„Schlechte Zustandsnoten bei allen Brücken“
Staatliches Bauamt will vier Brücken entlang der Scharitzkehlstraße am Obersalzberg erneuern
Noch sind die Pläne nicht weit gediehen. Doch das Staatliche Bauamt Traunstein plant, vier Brückenbauwerke am Obersalzberg, entstanden zu Zeiten des Nationalsozialismus, für eine Millionensumme zu erneuern, wie es auf Anfrage heißt. Die Brücken entlang der Scharitzkehlstraße stammen aus den Jahren 1937 und 1938. “Alle Brücken weisen schlechte Zustandsnoten auf”, sagt Florian Paukner. Pläne aus NS-Zeiten klingen wie Größenwahn.
Berchtesgaden – Die Brücken entlang der Scharitzkehlstraße seien in einem so schlechten Zustand, dass eine „wirtschaftliche Instandsetzung der Bauwerke nicht mehr möglich“ sei. Im Laufe der kommenden Jahre sollen diese ersetzt werden, wenn es nach den Planungen des Staatlichen Bauamtes Traunstein geht.
Paukner, Leiter Abteilung Konstruktiver Ingenieurbau, sagt: “Unsere Überlegungen konzentrieren sich derzeit auf die Erneuerung der beiden benachbarten Brücken am Hochlenzer einschließlich der damit verbundenen Stützbauwerke.” Angedacht ist das Großprojekt ohne Sperrung der Kreisstraße - soweit das möglich sei.
Zu genauen Kosten will sich das Staatliche Bauamt noch nicht äußern. Dort spricht man von „mehreren Millionen Euro“. Die Planungen seien noch nicht so weit fortgeschritten, als dass über Investitionssummen und Abläufe detailliert zu berichten seien.
Die Straßen am Obersalzberg sind Teil der Deutschen Alpenstraße, deren Idee nach dem Ersten Weltkrieg von einem Priener an die Öffentlichkeit getragen wurde. Sie sollte die Quertäler der Alpen zwischen Bodensee und Königssee durch einen Straßenzug längs des Gebirges verbinden.
Ziel war unter anderem die Förderung des Tourismus. Von Lindau bis zum Tegernsee erstreckten sich bereits bestehende Straßen, die jedoch verbreitert und mit neuen Teerbelägen versehen wurden. Speziell für Skifahrer wurde die Straße zum Spitzingsattel und der Pass über das Sudelfeld nach Kufstein errichtet. Im Chiemgau war die geplante Strecke bergig und führte über den Samerberg nach Aschau und weiter über die Kampenwand nach Schleching.
Nazis planten damals auch neues Skigebiet
Der höchste Punkt sollte mit der Rossfeldpanoramastraße erreicht werden, die den Abschluss der Deutschen Alpenstraße bildete. Im ursprünglichen Konzept für die Deutsche Alpenstraße war die Roßfeldpanoramastraße aber noch nicht enthalten gewesen. Von 1937 bis 1939 arbeitete auf Hitlers Obersalzberg ein rund 3000 Mann starker Trupp im Dauereinsatz mit Dampfwalzen und Baggern, errichtete Straßen und Brücken.
Überliefert ist: Die Nationalsozialisten unter Fritz Todt, in dieser Zeit Generalinspekteur für das Straßenwesen, planten noch viel mehr: eine Straße über das Steinerne Meer, einem Karsthochplateau zwischen Watzmannmassiv, Königssee, Hagengebirge, Hochkönigstock und Hochkaltermassiv gelegen, das teils zu Bayern, teils zu Salzburg gehört.
Rund sechs Kilometer der Straße, die Teil des aberwitzigen Projekts waren, wurden bis 1938 gebaut: Vom Obersalzberg bis zum heutigen Parkplatz Hinterbrand am Jenner - die heutige Scharitzkehlstraße. Diese sollte dann weiter östlich des Königssees verlaufen mit Blick auf die Watzmann-Ostwand. Über den Windschartenkopf wäre die Strecke entlang der Großen Reibn vorbei am Kahlersberg in die Röth verlaufen.
Am Funtenseetauern auf über 2500 Metern war ein Skigebiet mit Liftanlagen geplant. Die Planungen beabsichtigen, die Schönfeldspitze zu passieren. Über vielen Serpentinen und Kehrtunnels sollte der Höhenunterschied überwunden werden - in Richtung Saalfelden in Österreich. Zur Umsetzung der Pläne kam es nicht.
Die Scharitzkehlstraße inklusive der Brücken sind historische Überbleibsel aus dieser Zeit. Wann der Startschuss für die Brückenerneuerung stattfindet, dazu kann das Staatliche Bauamt Traunstein noch keine Aussage treffen.
kp
