Reaktionen fallen eindeutig aus
„Maßlos enttäuscht“ und „keine Worte“: Schock über Verzögerung bei Bobbahn am Königssee sitzt tief
Die Meldung, dass die sanierte Bob- und Rodelbahn doch erst in einem Jahr in Betrieb gehen wird, überraschte nicht nur die Gemeinde Schönau am Königssee. Bürgermeister Hannes Rasp spricht von einem „enormen Schaden“ für Sport, Wirtschaft und das Image des Landkreises. Auch beim Deutschen Bob- und Schlittenverband sind die Sorgen groß.
Schönau am Königssee - Hannes Rasp redete gar nicht erst um den heißen Brei herum, als er gefragt wurde, was er von der Verzögerung bei der Fertigstellung der Bob- und Rodelbahn hält. „Ich bin maßlos enttäuscht“, meinte der Bürgermeister von Schönau am Königssee. „Ich finde keine Worte dafür, dass es in diesem Land nicht möglich ist, eine solche Bahn in über vier Jahren fertig zu sanieren, obwohl Baurecht erteilt wurde“, ärgerte er sich.
Rasp spricht von einem „enormen Schaden, nicht nur für den Sport und die Nachwuchsathleten, sondern auch für das Image des Landkreises und die Wirtschaft“. Schon jetzt seien die Folgen bei den Hotels und Ferienwohnungen spürbar. „Es hat deswegen viele Stornierungen von Übernachtungen für den Winter gegeben“, schildert er.
„Die Allerkleinsten trifft es am härtesten“
Beim Bob- und Schlittenverband Deutschland (BSD) sitzt der Schock ebenfalls tief. Für Sportdirektor Thomas Schwab erlebt der Kufensport in Berchtesgaden eine schwierige Situation. „Die Allerkleinsten trifft es am härtesten“, macht er klar, denn für den Nachwuchs heißt es jetzt wieder, weite Strecken auf sich zu nehmen. Neben Innsbruck müssen die Talente wieder auf die Bahnen in Altenberg und Oberhof (jeweils 500 Kilometer entfernt) sowie in Winterberg (700 Kilometer) ausweichen. „Wir haben Vereinbarungen mit den dortigen Betreibern, man hilft sich gegenseitig“, so Schwab.
Seit einem halben Jahrzehnt müssen sie sich ohne Eis auf der Bahn am Königssee irgendwie durchringen.
Insgesamt sind rund 200 Nachwuchssportler betroffen. „Es bleibt trotzdem eine bittere Nachricht. Seit einem halben Jahrzehnt müssen sie sich ohne Eis auf der Bahn am Königssee irgendwie durchringen.“ Der BSD-Sportdirektor kennt die Bahn seit seiner Kindheit, seit 1971 kommt er hierher. „Das war die erste Kunsteisbahn der Welt, die hier gebaut wurde“, weiß er.
Springen Talente und Trainer ab?
Weil der Verband diese selbst betreibt und daher auch selbst über die Eis- und Fahrzeiten entscheiden kann, ist der Wegfall umso schmerzhafter. „Über die Trainingsstättenförderung haben wir natürlich auch Zugriff auf die anderen Bahnen, aber wir sind nicht so flexibel“, erklärt Schwab. Am Königssee konnten sich die Nationalmannschaften auch in den Pausen in Form bringen oder Material testen. „Auch mit Blick auf Olympia ist das ein herber Rückschlag.“
Die Sorgen sind groß, dass Talente oder Trainer wegen der langen Wartezeit abspringen, bestätigt Schwab. „Die Gefahr wird umso größer, je länger es dauert“, macht er klar. Als sich für den Verband, der in den Bauprozess mit eingebunden ist, vor drei Wochen abzeichnete, dass es mit dem Start zur Wintersaison 2025/26 eng werden könnte, wurde ein Plan B erarbeitet. „Statt vier Bahnen müssen wir uns jetzt auf drei Bahnen konzentrieren. Wir haben auch die internationalen Verbände vorgewarnt.“
Motivationsrede für Mitarbeiter
Mittlerweile wurde bekanntgegeben, dass Oberhof die Olympia-Generalprobe der Rennrodler im Januar 2026 durchführt. Die Traditionsbahn in Thüringen übernimmt damit den Weltcup, der ursprünglich am Königssee geplant war.
Vorgewarnt hat der BSD auch die zahlreichen Trainer, insgesamt 15 hauptamtliche und 15 nebenamtliche. Diese investieren laut Schwab „viel Herzblut in ihre Arbeit und müssen jetzt einen Rückschlag hinnehmen“. Der Sportdirektor hielt seinen Angaben zufolge sogar eine Motivationsrede, denn die Enttäuschung ist groß. „Wir alle vermissen die Bahn“, sagt er.
Er hofft, dass die zahlreichen Sponsoren dem Verband nicht den Rücken kehren, schließlich waren die Wettkämpfe am Königssee sehr beliebt. „Abstriche mussten wir bereits hinnehmen, aber Lotto Bayern steht hinter uns und auch aus der Politik spüren wir den Rückhalt.“
Wegfall der Bahn für Gastgeber und Gastronomen deutlich spürbar
Als „sehr bedauerlich“ bezeichnet auch Franz Punz, Leiter der Tourist-Information in Schönau, die Verzögerung. „Gerade in den oft ruhigeren Monaten trägt die Kunsteisbahn dazu bei, Übernachtungen bei Sportlern, Mitwirkenden und Zuschauern zu sichern“, erklärt er. Dass die Bahn seit einigen Jahren außer Betrieb ist, hätten viele Gastgeber und Gastronomen deutlich gespürt. Punz ergänzt: „Nicht zu vergessen sind die zahlreichen TV-Übertragungen von der Kunsteisbahn, durch die unsere Region weltweit sichtbar wird und gleichzeitig wertvolle Werbung erhält. Ich hoffe sehr, dass die Bahn im Herbst 2026 wieder in Betrieb gehen kann und dann wieder tolle Events ausgetragen werden können.“
Enttäuschung herrscht ebenso bei den CJD Christophorusschulen Berchtesgaden. Florian Ott, Gesamleiter CJD Bayern, und Stefan Kantsperger, Schulleiter Gymnasium, weisen auf den erheblichen Mehraufwand hin. Dieser ergibt sich sowohl zeitlich als auch logistisch, um Trainingszeiten etwa in Innsbruck oder Oberhof zu organisieren und wahrzunehmen. „Auch für uns als Schulen ist es eine riesige Enttäuschung“, teilen sie mit. „Wir bedauern die Verzögerung sehr!“
Die Schüler hätten sich sehr auf die Eröffnung im Winter und damit das Ende der langen Wartezeit gefreut. Doch Ott und Kantsperger sagen auch: „Wir werden weiterhin alles tun, um sie aus schulischer Sicht bestmöglich zu unterstützen. Dank unserer guten digitalen Ausstattung können wir ihnen auch bei längerer Abwesenheit umfassendes Unterrichtsmaterial zur Verfügung stellen.“ (ms)