Spatenstich und Start der Spendenkampagne
Von Wasserburg aus „schneller und effektiver“ helfen in der Not: Johanniter bauen für Bürger
Ausgestattet mit nur einem Sanitätskoffer starteten 1991 die Johanniter in Wasserburg. Heute engagierten sich 220 Helfer und Retter für Bevölkerungsschutz und Krisenintervention – in ganz Oberbayern Südost. Ein Einzugsgebiet und eine Aufgabenvielfalt, für die es eine neue Rettungswache braucht. Was sie leisten wird und wie die Spendenaktion dafür abläuft, wurde beim Spatenstich deutlich.
Wasserburg – „Jeder ist froh, wenn er den Rettungsdienst nicht braucht, doch wenn es so ist, dann ist jeder erleichtert, wenn die Johanniter schnell kommen“, sprach Landrat Otto Lederer beim Spatenstich am 13. September vielen aus der Seele. Wie oft die 150 ehren- und 70 hauptamtlichen Retter, Sanitäter, Helfer und Krisenmanager in der Not benötigt werden, machte Lederer an Zahlen deutlich: Um 20 Prozent seien die Alarmierungen im vergangenen Jahr gestiegen. Über 4000 Einsätze hätten die Johanniter erledigt und dabei 640.000 Kilometer zurückgelegt. Von der Zentrale in Wasserburg aus geht es in sieben Landkreise.
Im vergangenen Jahr gab es deshalb einen neuen Namen für den Ortsverband: Johanniter Oberbayern Südost. Bürgermeister Michael Kölbl kann den Wegfall des Ortsnamens Wasserburg verschmerzen, wie er beim Festakt schmunzelnd erklärte. „Wenn Wasserburg das Zentrum in Südost-Oberbayern ist, kann ich als Bürgermeister nur glücklich sein.“ Die Stadt hat für den Neubau ein Grundstück der von der Kommune verwalteten Heiliggeist-Spitalstiftung auf Erbpachtbasis zur Verfügung gestellt. Es liegt in der Tegernau, nur wenige Meter vom Altgebäude entfernt.
Altgebäude zu klein
Hier reicht der Platz seit langem nicht mehr aus. Derzeit sind Equipment, Einsatzfahrzeuge und Räume der Johanniter auf vier Standorte in Wasserburg und angrenzenden Gemeinden verteilt. Bei Alarmierungen und beim Training bedeutet dies nach Angaben des Johanniter mitunter einen großen zusätzlichen Zeitaufwand. Schulungen müssen in angemieteten Räumen stattfinden, weil es nicht genügend Räumlichkeiten für die Sanitätsausbildungen und die Erste-Hilfe-Kurse gibt. Und es fehlt sogar der Platz zum Umkleiden. Derzeit bereiten sich die Haupt- und Ehrenamtlichen draußen in Containern auf ihre Einsätze vor. Und da die standardisierten Einsatzfahrzeuge immer größer geworden sind, passen sie kaum mehr in die Garagen – die Fahrer müssen zum Teil auf der Beifahrerseite einsteigen und zum Lenkrad klettern. Als „Schneckenhaus, aus dem die Johanniter rausplatzen“ bezeichnete Kölbl das viel zu kleine und nicht mehr zeitgemäße Gebäude.
„Wir spüren, dass wir gebraucht werden“
Ein Neubau ist notwendig, „das ist unbestritten“, betonte Boris Cramer, Vorstand im Regionalverband München, beim Festakt im Beisein von gut 60 geladenen Gästen. Das neue Haus werde alle Dienste und Ausrüstungen endlich unter einem Dach zusammen fassen. Es ist vier Mal so groß wie das alte, berichtete der Landrat, Botschafter des Vorhabens. Hier werden die 220 haupt- und ehrenamtlichen Helfer und Retter optimale Arbeitsbedingungen erhalten, eine wichtige Wertschätzung für ihr großes Engagement, wie Dr. Ramona Schumacher, Johanniteroberin, findet. Davon profitiere die Bevölkerung: Noch schneller könnten die Johanniter ausrücken, noch effektiver die Bevölkerung versorgen, wenn es um Notlagen oder den Katastrophenschutz gehe, so Cramer. „Wir spüren, dass wir gebraucht werden. Jetzt brauchen wir die Unterstützung, damit wir da sein können.“
Denn für das dringend benötigte neue Zentrum mit Dienststellenleiter Markus Haindl an der Spitze ist eine Investition von 4,8 Millionen Euro notwendig. Damit der Neubau bis Ende 2024 vollendet werden kann, müssen noch Gelder in Höhe von 3,2 Millionen Euro gesammelt werden, berichtete die Leiterin der Spendenkampagne, Susanne Meierhofer. Der Spatenstich ist nach ihren Angaben deshalb nicht nur ein „Meilenstein“ auf dem Weg zum neuen Zentrum, sondern gleichzeitig der Start des Spendenaufrufs.
Jeder kann finanziell mithelfen, quasi symbolisch mitbauen beim neuen Johanniter-Zentrum. Es wird auch notwendig, weil sich in den vergangenen 32 Jahren seit dem Start in Wasserburg die Aufgaben vervielfältigt haben. Zahlreiche neue Diensten seien hinzugekommen – unter anderem die Rettungshundestaffel, die Krisenintervention sowie ein Drohnen-Einsatztrupp. Großen Wert legen die Johanniter ebenso auf die Nachwuchsförderung: Auch für etwa 100 Kinder Jugendliche wird neu gebaut, so Kölbl. Cramer unterstrich das große ehrenamtliche Engagement: Sogar mit der Zahnbürste hätten die Mitglieder zum Aktionstag in Wasserburg ein gebrauchtes Fahrzeug so herausgeputzt, dass es ausgesehen habe wie neu, berichtete er.
Gemeinsam mit Unterstützern und Förderern werde auch die Finanzierung des Neubaus zu stemmen sein, zeigte sich Cramer überzeugt. Der Spatenstich sei ein Symbol dafür, dass aus „Abstraktem nun etwas Konkretes wird“ und es kein Zurück mehr gebe. „Gemeinsam kriegen wir das hin“, ist Meierhofer überzeugt. Dekanin Dagmar Häfner-Becker und ihre Stellvertreterin Cordula Zellfelder machten bei der Segnung deutlich, dass der Mensch zwar nicht alles in der Hand habe und ihn Schicksalsschläge in Not bringen könnten. Doch wenn Helfer wie die Johanniter zur Stelle seien, könne die Krise zum Guten geführt werden.
Das neue Johannita-Zentrum Oberbayern Südost in Wasserburg
Das dreigeschossige Haus mit einem eingeschossigen Nebengebäude entsteht auf einem Grundstück, das die von der Stadt Wasserburg verwaltete Heiliggeist-Spitalstiftung in Erbpacht zur Verfügung stellt. Auf 1900 Qudratmetern soll das neue Zentrum .Platz für eine moderne Rettungswache, Seminar- und Schulungsräume, Büros für Notrufdienste, Umkleiden, große Lagerräume für das Equiptment sowie medizinisches Material und Platz für zehn Einsatzwagen bieten. Damit die Hilfe der Johanniter auch im Fall einer unterbrochenen Strom- oder Gaszufuhr durch Naturkatastrophen oder Mangellagen gewährleistet werden kann, erhält das Zentrum die nötige Technik, um es autark betreiben zu können. Dadurch kann es als wichtiger Anlaufpunkt für die Bevölkerung im Katastrophenfall dienen, berichtete Dienststellenleiter Markus Haindl. Luftwärme-Pumpe, Photovoltaik, eine ökologische Holzbauweise der Garagen, die Verwendung von Naturstoffen und eine Grauwassernutzung für die Fahrzeugreinigung unterstützen die Nachhaltigkeit. Beim Bau sollen vorzugsweise regionale Baufirmen und Baumaterialen zum Einsatz kommen, verkündete Boris Cramer, Vorstand der Johaniter im Regionalverband München, beim Spatenstich.






