Aktuelle Zahlen vorgestellt
„Hysterie nicht angebracht“ - Bundespolizei Freilassing verzeichnet deutlich weniger unerlaubte Einreisen
Im Stadtrat wurden aktuelle Zahlen der Bundespolizei zu unerlaubten Einreisen vorgestellt. Dabei zeigen die Statistiken für dieses Jahr einen deutlichen Rückgang. Grünen-Sprecher Lukas Maushammer nutzte die Gelegenheit, um zu einer sachlichen Debatte aufzurufen.
Freilassing - Statt bei der bevorstehenden Bürgerversammlung präsentierte die Bundespolizei aktuelle Zahlen für den Inspektionsbereich – vier Landkreise – dieses Mal im kleineren Rahmen: im Stadtrat. Stefan Kurth als Inspektionsleiter sprach von herausfordernden Zahlen für 2023, für das aktuelle Jahr zeigen die Grafiken aber einen deutlichen Rückgang an so genannten unerlaubten Einreisen.
Das veranlasste den neuen Sprecher der Grünen im Stadtrat, Lukas Maushammer, zu einem Appell: „Die Zahlen sind bundesweit rückläufig, die künstlich erzeugte Hysterie aus politischen Gründen ist nicht angebracht.“ Das politisch und menschenrechtlich heikle Thema ‚Zurückweisung direkt an der Grenze‘ wie unter anderem von der Union gefordert, wurde in der Stadtratssitzung am Dienstag interessanterweise ausgespart. Auch die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser im September angekündigten Schnellverfahren – Zuständigkeitsprüfung von Geflüchteten in haftähnlichen Einrichtungen in Grenznähe – war im Stadtrat kein Thema.
418 Beamte in vier Landkreisen im Einsatz
Bürgermeister Markus Hiebl begrüßte den Inspektionsleiter der Bundespolizei in Freilassing, Stefan Kurth, Polizeidirektor, „der keinen Tätigkeitsbericht abgeben, sondern uns auf die Reise der Bundespolizei mitnehmen wird.“ In der Folge ging es naturgemäß darum, wie viele „Reisen“ die Bundespolizei an der 225 Kilometer langen, deutsch-österreichischen Grenze zwischen Tirol und Oberösterreich beendet hat, weil entsprechende Einreisedokumente nicht vorlagen.
Kurth wies gleich darauf hin, dass die Bundespolizei-Inspektion in Freilassing eben nicht nur für den Autobahn-Grenzübergang Walserberg und den Bahnhof Freilassing zuständig sind – „auch wenn wir hier die meisten Aufgriffe haben“ – sondern für vier Landkreise, 21 Grenzübergänge und 72 Bahnhöfe. Die Inspektion hat derzeit 418 Beamte, die im Schnitt 33 Jahre alt sind. Es würden jedes Jahr neue Beamte von den Lehrgängen dazukommen, „aber es gibt auch laufend Abgänge von Kollegen, die bei uns dienstzugeteilt warten und eben wieder zurück in ihre Heimat wollten“, so Kurth.
Rückgang der unerlaubten Einreisen
Die Zahl der festgestellten „unerlaubten Einreisen“ ist nach rund 5300 (Jahr 2021) und jeweils 11.000 (2022 und 2023) in diesem Jahr bis einschließlich August auf 3400 sehr stark zurückgegangen, „die meisten Personen stellen wir im Bahnverkehr fest“. Diese Zahlen geben allerdings „nur“ die festgestellten, „unerlaubten Einreisen“ wieder, nicht die tatsächliche Zahl der eingereisten Personen, da die meisten Grenzübergänge nur sporadisch kontrolliert werden. In den Zahlen ist auch die Arbeit der Bayerischen Grenzpolizei enthalten, wenn diese Schutzsuchende an die Bundespolizei übergeben.
Einen deutlichen Rückgang gibt es auch bei festgestellten, professionellen Fluchthelfern: Waren es 2021 rund 300 und 2022 rund 400, schoss diese Zahl 2023 auf 675 nach oben, in diesem Jahr hat die Bundespolizei bisher 277 Schleuser entdeckt und verhaftet. Vor allem 2023 seien diese Schleuserfahrten sehr viel gefährlicher geworden, für alle Beteiligten. „2023 hatten wir 140 so genannte ‚lebensgefährliche Schleusungen‘, also in überfüllten Fahrzeugen, zu schnell und von Kontrollen geflüchtet“, schildert Kurth. Er erinnert an das tragische Ende einer Fluchtfahrt am 13. Oktober letzten Jahres in Ampfing, als nach einer Verfolgungsjagd am Ende sieben Menschen starben und 16 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden. Der Mordprozess gegen den 24-jährigen Fahrer läuft seit Anfang Oktober am Landgericht Traunstein, mit einem Urteil wird für Anfang November gerechnet.
Wann räumt Bundespolizei die Lokwelt?
Mit Bildern von Containeraufbauten und Zelten auf dem Gelände der Bundespolizei an der Westendstraße – unmittelbar an der Lokwelt – wollte Kurth auch die räumlichen Herausforderungen sichtbar machen, „aber für Sie in Freilassing ist das ja nichts Neues“.
Die Suche nach einem neuen Standort für die Bundespolizei ist zwar abgeschlossen, aber außer einem unterschriebenen Erbrechtsvertrag vom 29. Februar 2024 für das gefundene Grundstück am Kreisverkehr im Süden Freilassings gibt es nichts neues. Die Planungen würden laufen, versichert Kurth, ein Datum für den Baubeginn traut er sich allerdings nicht vorherzusagen.
Grüne loben sachliche Darstellung
In der anschließenden, kurzen Fragerunde der Stadträte, wollte der neue Sprecher der Grünen im Stadtrat, Lukas Maushammer, wissen, ob die rückläufigen Zahlen nur im Bereich der Inspektion Freilassing oder Bundesweit festgestellt werden. Kurth wiederholte die bereits seit Wochen bekannte Tatsache, dass im gesamten Bundesgebiet die Zahl der ‚unerlaubten Einreisen‘ zurückgehen, auch wegen zahlreicher Maßnahmen im Ausland.
Maushammer lobte die betont sachliche Darstellung der Zahlen und appellierte angesichts der sinkenden Zahlen „Hysterie aus politischen Gründen zu vermeiden, wir sind alle gut beraten, wenn wir über dieses Thema auf einer sachlichen Ebene sprechen, auch mit dem Bürger.“
Deutlich weniger Asylanträge in Österreich
Dass an den Grenzen zwischen dem Berchtesgadener Land und Salzburg weniger Flüchtlinge ankommen, wundert Insider allerdings nicht, denn auch Österreich hat im ersten Halbjahr 2024 einen deutlichen Rückgang an Asylanträgen festgestellt, Österreichs Innenminister Gerhard Karner berichtete von einem Minus von 42 Prozent, in absoluten Zahlen waren es knapp 13.500 Asylanträge, wobei hier auch legale Familienzusammenführungen enthalten sind, also Frauen und Kinder, die legal mit einem Visum einreisen dürfen und dann in Österreich dennoch einen Asylantrag stellen müssen.
Karner sieht den „Erfolg“ des Rückgangs darin, „dass die Schlepper Österreich umgehen“, dies wiederum hat allerdings auch damit zu tun, dass die vorgelagerten Balkanstaaten, vor allem Serbien, ihre Grenzen effektiver schützen. Die Schlepper hätten nun neue Routen gefunden.
Ärgernis Kontrollen am Bahnhof
Zurück nach Freilassing: SPD-Stadtrat Manfred Mertl wünscht sich „als betroffener Bahnfahrer eine bessere Abstimmung bei den Kontrollen am Bahnhof Freilassing, das ist ärgerlich, man merkt das auch an den Diskussionen danach in den Zügen“. Der Inspektionsleiter erklärte, im Schnitt würde ein Zug zehn Minuten stehen, aber die Dauer einer Kontrolle sei eben auch abhängig davon, wie voll der Zug sei, „wir sind da dran, wir haben da auch immer wieder Beschwerden.“
Bei den Fernzügen habe man ein gutes System gefunden, sagt Kurth. Dem widerspricht allerdings Thomas Posch, Geschäftsführer der privaten Westbahn, der am Montag in Wien meinte, die Kontrollen in Freilassing würden „je nach Stimmungslage der Bundespolizei“ die Bahn aufhalten. „Mal sind die Kontrollen im fahrenden Zug, mal beim Halt in Freilassing, mal stehen wir in Freilassing und es kommt dann doch niemand.“ (hud)