Appell an Bund Naturschutz
„Erfolgsgeschichte am Königssee fortsetzen“: Start zum Wiederaufbau der Bob- und Rodelbahn
Die ersten Vorbereitungen laufen schon seit Wochen, doch jetzt geht es offiziell los mit den Bauarbeiten zum Wiederaufbau der Bob- und Rodelbahn am Königssee. Landrat Bernhard Kern betont, dass der Schutz der Bahn und der Anlieger „uns allen am Herzen liegt“. Auch bei der Gemeinde Schönau sowie dem Bob- und Schlittenverband Deutschland (BSD) herrschen große Vorfreude. Die Sehnsucht nach Wettkämpfen am Fuße des Grünsteins ist groß. In Richtung der Kritiker gibt es aber auch deutliche Worte.
Schönau am Königssee - Im Vorfeld der Bauarbeiten hat es immer wieder Warnungen und Mahnungen gegeben. Der Bund Naturschutz (BN) positionierte sich vor allem gegen den 23 Meter hohen Turm für den Herrenstart und sprach von einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine Klage - je nachdem, ob und welche Anregungen des BN bei der zweiten Auslegungen der Baupläne mit aufgegriffen wurden. Doch den Verantwortlichen des Landkreises, der Gemeinde Schönau am Königssee, des Bob- und Schlittenverbandes Deutschland (BSD) und des Wasserwirtschaftsamtes Traunstein ging es am Mittwochmittag in erster Linie um die Vorfreude auf den Wiederaufbau. „Seit 1235 Tagen arbeiten wir daran“, betonte Landrat Bernhard Kern mehrmals.
Er könne sich noch gut an die Termine in München mit Bürgermeister Hannes Rasp erinnern, als es um die Finanzierung des 53,5 Millionen teuren Projektes ging, für das der Bund Finanzmittel aus dem Hochwasseraufbaufonds 2021 bereitstellte. „Du warst ein großer Unterstützer und ich muss auch deinem Team im Rathaus danken, das sich um die finanzielle Abwicklung zwischen Landkreis und der Regierung Oberbayern kümmert“, so Kern. Auch das Wasserwirtschaftsamt sei von Anfang an ein verlässlicher Partner und unterstütze fachlich beim Hochwasserschutz am Klingerbach, der direkt an der Bahn liegt.
Zur Saison 2025/26 soll es wieder losgehen
Um das große Ziel aller Beteiligten: Zur Wintersportsaison 2025/26 soll die Bahn und damit der Trainings- und Wettkampfbetrieb starten. „Wir liegen dafür im Zeitplan“, erklärte Kern und sprach von einer der „größten Baumaßnahmen im Landkreis der vergangenen Jahre“. Weil das Bauen nicht mit einem Sprint, sondern mit einem Marathon zu vergleichen sei, brauche es „gute Planer, die auf alle denkbaren Risiken eingehen, diese analysieren und entsprechend qualitativ hochwertige Maßnahmen entwerfen“. Der Landrat erinnerte an intensive und manchmal auch kontroverse Diskussionen im Kreisausschuss und Kreistag seit 2021. „Die gehören bei einem solchen Projekt dazu, aber die Politik hat uns unterstützt.“
In Richtung der Kritiker meinte Kern: „Wir haben immer versucht - das gilt auch für mich persönlich -, diese in einem ausgewogenen und guten Austausch an den Tisch zu holen. Das hat funktioniert: Alle Beteiligten wurden miteinbezogen und bekamen Gelegenheiten, Kritik und Bedenken zu äußern.“ Man sei über jeden Vorschlag und jede Idee froh gewesen und habe diese in die Planungen übernommen. „Wir haben als Landkreis und damit als Bauherr alle nötigen Untersuchungen und Maßnahmen durchgeführt. Der Wiederaufbau wird nach bestem Wissen und Gewissen und dem derzeitigen Stand der Technik geplant“, machte der Landrat klar. Die Freude sei groß, zusammen mit der Gemeinde bald wieder Gastgeber für Kufensportler zu sein und die „Erfolgsgeschichte am Königssee“ fortzusetzen,
„Wichtig für den Tourismus“
Bürgermeister Rasp sprach von einem großen und wichtigen Tag für die Gemeinde. „Man darf nicht unterschätzen, wie wichtig die Bahn für den Tourismus im Berchtesgadener Land ist. Sie gehört zu unserer Heimat, wie der gesamte Leistungssport“, teilte er mit und verwies auf das Skifahren, Skispringen sowie die neueren Sportarten an der Landing Bag am Dürreck. Die Bob- und Rodelbahn habe weltbekannte und erfolgreiche Athleten wie Georg Hackl, Felix Loch und Johannes Lochner hervorgebracht. „Die Liste ist lang und sie alle haben für unser Land Medaillen eingefahren“, so Rasp. Der Spitzensport sei im Berchtesgadener Talkessel sehr gut aufgehoben, denn auch für den CJD-Standort als Eliteschule des Sports sei das Projekt ein wichtiges Zeichen.
Kein Verständnis hatte Rasp für einen der Kritikpunkte, dass mit dem Neubau des Herrenstarts das Landschaftsbild beeinträchtigt werde. „Wir bauen ein Starthaus und keinen Turm“, betonte er. Und überhaupt verstand er nicht, warum man die Bahn nicht sehen dürfe und verstecken müsse. „Sie ist schon jetzt sichtbar und wenn 500.000 Gäste im Jahr über den Königssee fahren, sehen sie auch die Bahn. Das gilt auch für die Besucher der Jennerbahn. Warum dürfen wir keinen Herrenstart haben, denn man sieht und auf den wir stolz sind?“, fragte er sich. Zudem sei das neue Startgebäude in den Hang im hintersten Teil der Bahn hineinversetzt. Man müsse schon die Strecke hochlaufen, um das Haus zu sehen.
Neuer Bebauungsplan für Herrenstart-Gebäude notwendig
Mit einer Beschlussnahme des neuen Bebauungsplans, der wegen des neuen Gebäudes und des Schutzzauns notwendig wird, rechnet er im Dezember oder Januar. Rasp zufolge liegen alle eingegangenen Stellungnahmen vor und werden aufbereitet. „Ich sehe keine unüberwindbaren Punkte für einen Beschluss“. Der Bürgermeister betonte, dass der Hochwasserschutz auch für die Anlieger der Bob- und Rodelbahn sehr wichtig sei und ihm am Herzen liege. An die Vertreter der Naturschutzverbände adressierte er die Bitte, „sich eine mögliche Klage gegen den neuen Bebauungsplan sehr gut zu überlegen“.
„Wir alle sind stolz auf unsere Sportler und unsere Rodelbahn. Und erfolgreiche Sportler brauchen eine optimale Trainings- und Wettkampfstätte. Die hatten wir und die soll es auch künftig wieder geben“, machte der Bürgermeister klar.
„Für Sportler und Trainer eine große Motivation“
Wie wichtig die Bahn für den Bob- und Schlittenverbands (BSD) ist, machte Thomas Schwab deutlich. „Der Wiederaufbau ist für alle Sportler und Trainer, die nun den vierten Winter ohne ihre Sportstätte auskommen müssen, eine große Motivation“, erzählte der Vorstandsvorsitzende und Sportdirektor. Vor allem im Nachwuchsbereich mussten große Strecken zurückgelegt werden, damit die Kinder und Jugendlichen bei der nächsten Bahn in Innsbruck trainieren konnten. Der Aufwand sei groß gewesen, „und die Trainer mussten viele Extrastunden schieben“. Hinzu kamen die Freistellungen der Schulen, denen Schwab für die Unterstützung dankte.
Die Trainer mussten viele Extrastunden schieben.
Er machte auch auf die vielen Kadersportler aufmerksam und dass man 2022 bei den Olympischen Winterspielen der erfolgreichste Bundesstützpunkt war. Viele Medaillen seien aus dem hiesigen Trainingszentrum gekommen. Auch der Verband als solcher sei abhängig vom Standort. „Ohne Sportstätte kein BSD“, machte Schwab klar. Eine Verlagerung an einen anderen Standport wäre die Folge gewesen. Zudem hängen zahlreiche Arbeitsplätze am Fortbestand der Anlage. „Ohne Bobbahn sind es 60 Mitarbeiter, mit der Sportstätte ungefähr 80.“ Man sei froh darüber, dass es bald wieder weitergeht.
5,7 Millionen Euro für Hochwasserschutz
Im Namen des Traunsteiner Wasserwirtschaftsamtes erklärte Leiter Bernhard Lederer kurz die Schutzmaßnahmen am Klingerbach, die insgesamt 5,7 Millionen Euro kosten. Weil der Landkreis die Projektträgerschaft übernehme und sich um den Unterhalt des Objektschutzes kümmere, falle die Kostenübernahme seiner Behörde mit 4,5 Millionen Euro sehr hoch aus. „Bereits kurz nach dem Unglück 2021 haben wir uns auf den Wiederaufbau verständigt, doch dieser ist nur sinnvoll, wenn wir das Objekt vor Georisiken schützen.“ Auch die Anwesen im Unterlauf des Wildbachs profitieren davon.
Mit einer Geschiebedosiersperre, die oberhalb des künftigen Herrenstart-Gebäudes angelegt wird, soll im Unwetterfall das Material zurückgehalten werden. Im Laufe der folgenden Monate würde es dosiert an den Unterlauf abgeben, „und zwar in einer Größenordnung, die der Bach verkraftet“. Das Rückhaltevolumen der Sperre beträgt, je nach Falllandungswinkel des Materials, 4400 bis 6900 Kubikmeter. Davor soll ein weiteres Bauwerk entstehen, um Wildholz zurückzuhalten. Auch der Klingerbach wird auf einer kurzen Strecke umgeleitet und ausgebaut, so Leder. „Mit dieser Hochwasserschutzmaßnahme können wir ein Ereignis wie 2021 und noch mehr aufhalten“, erklärte der Lederer
Gefahr eines Ammoniak-Austritts
Zu den Kritikpunkten schwächelnder Schutzwald und Steinschlag erklärte Landrat Kern, dass die Schutzzäune erweitert und erhöht werden. Zudem habe man das Amt für Landwirtschaft und Forsten sowie die örtlichen Jäger mit an Bord geholt und Gespräche bereits geführt. „Der Fachplaner für Georisiken besitzt die entsprechende Expertise“, so Kern. Generell hätten sich alle Planer und Ingenieure sehr sorgfältig mit den Einzelmaßnahmen beschäftigt. Auch der TÜV Bayern sei involviert.
Auf die Frage nach der Gefahr eines möglichen Ammoniaklecks in den Kühlleitungen, antwortete Schwab für den BSD als künftiger Betreiber der Anlage (Eigentümer ist der Landkreis), dass die alten Leitungen zurückgebaut und komplett erneuert werden. Zudem würden sie in eine sichere Lage versetzt. Sollte eine Leitung tatsächlich beschädigt werden, gibt es Schwab zufolge Sicherheitsvorkehrungen, mit denen die Ventile der Leitungen geschlossen werden, damit nicht die gesamten 40 Tonnen Ammoniak auslaufen. „Und auch die Schutzzäune haben 2021 ihren Job erfüllt und gehalten. Jetzt werde sie nochmal ausgebaut“, versicherte er, dass alles Mögliche getan werde, für Schutz zu sorgen.
Auf Nachfrage erklärte Lederer vom Wasserwirtschaftsamt, dass auch „mit Hochdruck“ am Hochwasserschutz der anderen Siedlungen am Grünstein gearbeitet werde. Er betonte, dass der temporäre Schutz relativ hoch sei und man als Anwohner beruhigt schlafen könne. Mit dem Baubeginn der dauerhaften Schutzmaßnahme rechnet er mit Spätsommer oder Herbst 2026. Bürgermeister Rasp äußerte nochmals Verständnis für die Sorgen und Ängste der Anwohner, erklärte jedoch auch: „Das Wasserwirtschaftsamt und wir als Gemeinde sind in Vorleistung gegangen. Es ist etwas passiert und der Vorwurf, dass nur an der Rodelbahn gearbeitet wird und an andere Stellen nicht, stimmt einfach nicht.“ (ms)


