Baumaßnahme des Wasserwirtschaftsamts
300 Meter lang: Die Saalach hat in Bad Reichenhall eine neue Insel
Wie ein riesiger gestrandeter Wal ragt in der Nonner Au die neue Insel aus der Saalach. Warum sie vom Wasserwirtschaftsamt Traunstein errichtet wurde und was sich dadurch ändern soll.
Bad Reichenhall – „Das Ganze schaut jetzt noch recht wild aus“, erklärt Bernhard Lederer, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Traunstein, bei einem Pressetermin am Donnerstag. Und es stimmt: Auf der neu entstandenen Insel in der Saalach türmen sich jede Menge Kies, große Steine und Totholz. Doch schon bald wird die Natur ihr Übriges tun und das Areal wird wieder begrünt sein.
„Die Insel war eine Herausforderung. In so einer Dimension haben wir das noch nicht gehabt“, sagt der Projektleiter Franz Grüsser. 220.000 Euro hat die Maßnahme gekostet, die von Januar bis März stattfand. In den Kosten enthalten ist neben den Bauarbeiten auch eine Kampfmitteluntersuchung, denn etwas weiter unterhalb befindet sich ein Bombentrichter.
Der Mensch hat stark in den Verlauf der Saalach eingegriffen
Zu den Gründen, warum auf einer Fläche von 600 Metern rund 2000 Tonnen Ufersteine ausgebaut und die Saalach durch die 300 Meter lange Insel aufgeweitet wurde, muss man weit in der Geschichte von Bad Reichenhall zurückgehen. Stadtarchivar PD Dr. Johannes Lang hat im Gespräch mit BGLand24.de ausführlich dargestellt, dass schon sehr früh in den Flussverlauf eingegriffen wurde.
Im 19. Jahrhundert hat man die Saalach schließlich in feste Bahnen gelenkt und kanalisiert. Man wollte damit Land gewinnen. Außerdem stand der Hochwasserschutz im Vordergrund. „Der Fluss hat einerseits immer eine Bedrohung für die Stadt dargestellt, andererseits wurde er sehr genutzt, sei es als Transportweg, Triftgewässer oder zur Entsorgung“, so Lang.
Was damals zur Sicherheit der Bevölkerung beigetragen hat, hatte jedoch auch negative Auswirkungen auf die Natur. Der im Saalachsee angekommene Kies wird nicht mehr weitertransportiert. Die Gewässersohle hat sich dadurch stark eingetieft. Und besonders brisant: Der monotone Kanal bietet Fischen keinen Lebensraum. Sie können nirgend laichen und sich verstecken. Die Renaturierungsmaßnahme ist also eine ökologische Aufwertung.
Die Böschung kann nun durch die Strömung leichter erodiert werden
Die europäische Wasserrahmenrichtline fordert einen „guten ökologischen Zustand“ von Gewässern. Durch den Ausbau der Uferversteinung kann sich nun die Saalach selbständig aufweiten. Der Grund gehört an dieser Stelle dem Wasserwirtschaftsamt, dahinter befindet sich Staatsforst. Somit wurden keine Dritten beeinträchtigt und man musste das Ufer nicht befestigen, sodass das Hochwasser daran „knabbern“ kann. Die steilen Uferböschungen sind zudem eine ideale Brutstätte für Eisvögel.
Großes Augenmerk wurde darauf gelegt, das vor Ort vorgefundene und ausgebaute Material wiederzuverwenden. So diente dieses auch zur Errichtung der Insel. Hier wurden Totholzkulturen in Form von liegend eingebauten Bäumen, Störsteinen und Astwerk gestaltet, um die weitere natürliche Entwicklung zu fördern. Die Baum- und Holzstrukturen sollen auch bei Hochwasserereignissen standhalten. Außerdem kann sich so auf der Insel weiteres Schwemmholz ansammeln. Die Inselspitze ist so gestaltet, dass ein stetiger Durchfluss durch das Seitengerinne gewährleistet ist. Am Ende des Areals befindet sich im Moment noch ein großer Kieshaufen, der mit der Zeit vom Fluss weggeschwemmt werden wird.
Von der Aufwertung profitieren auch die Menschen
Ein positiver Nebeneffekt: Die Saalach ist an dieser Stelle nun auch für Menschen attraktiver und besser zugänglich. Das Wasserwirtschaftsamt hat Sitzsteine zum Verweilen aufgestellt. Lederer macht es sich demonstrativ auf einem zum Sitzmöbel umgestalteten Baumstamm bequem. Außerdem plant das Wasserwirtschaftsamt, Infotafeln aufzustellen. Wegweiser wird es aber von Seiten der Stadt nicht geben. Obwohl sich die Insel nicht weit weg vom linksseitigen Saalachufer befindet: Mit einem Sprung erreicht man sie nicht. Sollte man es sich auf ihr bequem machen wollen, muss man schon durchs Wasser. „Wir übernehmen keine Verantwortung. Das geschieht auf eigene Gefahr“, mahnt Lederer zu solch einem Vorhaben.
Bei der Nonner Rampe sollen ein Naherholungsgebiet entstehen
Auch etwas weiter flussaufwärts ist eine wichtige Maßnahme geplant: Das Wasserkraftwerk an der Nonner Rampe. Laut Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung befindet sich das Projekt kurz vor der Einreichung. Auf der Nonner Seite soll hier ein Seitengewässer mit Inseln entstehen. In diesem Fall ist die ökologische Aufwertung jedoch eher ein positiver Nebeneffekt, vielmehr steht der Wert eines Naherholungsgebiets im Vordergrund.
Gerne hätte das Wasserwirtschaftsamt seine Maßnahme bis zum Campingplatz fortgesetzt. Dort war aber das Hochwasserrisiko zu groß. Das jetzige Bild der Insel wird sich noch optisch durch den Einfluss des Wassers weiterentwickeln. Wenn es der Wasserstand zulässt, werden im Herbst am gegenüberliegenden Ufer mit größeren Steinen weitere Strukturen für die ökologische Aufwertung geschaffen. Im Zuge der Wasserrahmenrichtlinie sollen noch andere Uferrückbauabschnitte folgen. Ob in den kommenden Jahren mehr Fische an dieser Stelle zu finden sein werden, wird sich erst zeigen. Lederer: „Garantie gibt es keine, das ist eine Entscheidung der Natur.“
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