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Große Unsicherheit in der Region Rosenheim

Sorge der Almbauern wächst: Wird der Bär weitere Tiere angreifen?

Noch ist nicht einmal bekannt, welcher Bär da durch die Wälder bei Oberaudorf stapft.
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Schafsrisse lassen die Sorgen in der Region wachsen.

Nach dem Wolf nun der Bär? Nach den jüngsten Sichtungen und Rissen macht sich im südlichen Bereich des Landkreises Rosenheim Unsicherheit breit. Wie soll es weitergehen? Die Almbauern sehen sich in einem Wettlauf mit der Zeit.

Oberaudorf - Grässlich verstümmelte Kadaver, Schafherden in Panik, Stapfen von Riesen-Pranken in der Almwiese und im Schnee an der Felix-Alm: Für die Almbauern in der Region Rosenheim gibt es keinen Zweifel mehr daran, dass der Bär in der Gegend ist. Nach dem Wolf fürchten sie im Braunbären die nächste Bedrohung. Für eine traditionelle Art von Landwirtschaft in den Bergen, die vielerorts im Voralpengebiet ohnehin auf dem Rückzug ist.

„Der Winterschlaf ist vorbei, und nun hat der Bär Hunger“, sagt Josef Regauer aus Oberaudorf. Auf gut 1000 Meter Höhe hält er Isländer-Ponys, Kühe, Schafe. Direkt in seiner Nachbarschaft, nur ein paar hundert Meter entfernt, lebt die Schafherde, die zu den Angriff des Bären erlebte. Regauer ist einer der letzten in der Gegend, der noch im Haupterwerb Almbauer ist. Und ihm wie vielen anderen Tierhaltern läuft die Zeit davon. Eben weil der Winter rum ist oder vielmehr sein sollte. „Wir bekommen noch mal Schnee“; sagt Regauer, „aber dann sollt‘s eigentlich losgehn mit der Weidesaison.“ Schließlich gehe es ums Tierwohl. Und das Futter wird auch knapp.

Bär in der Region Rosenheim: Wer schützt die Kinder auf dem Weg zur Schule?

„Jetzt wo die Weidezeit anfängt, ist das eine schwierige Situation“, sagt auch Bezirksalmbauer Sepp Kern. Seit zwei, drei Wochen wären sie normalerweise schon draußen, „wenn nicht so schlechtes Wetter wäre“, wie er sagt. Nun aber stellt das Auftauchen des Bären am Bichler See und an der Felix-Alm den gewohnten Jahreslauf noch mehr in Frage als der kalte, nasse Frühling 2023. „Die Viecher kannst du nicht schützen.“, beteuert er. Das sei das eine; noch mehr Sorgen hat er um die Kinder. „So ein Kind, sieben, acht Jahre alt: Meint irgendjemand, dass das stehenbleibt, wenn der Bär vor ihm auftaucht? Das rennt weg, und der Bär hinterher.“ Kern blickt düster in die Zukunft: „Ich möchte es nicht verantworten, wenn der Bär ein Kind angreift.“

Für Kern und viele seiner Nachbarn in den Bergen überm Inntal sind das ganz reale Sorgen. Es sind die Bergbauernhöfe, bei denen der Bus anders als in der Stadt nicht in der Nähe vom Zuhause hält. Fast zwei Kilometer Wegs haben Sepp Kerns Enkelkinder zu gehen, bevor sie endlich auf die Tatzlwurmstraße treffen. Manchmal führt der Pfad durch Waldstücke. Nix Schlimmes an sich, „die sind das gewohnt“, meint Kern. Doch der Bär ändert auch das. „Mir ist nicht mehr wohl“, sagt der Almbauer.

Wo ist der Bär? Und wenn ja, wie viele?

Noch ist nicht einmal bekannt, welcher Bär da durch die Wälder bei Oberaudorf stapft. Ist es das Tier, das bereits im Landkreis Garmisch-Partenkirchen in Fotofallen getappt ist? Oder ist es der Bär, der in der Umgebung von Kufstein diverse Schafe und Ziegen gerissen hat? Möglich ist auch noch immer, dass es sich beim Werdenfelser und beim Tiroler Bär um ein und denselben handelt, der immer wieder sein Revier wechselt. Bären haben keine festen Wohnsitze, sie folgen keinem Terminplan. Sicherheit, dass ein Bär eine Gegend mit Sicherheit verlassen hat, gibt es nicht. Wie es um die Identitätsklärung des oder der Bären steht? Das Landesamt für Umwelt sieht sich gegenüber dem OVB schon seit Tagen nicht zu einer Antwort in der Lage.

Die Berge oberhalb Oberaudorfs dürften den Bären jedenfalls allein schon deswegen locken, weil das Angebot zwischen Bichlersee und Großem Traithen Raubtiere überzeugt. Rekordverdächtige 4000 Stück Vieh treiben die Landwirte des Almbezirks Oberaudorf auf die Bergweiden. Die Idylle dürfte auf ihn wie ein Buffet wirken. „Der Bär muss eine Kuh gar nicht reißen, um großen Schaden anzurichten“, sagt Regauer überdies. „Es genügt, wenn die in Panik gerät und abstürzt. Da reichenfünf Meter, und dann bleibt dir nichts mehr übrig, als sie von ihrem Leiden zu erlösen..“ Bei solchen Aussichten sinkt die Hoffnung für die Almwirtschaft.

Bedroht der Bär die Almwirtschaft? Die Almbauern sagen ja

Sepp Kern führt derzeit viele Gespräche wegen des neuen Groß-Beutegreifers. Die Verunsicherung sei groß, stellt er fest. „Es haben eh so viele aufgehört, es wird immer schlimmer“, warnt er. „Wenn die oberen Almen nicht mehr bewirtschaftet werden, dann ist das unvorstellbar.“ Denn dann nehme die Verbuschung überhand. Und wenn Wege überwuchert seien, Ausblicksachsen zugewachsen - dann spreche sich das auch bei den Wanderern und Touristen herum. „Wir sind eine Tourismusregion“, wiederholt Kern und betont die Rolle der Almbauern beim Naturschutz: „Weil Biodiversität durch Almwirtschaft hochgehalten wird.“  

Wenigstens wegsperren - das sollte doch gehen, finden die Bauern

Gleichermaßen beunruhigt zeigt sich die Politik. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Landwirte und Almbauern in ihrer Existenz gefährdet werden“, sagt etwa die Rosenheimer CSU-Abgeordnete Daniela Ludwig. „Auf eine touristisch geprägte Region wie unsere mit existenziell wichtigem Wander- und Alpentourismus kann das ebenso fatale Auswirkungen haben.“ Ähnlich äußert sich Landrat Otto Lederer, gleichfalls von der CSU.

Bedeutet das Jagd auf Meister Petz, mit fatalem Ausgang für den Unruhestifter, ähnlich wie vor 17 Jahren bei Problembär Bruno? Man müsse sich etwas überlegen, sagt Sepp Kern und erzählt vom Meinungsaustausch bei Wildtier-Management-Veranstaltungen. Die rumänischen Bauern ließen‘s demnach schon mal krachen, sie erlegten den einen oder andern Bären. Damit die anderen Vertreter der Gattung Ursus Arctos wieder Respekt vor dem Homo Sapiens verspürten. So weit müsste es laut Kern doch gar nicht kommen. Man könnte ihn ja quasi festnehmen, so wie es die Südtiroler mit der gefährlichen Schwester von Bruno gemacht haben, nachdem die einen Jogger getötet hatte. „Das Viech wird man doch fangen können“, hofft Kern.

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