könne ein Bauausschuss solche Forderungen nicht stellen. „Das hat nichts mit dem Baurecht zu tun, mit dem sich das Gremium beschäftigt“, betonte Stadler.
Kölbl hielt jedoch dagegen: „Baurechtlich bringen die Forderungen nichts, das ist klar. Aber es bringt für die Verhandlungen etwas.“ Auch Maaß widersprach Stadler. „Ich sehe hier ein Signal an das Landratsamt. Wir sind die Stadträte für Wasserburg und dieses Thema beunruhigt viele Bürger. Ich finde es nicht in Ordnung, diese Forderungen als Aktionismus zu bezeichnen.“
Schlussendlich stimmte der Bauausschuss der Nutzungsänderung des ehemaligen Krankenhauses einstimmig zu. Allerdings mit den Forderungen, die Zahl der Flüchtlinge auf maximal 200 und den Zeitraum auf fünf Jahre zu begrenzen. Den Bau des Obdachlosenheims lehnte der Ausschuss einstimmig ab, allerdings nicht wegen der Art der Nutzung, sondern aufgrund der überschrittenen Baugrenzen.