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Wasserwirtschaftsamt nimmt Stellung

Nach Kritik der Grünstein-Anwohner: Auch Bürgermeister Rasp geht es „viel zu langsam vorwärts“

Der Hof und Garten eines Wohnhauses wurde von einer Mure verschüttet. Am Fuße eines Hangs liegt ein Rückhaltebecken, hinter dem Wall ist eine Wohnsiedlung in den Bergen zu sehen. Ein Mann mit einer Trachtenjacke blickt in die Kamera.
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Bürgermeister Hannes Rasp wünscht sich, dass der Hochwasserschutz am Grünstein schneller umgesetzt wird. Im Sommer 2021 gab es hier mehrere Muren.

Die Anwohner am Grünstein bei Schönau am Königssee haben Angst, dass sich ein Unglück wie im Sommer 2021 wiederholen könnte. Deutliche Kritik gibt es vor allem dafür, dass der versprochene Hochwasserschutz auf sich warten lässt. Auch Bürgermeister Hannes Rasp dauert es viel zu lange. „Wir müssen das Problem aus den Köpfen der Anwohner bekommen“, fordert er. Das Wasserwirtschaftsamt Traunstein erklärt, wieso die Planungen so lange dauern und wann frühestens mit einem Baubeginn zu rechnen ist.

Schönau am Königssee - Für die Sorgen und Ängste der Anwohner aus den Wohnsiedlungen Hochwald, Fischmichl und Vorberg hat Bürgermeister Rasp vollstes Verständnis. „Ich habe jedes Mal ein flaues Bauchgefühl, wenn ein Unwetter gemeldet wird“, gibt er zu. „Ich habe die Verantwortung für die Gemeinde und ich hoffe immer, dass den Bürgern nichts passiert.“ Als es Mitte September zum tagelangen Dauerregen in der Region kam, hätten manche Anwohner sogar schon ihre Koffer gepackt, weil sie mit dem Schlimmsten rechneten.

Es ärgert ihn selbst, dass nach drei Jahren am Grünstein noch kein weiterer Hochwasserschutz umgesetzt wurde. „Das geht mir viel zu langsam vorwärts. Im Grund genommen ist gar nichts passiert.“ Doch als Bürgermeister sei er schon über den Rahmen seiner Möglichkeiten hinaus gegangen. Rasp will versuchen, politischen Druck aufzubauen und die Staatsministerin Michaela Kaniber (Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus) sowie Staatsminister Thorsten Glauber (Umwelt und Verbraucherschutz) und den Landtagsabgeordneten Michael Koller mit ins Boot zu holen. „Das wird an der Verfahrensdauer aber auch nichts ändern“, macht er klar. „Wir müssen das Problem aus den Köpfen der Anwohner bekommen, damit diese wieder beruhigt schlafen können und keine Angst haben müssen“, fordert er.

Abriss eines Wohnhauses als zusätzlicher Schutz

Rasp glaubt, dass es beim Wasserwirtschaftsamt Traunstein an Personal und finanziellen Mittel fehle sowie dass die Prioritäten anders gesetzt werden müssten. Allgemein dauere es ihm zu lange, wenn er an bürokratische Prozesse denke. „Ich hatte beim Neubau der Jennerbahn zwei Jahre Zeit, um die nötigen Baugenehmigungen einzuholen und die Finanzierung zu sichern. Das war ein touristisches Projekt und hier geht es um die Sicherheit der Anwohner.“ Dass es sich beim Hochwasserschutz um ein komplexes Thema handelt, will er nicht abstreiten. Und bislang habe er vernünftige Gespräche mit den Verantwortlichen in Traunstein geführt. „Ich glaube, die wollen, können aber nicht.“

Trotzdem versucht man, gemeinsam auf anderen Wegen für Schutz zu sorgen. Das bestätigt auch die Traunsteiner Behörde auf Anfrage der Redaktion. Neben dem Verweis auf die ersten Schritte an der Vorbergsiedlung (kleines Rückhaltebecken und Anpassung des Begrenzungswalls) habe man sehr zügig mit dem vorgezogenen Grunderwerb des Grundstücks Vorbergstraße 17 begonnen, der inzwischen abgeschlossen sei. „Dank dieser nun erworbenen Fläche ist es möglich, ein ausreichend großes Rückhaltebecken zu errichten. Um auch in der Zwischenzeit den Schutzgrad zu erhöhen, wird beim Abriss des Einfamilienhauses der bestehende, provisorische Rückhaltraum noch vergrößert. Der Abriss ist nach Auszug, ab Anfang 2025, möglich.“ Zusätzlich sei oberhalb des Bauhofs im oberen Bereich des Schwemmkegels ein kleines Rückhaltebecken ausgehoben worden.

Dem Wasserwirtschaftsamt zufolge können das Rückhaltebecken und der darunterliegende Graben bei der Fischmichlsiedlung sogar eine noch deutlich größere Murre wie 2021 zurückhalten.

Wie effektiv sind die Maßnahmen?

Auf die Frage, wie wirkungsvoll die provisorischen Maßnahmen sind, antwortet das Amt: „Insbesondere das als Sofortmaßnahme errichtete Rückhaltebecken oberhalb der Fischmichlsiedlung ist in Kombination mit dem darunterliegenden Graben sehr wirkungsvoll. Die inzwischen durchgeführten Simulationen zeigen, dass damit ein Bemessungsereignis, in der Dimension noch etwas größer als das vom Juli 2021, fast vollständig zurückgehalten werden kann.“ Trotzdem werde weiterhin an einer dauerhaften Lösung geplant, die nachweisbar allen technischen Anforderungen, insbesondere der Standsicherheit, genüge und das Schutzziel „100-jährliches Ereignis“ erfülle. „Die Sofortmaßnahmen an der Vorbergsiedlung und am Bauhof können im Moment nur kleinere Ereignisse zurückhalten“, heißt es aus Traunstein.

Natürlich ist uns klar, dass die Anlieger gerne eine schnellere Umsetzung des Projektes hätten.

Aus der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes

Doch wann soll es mit den richtigen Schutzmaßnahmen losgehen? Auch dazu antwortet das Wasserwirtschaftsamt: „Derzeit ist mit einem Baubeginn frühestens Ende 2026 zu rechnen.“ Dass es so lange dauert, liegt der Behörde zufolge an der längeren Planungszeit. „Wir liegen nur wenig hinter dem ursprünglich, im Jahr 2022 der Gemeinde vorgestellten Zeitplan. Natürlich ist uns klar, dass die Anlieger gerne eine schnellere Umsetzung des Projektes hätten. Trotzdem müssen wir uns an die üblichen Abläufe für die Planung und Ausführung halten“, heißt es mit Verweis auf die Rechtssicherheit.

Keine „Standard-Aufgabe“ für die Behörde

Zudem wurde im Vergleich zu anderen Hochwasserschutzprojekten bei den Grünsteinrunsen relativ viel Arbeit für die Variantenuntersuchung verwendet. Die Ausarbeitung müsse dann letztlich durch die Regierung Oberbayern freigegeben werden. „Die Planung und der Bau eines Murschutzes ist für das Wasserwirtschaftsamt keineswegs eine Standard-Aufgabe. Im Falle der Grünsteinrunsen können wir nicht auf die Erfahrungen aus einer vergleichbaren Situation zurückgreifen.“

Deshalb müssen alle Lösungsansätze neu gedacht werden.

Aus der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes

Die Platzverhältnisse durch die Bebauung am Hangfuß und teilweise in den Hang hinein (Bauhof) seien derart beengt, dass ein herkömmlicher Murschutz mit Murbrechern, Sperrenstaffel und Rückhaltebecken nicht infrage käme. „Deshalb müssen alle Lösungsansätze neu gedacht werden.“

Maßnahmen sollen hohe Priorität haben

Das Amt versichert, dass die Planungen am Grünstein mit hoher Priorität laufen. Im Vergleich zu den anderen Hochwasserschutzprojekten im Berchtesgadener Talkessel, die nach den Ereignissen im Juli 2021 begonnen wurden, habe man bei den Projekten an den Grünsteinrunsen einen ähnlich fortgeschrittenen Planungsstand bei einem deutlich höheren, bereits jetzt vorhandenen Schutzniveau.

Was genau ist am Grünstein geplant? Und wie hoch sind die Gesamtkosten?

Das Wasserwirtschaftsamt erklärt: „An der Fischmichlsiedlung soll ein einzelnes großes Rückhaltebecken geschaffen werden, dass einen Murgang vollständig aufnehmen kann. Im Grunde wird dafür der bestehende Graben hinter dem Damm deutlich in den Hang hinein erweitert, das Rückhaltebecken der Sofortmaßnahme wird dafür am Ende zurückgebaut. Da es in der Nähe keinen Anschluss an einen Vorfluter gibt, muss das Rückhaltebecken entwässerbar sein und eine nachgeschaltete Versickerungsanlage in Nähe des Bauhofs errichtet werden. Diese wird das Wasser aufnehmen.

An der Vorbergsiedlung wird ebenfalls ein großes Rückhaltebecken zwischen den beiden bestehenden Höhenrücken geschaffen - dort, wo sich jetzt die alte Kiesgrube und das Haus Vorbergstr. 17 befinden. Für die Drainage und Ableitung des Wassers aus einem aufgefangenen Murgang wird eine Speziallösung ausgearbeitet, sodass das Wasser möglichst in die bestehende Siedlungsentwässerung eingeleitet werden kann.

Oberhalb des Bauhofs ist die Errichtung eines Rückhaltebeckens aufgrund des steilen Geländes nicht möglich. Hier werden Murfangnetze errichtet.

Die derzeit geschätzten Gesamtkosten (Planung & Bau) belaufen sich auf rund vier Millionen Euro.“

Auch in Traunstein ist man sich bewusst, dass solche Unwetter und Starkregenereignisse werden weiterhin vorkommen. „Wir möchten die Anwohner bestärken, Vertrauen in bestehende und geplante Maßnahmen zu haben. So zeigt sich bereits für die Fischmichlsiedlung, dass das Rückhaltebecken und der darunterliegende Graben einen Bemessungs-Murgang fast vollständig zurückhalten können. Der Bemessungs-Murgang wird sogar deutlich größer angesetzt als das Ereignis im Juli 2021“, versichern die Verantwortlichen. (ms)

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